BILD Manuela Schwesig: Länger Unterhalt für Trennungskinder

Manuela Schwesig im Gespräch
Manuela Schwesig© Bildnachweis: Bundesregierung/Steffen Kugler

BILD: "Wird Sigmar Gabriel Kanzlerkandidat der SPD...?"

Manuela Schwesig: "Das entscheidet die SPD im Januar. Sigmar Gabriel hat das Vorschlagsrecht."

BILD: "...ein junger Vater als Spitzenkandidat - geht das überhaupt?"

Manuela Schwesig: "Kinder sollten heutzutage kein Ausschlussgrund für eine Spitzenposition sein, in welcher Branche auch immer. Interessant ist: Bei Männern fragt normalerweise keiner danach."

BILD: "Weil Frauen im Berufsleben noch immer benachteiligt sind?"

Manuela Schwesig: "Das ist so - auch wenn wir in dieser Wahlperiode schon vieles geschafft haben, gibt es noch einiges zu tun. Gleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Wir haben mehr Frauen in Führungspositionen, aber noch nicht genug... Hinzu kommt: Die Konservativen haben ein anderes Familienbild als die SPD. 'Der Mann arbeitet und bringt das Geld nach Hause, die Frau kümmert sich um die Kinder.' Aber viele Frauen und Männer wollen heute beides: Familie und Beruf."

BILD: "Auch die Wirtschaft sieht viele ihrer Vorschläge skeptisch."

Manuela Schwesig: "Auch die Unternehmen müssen einsehen, dass es nicht darum geht, Familien an den Arbeitsmarkt anzupassen, sondern umgekehrt. Beispielsweise bei der Frage, wie der Weg von der Teilzeit zurück zum Vollzeitjob geebnet werden kann. Deshalb ist es richtig, dass Andrea Nahles ein gesetzliches Rückkehrrecht verankern möchte."

BILD: "Und warum sollte die Wirtschaft das mitmachen?"

Manuela Schwesig: "Weil die Unternehmen auf qualifizierte Frauen - denn um die geht es in den meisten Fällen - nicht verzichten können. Derzeit ist Teilzeit eine Sackgasse. Viele Frauen möchten ihre Stundenzahl erhöhen - stecken aber fest. Das hat Auswirkungen auf Gehalt, auf die Rente: Frauen, die wegen Erziehung von Kindern Teilzeit arbeiten, verlieren über ihr gesamtes Arbeitsleben gerechnet im Schnitt 350.000 Euro an Einkommen. Und damit auch Rentenansprüche. Deshalb müssen wir hier eine Regelung finden, die es Frauen ermöglicht, wieder mehr zu arbeiten wenn sie es möchten. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit."

BILD: "Derzeit kämpfen Sie dafür, dass Trennungskinder vom Staat länger Unterhalt bekommen, wenn der leibliche Vater nicht zahlt. Warum wollen Länder und Kommunen dabei nicht mitmachen?"

Manuela Schwesig: "Vor allem geht es hier um die Finanzierung, die im Rahmen der Bund-Länder-Finanzverhandlungen am Donnerstag besprochen werden. Ich erwarte, dass wir im Interesse der Kinder hier eine gute Lösung finden. Das ist eine wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut – damit können wir etwa 100.000 Kindern zusätzlich helfen. Hier haben alle - Kommunen, Länder und Bund – eine Verantwortung, mehr für Alleinerziehendenfamilien zu tun. Mein Interesse ist, dass die Reform wie von den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin beschlossen, zum Jahresbeginn in Kraft tritt - notfalls rückwirkend."

BILD: "...und am Ende haben zahlungsunwillige Väter noch weniger Interesse, Unterhalt für ihre Kinder zu zahlen...?"

Manuela Schwesig: "Das wird nicht passieren, weil wir gleichzeitig den Druck erhöhen: Wir müssen den vorausgezahlten Unterhalt viel konsequenter eintreiben. Auch mit Strafen - bis hin zum Fahrverbot. Denn das Auto kann nicht wichtiger sein als das Kind. Und die Arbeitsagenturen müssen auch unterhaltspflichtige Väter, die Hartz IV beziehen aber eigentlich arbeiten könnten, stärker in die Pflicht nehmen."