Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hermann Kues: "Wir brauchen neue Strategien bürgerschaftlichen Engagements"

Am heutigen Mittwoch, 9. Juli 2008, findet in Berlin die Konferenz "Bürgerschaftliches Engagement älterer Menschen - Strategien für die Zukunft" statt. Die Konferenz ist Teil der "Initiative ZivilEngagement" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das mit dem Programm "Miteinander-Füreinander" das zivilgesellschaftliche Engagement aller Generationen anerkennen, stärken und weiterentwickeln will. Mit den Niederlanden hat man sich einen Kooperationspartner ausgesucht, der die mit Abstand höchste Quote freiwilligen Engagements in Europa aufweist.

"Unser gemeinsames Ziel ist es, im Rahmen dieser Tagung Erfahrungen auszutauschen, voneinander und miteinander zu lernen, Netzwerke zu bilden, die auch grenzüberschreitend wirken und nicht zuletzt neue Strategien bürgerschaftlichen Engagements zu entwickeln. Eine lebendige Demokratie lebt davon, dass ihre Bürger sich engagieren", erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Hermann Kues bei der Auftaktveranstaltung.

"Ich bin mir sicher, dass wir aus dieser Konferenz vielfältige Anregungen und Denkanstöße mitnehmen werden", sagte Henk Bakkerode, der Vertreter des niederländischen Wohlfahrtsministeriums. "Die deutsch-niederländische Kooperation weist den Weg in die Zukunft. Mehr noch als heute werden sich ältere Menschen europaweit an der Zivilgesellschaft beteiligen und die Lebensqualität aller verbessern. Dafür brauchen wir schon jetzt die richtigen Konzepte."

Die rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz setzen sich vorwiegend aus Vertreterinnen und Vertretern der EU-Kommission, von Ministerien, kommunalen Spitzenverbänden, Seniorenorganisationen und ehrenamtlichen Initiativen zusammen. Sie diskutieren in Berlin unter anderem darüber, wie die Partizipation Hochaltriger gestärkt werden kann, welche Qualifizierungsangebote notwendig sind oder wie man gezielt Menschen ausländischer Herkunft gewinnen kann. Aus dem Erfahrungsaustausch und Vergleich beider Länder werden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Ein Beispiel ist das niederländische Projekt "Zilveren Kracht" (Silberne Kraft). Dabei haben ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre letzten Berufsjahre auf Kosten des Arbeitgebers in sozialen Organisationen zu arbeiten, um diese mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung zu unterstützen. Das niederländische Projekt könnte bald auch in Deutschland Schule machen. Entsprechende Projektanträge könnten zukünftig im Rahmen der Bundesprogramme "Alter schafft Neues - Aktiv im Alter" und "Freiwilligendienste aller Generationen" berücksichtigt werden.

Im Rahmen der deutsch-niederländischen Konferenz werden außerdem die Ergebnisse der Expertise "Strategien zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements älterer Menschen in Deutschland und den Niederlanden" vorgestellt, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass es in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland ein viel dichteres Netz an Freiwilligenzentralen gibt, die als Ansprechpartner der Kommunen fungieren. Außerdem unterstützt die niederländische Wirtschaft das freiwillige Engagement noch aktiver, als es in Deutschland der Fall ist. Vergleichbar sind in beiden Ländern aber die Motive und Erfolgsfaktoren, die ältere Menschen für ihr bürgerschaftliches Engagement angeben sowie die Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Erfahrungswissen und Einsatzbereitschaft von älteren Menschen sind angesichts der demografischen Veränderungen unverzichtbar. Deshalb fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit der Initiative "Alter schafft Neues" die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Die europäische Vergleichsstudie SHARE (Survey of Health, Aging and Retirement in Europe) verdeutlicht, dass die Potentiale des bürgerlichen Engagements bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Danach haben die Niederlande mit 21 Prozent der über 50-Jährigen die mit Abstand höchste Quote freiwilligen Engagements in Europa. Deutschland liegt dem gegenüber mit 10 Prozent nur auf einem unteren Mittelplatz.

"Wer sich freiwillig engagiert, leistet einen Beitrag zu einer Gesellschaft, die auf Vertrauen und Solidarität, Eigeninitiative und Verantwortung setzt. Ältere Menschen können hier viel bieten und wir brauchen sie", so Dr. Kues.

Weitere Informationen - insbesondere auch die Kurzexpertise - finden Sie auf unserer Homepage unter www.engagement-conference.info.

Zahlen und Fakten zum Freiwilligen Engagement

  • Im Jahre 2050 wird die Zahl der über 65-Jährigen doppelt so hoch sein wie die der unter 20-Jährigen. Der Anteil der über 80-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird sich bis 2050 weltweit mehr als verdreifachen (von 1,3 Prozent auf 4,3 Prozent).
  • Die Niederlande haben die mit Abstand höchste Quote freiwilligen Engagements in Europa. Nach der europäischen Vergleichsstudie SHARE (Survey of Health, Aging and Retirement in Europe) sind 21 Prozent der über 50-jährigen Niederländerinnen und Niederländer bürgerschaftlich aktiv. Deutschland zählt nach dieser Studie mit nur 10 Prozent engagierter älterer Menschen zur Gruppe von Ländern im unteren Mittelfeld.
  • Mit der "Initiative ZivilEngagement" und dem Programm "Miteinander-Füreinander" wollen wir vielfältiges, individuelles Engagement ansprechen, das Eigeninteresse und Gemeinwohl verbindet und auf passgenaue Angebote stößt. Dazu brauchen wir eine starke Zivilgesellschaft, die einen Rahmen für bürgerschaftliches Handeln bieten kann, das sich an zivilen Normen orientiert und auf sozialen Zusammenhalt ausgerichtet ist. Zentrales Wirkungsziel ist es, ZivilEngagement als wichtiges Reformthema wahrzunehmen und in der gesellschaftspolitischen Tagesordnung nachhaltig zu verankern und strukturell zu stärken.
  • Mit dem Freiwilligendienst aller Generationen, der am 1. Januar 2009 startet, soll das im Modellprogramm "Generationsübergreifende Freiwilligendienste" entwickelte flexible, für alle Altersgruppen geöffnete Dienstangebot Schritt für Schritt bundesweit flächendeckend umgesetzt und mit den Strukturen vor Ort vernetzt werden. Die positiven Erfahrungen beim Einsatz von Freiwilligen aller Altersgruppen unter verbindlichen Qualitätsstandards sollen genutzt werden, um Institutionen und Organisationen für die Integration von bürgerschaftlich interessierten Menschen zu gewinnen. Auf der Grundlage verbindlicher Vereinbarungen zwischen Freiwilligen und Trägern/Einsatzstellen werden engagementbereite Bürgerinnen und Bürger in vielfältigen Einsatzfeldern z. B. Gesundheit und Pflege, Bildung, Kultur, Sport, Technik, Familienassistenz oder zur Erreichung übergreifender Ziele, z. B. verstärkte Einbindung des Erfahrungswissens Älterer, Heranführung von Kindern und Jugendlichen an bürgerschaftliches Engagement, Integration von Migrantinnen und Migranten, mindestens 8 Stunden wöchentlich über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten tätig. Eine Internetplattform als zentrale bundesweite Informations- und Vernetzungsdrehscheibe sowie mobile Kompetenzteams, die direkt vor Ort Kommunen und Träger mit Rat und Tat unterstützen, bilden die neuen organisatorischen Säulen des Programms. Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs werden bundesweit 30 Leuchtturmprojekte ermittelt und über 3 Jahre gefördert.
    Die Gesamtförderung des Programms für 3 Jahre beträgt 22,5 Mio. Euro.
  • Das Bundesmodellprogramm "Aktiv im Alter" will ein Leitbild des aktiven Alters in den Kommunen verankern und dazu beitragen, tragfähige Grundlagen für das freiwillige Engagement älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger in den deutschen Kommunen zu schaffen. Ein Memorandum "Mitgestalten-Mitentscheiden" fasst die Leitlinien für die gemeinsame Arbeit zusammen. Möglichst zahlreiche Kommunen, Organisationen, Verbände und Personen sollen sich mit ihrer Unterschrift auf diese Grundsätze verpflichten. 150 Städte, Gemeinden und Landkreise in ganz Deutschland werden an dem Programm teilnehmen. In so genannten Lokalen Foren, die aus Vertretern der Gemeinde, der älteren Mitbürger sowie gegebenenfalls der Projektträger bestehen, wird gemeinsam überlegt, für welche konkreten Zwecke die älteren Freiwilligen sich engagieren möchten, und anschließend werden die entsprechenden Projekte umgesetzt. Jede Kommune erhält eine Anschubfinanzierung von 10.000 Euro. An dem Wettbewerb für die ersten 50 Kommunen des Programms "Aktiv im Alter" haben sich 330 Kommunen beteiligt.