Rheinische Post Bundesministerin Manuela Schwesig zur Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern

Rheinische Post: Wird das Gesetz zur Frauenquote Ihr Gesellenstück als neue Ministerin?

Manuela Schwesig: Es ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Gesetz, das mir auch persönlich am Herzen liegt. Ich streite seit vielen Jahren auch über Parteigrenzen hinweg für die Frauenquote. Ich bin froh, dass jetzt Schluss ist mit freiwilligen Vereinbarungen und wir das Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen auf den Weg bringen.

Rheinische Post: Wann werden Sie Ihre konkreten Pläne für ein Gesetz zur Frauenquote vorlegen?

Manuela Schwesig: Die Leitlinien für den Gesetzentwurf werden wir in den kommenden Wochen vorlegen als Grundlage für die weitere Diskussion. Gemeinsam mit Justizminister Heiko Maas plane ich ein Gesetz aus drei Blöcken. Erstens wollen wir die feste Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten für alle Neubesetzungen ab 2016 einführen. Diese verbindliche Quote soll in börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen gelten. Das trifft auf rund 120 Unternehmen zu. Zweitens werden alle Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, per Gesetz verpflichtet, für Aufsichtsräte, Vorstände und die oberste Management-Ebene selbst Zielgrößen festzulegen. Das soll ab 2015 gelten und betrifft rund 2500 Unternehmen, die in der Regel zwischen 500 und 2000 Mitarbeiter haben. Drittens sollen auch Einrichtungen und Unternehmen mit Bundesbeteiligung mit gutem Beispiel vorangehen.

Rheinische Post: Wie werden Sie Unternehmen sanktionieren, die ihre Vorgaben nicht einhalten?

Manuela Schwesig: Für die feste Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten wird es die Sanktion des "leeren Stuhls" geben. Ein frei werdender Aufsichtsratsposten muss frei bleiben, wenn er nicht mit einer Frau besetzt wird, obwohl die Quote noch nicht erfüllt ist.

Rheinische Post: Stapeln sich bei Ihnen die Protestbriefe der Wirtschaft?

Manuela Schwesig: Aus meinen Gesprächen mit der Wirtschaft weiß ich, dass wir das gemeinsame Ziel von mehr Frauen in Führungspositionen teilen. Über den Weg einer verbindlichen Quote gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die Wirtschaft weiß aber auch, dass es nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie geht. Alles, was bisher die Rechte von Frauen vorangebracht hat, hat zu großen Diskussionen geführt. Warum sollte das bei der Quote anders sein?

Rheinische Post: Von der Frauenquote profitieren am Ende aber nur die wenigen Spitzenfrauen . . .

Manuela Schwesig: Mit mehr Frauen in Spitzenpositionen werden die Türen für Frauen in allen Bereichen aufgestoßen. Aber die Quote ist nicht alles. Ein dringendes Thema ist auch die Entgeltungleichheit von Männern und Frauen. Die Lohnlücke liegt bei 22 Prozent. Das liegt auch an den geringen Stunden, die ein großer Teil der Frauen nur arbeiten kann, und an typischen Frauenberufen wie beispielsweise in der Pflege, die schlechter bezahlt werden. Es gibt aber auch direkte Lohndiskriminierung. Dagegen werden wir in diesem Jahr noch Eckpunkte für ein Entgeltgleichheitsgesetz vorlegen.

Rheinische Post: Für viele Frauen ist die Rückkehr in den Beruf nach der Erziehungspause immer noch eine Hürde. Welche Pläne haben Sie, den Weg leichter zu machen?

Manuela Schwesig: Die Arbeitswelt muss familienfreundlicher werden. Dafür gibt es mehrere Ansatzpunkte. Wir werden die Elternzeit flexibler gestalten. Künftig sollen Mütter und Väter bis zum achten Lebensjahr des Kindes flexibel ihre drei Jahre Elternzeit nehmen können. Das kann auch den positiven Effekt haben, dass Eltern früher wieder in den Job einsteigen, weil sie ihre Elternzeit auch später noch jederzeit nutzen können, ohne dass etwas verfällt.

Rheinische Post: Wird es dadurch auch partnerschaftlicher zugehen zwischen Müttern und Vätern?

Manuela Schwesig: Bislang kommen die Väter in der Debatte um die Vereinbarkeit immer noch zu wenig vor. Nach Umfragen wollen 60 Prozent der Eltern beide ähnlich viel Zeit mit ihren Kindern verbringen. Nur 14 Prozent der Paare erfüllen sich diesen Wunsch. Das geplante ElterngeldPlus wird eine partnerschaftliche Aufteilung von Arbeits- und Familienzeit fördern.

Rheinische Post: Warum ist immer von der "Teilzeit-Falle" die Rede? Was ist an Teilzeit so schlecht?

Manuela Schwesig: Grundsätzlich ist Teilzeit nicht schlecht, sondern oft eine gute Gelegenheit, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Aber die Teilzeit-Arbeit darf nicht zur Sackgasse werden. Deshalb soll es ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit geben. Das ist im Koalitionsvertrag vereinbart.

Rheinische Post: Nach der aktuellen Forsa-Umfrage steht die SPD bei nur 22 Prozent. Woran liegt das?

Manuela Schwesig: Die SPD ist mit einer sehr guten Dynamik in dieser Regierung gestartet. Die Debatte um die Edathy-Affäre hat uns geschadet. Wir machen aber keine Politik für Sonntagsumfragen. Wir werden unsere Sachthemen weiter voranbringen. Darüber können wir das Vertrauen wieder stärken.