Bundesfamilienministerin fordert Integrationsdebatte ohne Vorurteile und Tabus

Auf einem Tisch ist die vorgestellte Kurzexpertise über jugendliche Migranten ausgebreitet.
Studien über Gewalttätigkeit männlicher Migranten vorgelegt

Anlässlich der Vorstellung zweier Studien über Gewalttätigkeit unter männlichen muslimischen Jugendlichen stellte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder am 26. November in Berlin fest: "Die Wissenschaft diskutiert die Ursachen und Handlungsmöglichkeiten; die Politik muss sich des Themas ebenfalls offensiv annehmen: faktenbasiert, ohne Vorurteile, aber auch ohne Tabus. Sie muss das zum einen im Interesse der vielen Jugendlichen tun, die von einem Negativimage erfasst werden, zu dem sie nichts beigetragen haben. Sie muss das zum anderen aber auch in Interesse derjenigen tun, die Opfer solcher Gewalttätigkeiten werden."

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Prof. Sonja Haug (Universität Regensburg), Prof. Ahmet Toprak und Prof. Katja Nowacki (Fachhochschule Dortmund) zeigen: Bei Körperverletzungsdelikten sind männliche, nichtdeutsche jugendliche Tatverdächtige überrepräsentiert. Das gilt auch für die Gruppe der Mehrfach- und Intensivtäter.

"Wir müssen offen und ohne Tabus über die Probleme in der Integration reden, mit denen viele Menschen in ihrem Alltag konfrontiert sind. Die heute vorgelegten Studien belegen: Entscheidend für die Lösung dieser Probleme sind klare Regeln, eine wirksame Prävention und die frühe Förderung von Kindern und Jugendlichen."

Laut der Studien sindvor allem geringe Schulqualifikation, Perspektivlosigkeit, soziale Randlage, Gewalterfahrungen im Elternhaus oder in Cliquen sowie die Zustimmung zu gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen undvergeltungsorientierte Konfliktlösungsstrategien, Faktoren für eine erhöhte Gewaltbereitschaft.

Zudem gibt es Hinweise, dass auch unterschiedliche Erziehungsziele von muslimischen und nicht-muslimischen Eltern eine Rolle spielen können. So stehen bei muslimischen Eltern vor allem Ziele wie "Respekt vor Autoritäten", "Ehrenhaftigkeit" und "Zusammengehörigkeit" im Vordergrund. Für viele muslimische Jugendliche spielen deshalb Werte wie ein ausgeprägtes Männlichkeitsbild oder die bedingungslose Verteidigung der weiblichen Familienmitglieder im Kontext der Familienehre eine zentrale Rolle.

Wie Eltern und vor allem auch die Jugendlichen selbst ganz praktisch in eine Lösungsstrategie einbezogen werden können, will Kristina Schröder mit Schülern, Lehrern, Migrantenvertretern, Praktikern aus der Polizei, der Justiz und der Präventionsarbeit in einem noch für den Dezember geplanten Werkstattgespräch herausarbeiten.