Gesellschaftliche Teilhabe Strategie gegen Einsamkeit

Ein älterer Mann isst alleine zu Abend.

Millionen von Menschen in Deutschland fühlen sich einsam

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Junge Frau feiert alleine im Club.

Einsamkeit betrifft alle Altersgruppen in jeder Lebenssituation

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Ältere Frau geht alleine im Supermarkt einkaufen.

Frauen im hohen Alter sind häufiger von Einsamkeit betroffen

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Junger Mann steht alleine an einem Bahnhof.

Junge Erwachsene und ältere Menschen leiden am häufigsten unter Einsamkeit

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Das Gefühl der Einsamkeit kann in jedem Alter und in jeder Lebenssituation entstehen. Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich einsam. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe geht das Bundesfamilienministerium deshalb in einem breiten Prozess an - mit einer Strategie gegen Einsamkeit. 

In die Strategie gegen Einsamkeit schließt das Bundesfamilienministerium alle Altersgruppen und alle Menschen, die aufgrund ihrer Lebensführung in bestimmten Lebensphasen von Einsamkeit betroffen sein können, mit ein. Ziel ist, Einsamkeit stärker zu beleuchten und zu begegnen.

Einsamkeit: Wer ist betroffen?

Einsamkeit entsteht, wenn die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen. Der empfundene Mangel kann sich sowohl auf die Zahl der Kontakte als auch auf die Tiefe und Enge der Bindungen beziehen. Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl, daher sind die Ursachen für Einsamkeit individuell und lassen sich nur schwer verallgemeinern.

Von Einsamkeit sind sowohl ältere als auch jüngere Menschen betroffen. Besonders gefährdet sind Menschen in Übergangssituationen im Leben, wie dem Einstieg in Studium, Ausbildung, Beruf und Rente oder wenn die Person von einem Schicksalsschlag ereilt wird, etwa einer Trennungen oder dem Verlust eines geliebten Menschen.

Alleinlebende, Alleinerziehende, Singles, pflegende Angehörige sowie Menschen mit Migrationshintergrund, eingeschränkter Mobilität, gesundheitlichen Problemen, niedriger Bildung oder geringen finanziellen Möglichkeiten haben ein erhöhtes Risiko, von Einsamkeit betroffen zu sein.

Wissen zu Einsamkeit

Logo der Strategie gegen Einsamkeit
Logo der Strategie gegen Einsamkeit© BMFSFJ

Ergebnisse des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 2013 und 2017 legten nahe, dass in den beiden Jahren ungefähr 14 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen zumindest manchmal einsam waren. Während der Corona-Pandemie zeigten verschiedene Studien einen deutlichen Anstieg von Einsamkeitsgefühlen in der Bevölkerung. So gaben im SOEP 2021 rund 42 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen an sich einsam zu fühlen.

Einsamkeit ist bei jungen Erwachsenen und sehr alten Menschen am höchsten. Vor der COVID-19 Pandemie waren besonders Menschen über 75 Jahren von Einsamkeit betroffen, gefolgt von Menschen zwischen 30 und 45 Jahren, danach folgten Menschen unter 30. Während der Pandemie hat sich dieses Verhältnis verschoben und junge Menschen unter 30 Jahren waren ebenso besonders einsam.

Frauen im hohen Alter häufiger betroffen

Ergebnisse des Deutschen Alterssurveys 2020 (DEAS) zeigen: Im Sommer 2020 lag der Anteil einsamer Menschen im Alter von 46 bis 90 Jahren bei knapp 14 Prozent und damit 1,5-mal höher als in den Befragungsjahren 2014 und 2017. Der DEAS 2017 zeigt: Zwischen acht und neun Prozent der Menschen im mittleren und hohen Alter fühlten sich zwischen 2008 und 2017 einsam. Das Risiko für Einsamkeit im Alter hat in diesen Jahren nicht zugenommen. Allerdings kommt es im sehr hohen Alter zu einem Anstieg der Einsamkeit - bei Frauen etwas stärker als bei Männern.

Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Malteser aus dem Frühjahr 2021 hat ergeben, dass sich mehr als jede fünfte Seniorin und jeder fünfte Senior ab 75 Jahren häufig oder zumindest hin und wieder einsam fühlt.

Von Einsamkeit betroffene ältere Menschen sind noch stärker auf Hilfen angewiesen als jüngere. Insbesondere bei Über-80-Jährigen besteht ein deutlich höheres Risiko einer sozialen Isolation, wenn zahlreiche andere Problemlagen dazukommen, die Einsamkeit und soziale Isolation begünstigen oder auslösen können. Betroffene brauchen daher Unterstützung, um aus ihrer Vereinsamung und aus sozialer Isolation herauszufinden.

Wie gesellschaftlich isolierte ältere Menschen zu erreichen sind, hat 2020 ein Praxisforschungsprojekt des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS) untersucht. Der Abschlussbericht gibt Anregungen wie Strukturen und Angebote vor Ort weiterentwickelt und gestaltet werden können, um Vereinsamung und gesellschaftlichen Ausschluss im Alter zu überwinden.

Modellprojekte gegen Einsamkeit

Das Bundesfamilienministerium setzt sich mit zahlreichen Projekten für die Belange einsamer Menschen ein: 

Modellprojekt "Miteinander Füreinander"

Bis 2024 werden über das Modellprojekt des Malteser Hilfsdienstes "Miteinander Füreinander" an rund 110 Malteser-Standorten besonders hochbetagte Seniorinnen und Senioren erreicht. Zu dem Projekt gehört auch das Online-Magazin "dabei. Magazin für Leben im Alter". Es sensibilisiert für Themen des Lebens im Alter, gibt Hilfestellungen gegen Einsamkeit und Inspiration für eigene Aktivitäten.

ESF-Programm "Stärkung der Teilhabe Älterer - Wege aus der Einsamkeit und sozialen Isolation im Alter"

Mit dem Programm "Stärkung der Teilhabe Älterer - Wege aus der Einsamkeit und sozialen Isolation im Alter" aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) wurden bis Ende September 2022 insgesamt 29 Modellprojekte gefördert, die ungewollter Einsamkeit und Altersarmut entgegenwirkten. Das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. (ISS) begleitete die Projekte in einem Praxisforschungsprojekt und entwickelte eine Arbeitshilfe "Zugänge zu den Zielgruppen", die Träger mit praktischen Tipps unterstützt.

ESF Plus-Programm "Stärkung der Teilhabe älterer Menschen"

An das Programm "Stärkung der Teilhabe Älterer - Wege aus der Einsamkeit und sozialen Isolation im Alter" schließt sich seit Oktober 2022 das ESF Plus-Programm zur Stärkung der Teilhabe älterer Menschen an. Bis zum September 2027 werden mehr als 70 Projekte mit sozial neuartigen Angeboten gefördert. Das Programm richtet sich vorrangig an ältere Beschäftigte ab 60 Jahre, die aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Hierbei ist der Auf- und Ausbau von regionalen Kooperations- und Vernetzungsstrukturen für mehr Teilhabemöglichkeiten zentral.

Projekt "Verein(t) gegen Einsamkeit"

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) startete im Oktober 2022 das Projekt "Verein(t) gegen Einsamkeit". 87.000 Sportvereine, die im DOSB organisiert sind, werden bis Ende 2024 für die Situation einsamer Menschen sensibilisiert. Sportvereine bieten die Möglichkeit, Gleichgesinnte zu treffen und werden so zu Begegnungsstätten und zur sozialen Heimat. Dieser Mehrwert wird in den Vordergrund gestellt.

Mehrgenerationenhäuser

Bundesweit 530 durch das Bundesfamilienministerium geförderte Mehrgenerationenhäuser helfen dabei, Isolation sowie Einsamkeit zu verhindern. Mit niedrigschwelligen Begegnungsangeboten, zum Beispiel im offenen Treff, Kultur- und Kreativangeboten, Freizeit- und Sportaktivitäten sowie Informations- und Beratungsangeboten tragen die Mehrgenerationenhäuser zur aktiven Alltagsgestaltung und gesellschaftlichen Teilhabe bei und wirken so Einsamkeit entgegen. 

Projekt "Zukunftswerkstatt Kommunen"

Mit dem Projekt "Zukunftswerkstatt Kommunen" werden Kommunen unterstützt, die Folgen des demografischen Wandels zu gestalten. Dabei geht es unter anderem um die Einrichtung von Orten der Begegnung wie zum Beispiel den Jugendladen im sächsischen Riesa oder die Erzählsalons in plattdeutscher Sprache im Emsland. 

Hilfetelefone

Auch Hilfetelefone, beispielsweise folgende vom Bundesfamilienministerium geförderten Beratungsangebote unterstützen bei Einsamkeit: Die Nummer gegen Kummer, das Elterntelefon unter 0800 111 0 550, das Kinder- und Jugendtelefon 116 111 und die TelefonSeelsorge unter 0800 111 0 111, 0800 111 0 222 oder 116 123. Alle Hilfetelefone bieten auch online Unterstützung an. 

Kompetenznetz Einsamkeit

Das im Februar 2022 gestartete Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) bündelt Wissen für konkrete Angebote und Orte gegen Einsamkeit. Das KNE macht bestehendes Engagement sichtbar und bringt diejenigen zusammen, die sich gegen Einsamkeit einsetzen. Bei diesem offenen Netzwerk sind alle eingeladen, sich einzubringen. Das KNE nimmt beim Thema Einsamkeit alle Altersgruppen und alle spezifischen Lebenslagen in den Blick. Durchgeführt vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. wird das KNE gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium bis Ende 2025

  • Faktoren der aktiven Vorbeugung und Bekämpfung von Einsamkeit erforschen,
  • Ein Einsamkeitsbarometer für Deutschland etablieren, das zuverlässige Aussagen über die Entwicklung von Einsamkeit in der Gesellschaft geben soll - besonders auch für die vulnerabelsten Gruppen,
  • Die Geschäftsstelle zur Begleitung der Strategie gegen Einsamkeit umsetzen sowie
  • Wissen zum Thema weiterverbreiten.

Einsamkeit sichtbar machen 

Der Strategieprozess soll die öffentliche Sichtbarkeit des Themas voranbringen. Leider ist Einsamkeit oftmals ein Tabuthema. Hier ist die Gesellschaft gefordert, das Thema aus dieser Ecke herauszuholen und zu enttaubisieren. Dafür müssen wir für das Thema sensibilisieren, es sichtbar machen.

Um das zu erreichen, soll das Verständnis von Einsamkeit mit verschiedenen Maßnahmen erweitert und aus der Nische herausgeholt werden. Einsamkeit ist ein schmerzvolles und schambehaftetes Thema. Oftmals trauen sich Betroffene nicht, ihrem Umfeld von ihrer Einsamkeit zu erzählen, weil es ihnen unangenehm ist. Deswegen ist jeder Schritt hin zu Hilfe wichtig. Manche Betroffenen schaffen es nicht aus eigener Kraft, sich aus der Einsamkeit zu befreien, genau hier kann Unterstützung im direkten Umfeld ansetzen. Denn Einsamkeit betrifft die gesamte Gesellschaft.

Eine Übersicht über Angebote für Betroffene bietet das KNE.

Sensibilisierungskampagne: "Einsamkeit kann uns alle treffen"


Im November 2022 hat das Bundesfamilienministerium eine bundesweite Sensibilisierungskampagne zum Thema Einsamkeit gestartet. Diese richtet sich sowohl an Menschen mit Einsamkeitserfahrung als auch an ihr Umfeld. Die Kampagne bietet analoge und digitale Angebote, um die unterschiedlichen Zielgruppen zu erreichen, für das Thema Einsamkeit zu sensibilisieren und über entsprechende Hilfsangebote zu informieren.