WDR2 Manuela Schwesig zu Frauen in Führungspositionen

Manuela Schwesig, Bildnachweis: Bundesregierung / Denzel
Manuela Schwesig© Bildnachweis: Bundesregierung / Denzel

WDR 2: Die deutschen Chefetagen sind nach wie vor Männerdomänen, deswegen will die Bundesregierung eine Frauenquote auf den Weg bringen. Geplant ist ab dem nächsten Jahr eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent. Verpflichtend wird die aber nur für die Aufsichtsräte der gut 100 größten Börsenunternehmen, andere große Firmen sollen ihre Ziele selber festlegen. Das Gesetz der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig wird heute im Bundestag beraten. Guten Morgen Frau Schwesig.

Manuela Schwesig: Guten Morgen, Herr Vogt.

WDR 2: Was sich ja viele fragen: Wie wollen Sie die Quote denn umsetzen, wenn sie den meisten Unternehmen sagen, denkt euch mal selber eine Vorgabe aus.

Schwesig: Indem wir in zwei Stufen vorgehen. Das Eine ist, dass wir den größten Unternehmen, den hundert größten Unternehmen in Deutschland, die auch an der Börse notiert sind, ganz klare, harte Regeln aufstellen. Sie müssen eine feste Quote einführen von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte, ohne Ausnahmen. Und in einer zweiten Stufe die vielen mittleren und nicht ganz so großen Betriebe: die müssen sich auch eine Zielvorgabe geben. Sie können aber auf ihre Branche, auf ihre Größe Rücksicht nehmen und müssen diese Zielvorgabe in dieser Legislatur erfüllen. Das ist eine gute Ausgewogenheit zwischen Größe und Branche von Unternehmen.

WDR 2: Dann sagen die Unternehmen bei dieser Freiheit, wir haben jetzt eine Quote von fünf Prozent Frauen, und dann haben wir halt mal sechs, nächstes Jahr, das reicht.

Schwesig: Die Unternehmen müssen das ja auch veröffentlichen, und ich erlebe im Zusammenhang mit der Diskussion um dieses Gesetz einen ziemlichen öffentlichen Druck bei diesem Thema. Wissen Sie, dieses Gesetz strahlt sogar auf Bereiche aus, die gar nicht direkt vom Gesetz erfasst sind. Zum Beispiel hat sich die Caritas, in der 80 Prozent Frauen arbeiten, die dort die soziale Arbeit machen von Kita bis Pflege, vorgenommen, ihren doch geringen Frauenanteil in Führungspositionen - dort wo über Arbeitsbedingungen entschieden wird - von 20 Prozent zu erhöhen. Damit sehen Sie, dass dieses Gesetz eine Strahlwirkung hat, in viele Bereiche hinein.

WDR 2: Sie haben gerade von dem Druck, der öffentlich da ist, gesprochen. Höre ich daraus, dass Sie vor der Wirtschaft zum Beispiel einknicken, weil Sie mit Klagen rechnen?

Schwesig: Nein, überhaupt nicht. Ich rechne mit Klagen, das haben auch einige Unternehmen ganz klar angekündigt, das schockt mich aber nicht. Das ist oft so bei Gesetzen, die, sagen wir mal umstritten sind, die gesellschaftlichen Wandel voranbringen. Dieses Gesetz wird auch einer Klage standhalten. Und ich finde diese Ausgewogenheit zwischen großen, starren, verbindlichen Vorschriften für die großen Unternehmen und für die mittleren mehr Freiheiten, eine gute Ausgewogenheit.

WDR 2: Ist es denn ausgewogen, wenn Sie sagen, wir wollen die Frauenquote erstmal nur für den Anteil der Frauen in Aufsichtsräten? Es gibt Kritik von vielen, die sagen, es müsste eigentlich auch für andere Führungspositionen festgelegt werden. Also Geschäftsführung, mittlere Führungsebene. Warum gehen Sie da nicht direkt mit einer Vorgabe hinein?

Schwesig: Deutschland, dass die meisten das, was wir tun, massiv kritisieren und bekämpfen. In den Aufsichtsräten werden auch Perspektiven für das Unternehmen festgelegt, und es ist eben nicht so, wie viele behaupten, dass in den Aufsichtsräten nicht wichtige Entscheidungen getroffen werden. Im Gegenteil. Das ist ein erster wichtiger Schritt, um mehr Gleichberechtigung auch in den Führungsetagen ankommen zu lassen. Und ich bin fest davon überzeugt: Nur wenn in Führungsetagen Gleichberechtigung herrscht, kann auch im ganzen Unternehmen Gleichberechtigung herrschen.

WDR 2: Höre ich das bei Ihnen richtig heraus: in Wahrheit wird das auch für Sie nur ein schlapper Kompromiss, der herauskommt?

Schwesig: Nein, überhaupt nicht. Das ist genau das, was ich ja selbst verhandelt habe in den Koalitionsverhandlungen. Und das ist ein historischer Schritt in meinen Augen. 30 Jahre lang diskutiert Deutschland über die Frauenquote. Wir machen jetzt – und darauf kommt es an.

WDR 2: Danke für das Gespräch.