Aktionsprogramm "Frühe Hilfen": Expertise benennt Schwachstellen im Kinderschutz

Logo des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen
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Zwei Jahre nach dem Start des Aktionsprogramms "Frühe Hilfen" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist heute in Berlin eine Expertise vorgestellt worden, die bekannt gewordene Fälle von schweren Kindesmisshandlungen und -vernachlässigungen systematisch auswertet, diese mit Erfahrungen im Ausland vergleicht und so zeigt, wo die häufigsten Schwachstellen in den vorhandenen Kinderschutz-Systemen zu finden sind. Ziel ist es, gezielt die Strukturen für den Kinderschutz zu verbessern.

"Nach schrecklichen Fällen wie Kevin oder Lea-Sophie darf es nicht darum gehen, möglichst rasch Schuldige an den Pranger zu stellen. Viel wichtiger ist, dass wir die typischen Fehler herausfiltern, die landauf landab immer wieder passieren. Nur so können wir generell den Schutz von Kindern verbessern. Die im Auftrag meines Ministeriums erstellte Expertise von Prof. Fegert zeigt eindrucksvoll, dass die Ursache der Katastrophen in den seltensten Fällen am Versagen einer einzigen Person oder eines Amtes festzumachen ist. Das ist eine gute Nachricht, denn so haben wir die Chance, die Strukturen und Arbeitsabläufe in den Kommunen auf Schwachstellen zu prüfen und Risiken wie in anderen gefahrgeneigten Bereichen systematisch auszuräumen. Diese Analysearbeit kann keine Stadt und kein Landkreis alleine leisten. Deswegen unterstützt der Bund über das Nationale Zentrum Frühe Hilfen gezielt Kommunen, die Rat zur Verbesserung ihrer Strukturen für den Kinderschutz suchen", sagt Ursula von derLeyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

In der Expertise "Aus problematischen Kinderschutzverläufen lernen" wurden auf Basis einer umfangreichen Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen verschiedene typische Hauptfehlerquellen identifiziert, die die häufigsten Schwachstellen in den vorhandenen Kinderschutz-Systemen sind. Zu den Hauptfehlerquellen gehört unter anderem, dass das so genannte "Mehr-Augen-Prinzip" außer Acht gelassen wird und so Fehleinschätzungen nicht korrigiert werden können. Außerdem sind Verantwortlichkeiten häufig nicht klar geregelt oder Bearbeiterinnen und Bearbeiter verlassen sich nur auf die Akten und verschaffen sich keinen persönlichen Eindruck vom Kind und der Familiensituation. Mit Hilfe der Expertise können Fehlerquellen und Schwachstellen im Kinderschutz bestimmt und ausgeräumt werden, um ein gut abgestimmtes Zusammenspiel aller Verantwortlichen zu erreichen.

Das Bundesfamilienministerium will Kommunen dabei unterstützen, ihre Kinderschutzstrukturen mit wissenschaftlicher Expertise zu prüfen und zu verbessern. Dazu hat das Nationale Zentrum Frühe Hilfen eine Ausschreibung gestartet, auf die sich Fachinstitute noch bis zum 1. Dezember 2008 bewerben können, die ab Frühjahr 2009 Städte und Landkreise vor Ort vertraulich bei der Analyse ihrer Strukturen unterstützen sollen.

Aktionsprogramm "Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme"

Mit dem Bundesprogramm "Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und soziale Frühwarnsysteme" soll der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern wirksam vorgebeugt werden. Ziel ist es, Risiken für Kinder möglichst frühzeitig zu erkennen und die Erziehungskompetenz ihrer Eltern zu verbessern. Das 2007 neu eingerichtete Nationale Zentrum Frühe Hilfen bündelt die Erfahrungen und Ergebnisse der 10 Modellprojekte in den Ländern und bildet eine Plattform für den gezielten Austausch von Wissen zum Thema. Kommunen und Träger, die in ihren Regionen Netzwerke Früher Hilfen und soziale Frühwarnsysteme aufbauen wollen, werden so gezielt unterstützt. Leitidee ist dabei eine enge und verlässliche Vernetzung der vielerorts vorhandenen, aber oft getrennt voneinander arbeitenden Systeme: Gesundheitswesen (zum Beispiel Geburtskliniken, Hebammen, Kinderärzte), Kinder- und Jugendhilfe (zum Beispiel Jugendämter, Kitas, Familienhilfen), aber auch Schwangerschaftsberatung, Frauenhäuser, Polizei und Gerichte, und auch die örtlichen Träger der Arbeitsvermittlung. Für das Aktionsprogramm (Laufzeit 2006-2010) stellt der Bund insgesamt 11 Millionen Euro zur Verfügung.