Vier zu einem Quadrat aufgereihte Holzwürfel mit schwarzen Diagramm darauf
© iStock/Parradee Kietsirikul

Privatwirtschaft - Die Quote wirkt!

börsennotierter Softwarekonzern

Role Model Debora Murseli, Diversity Beauftragte

Der Frauenanteil in Führungsebenen der Privatwirtschaft ist seit Inkrafttreten des ersten FüPoG 2015 kontinuierlich gestiegen. Doch es hat sich auch gezeigt: nur verbindliche Vorgaben sind ein wirksames Instrument für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen. Ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirkungsweise des Gesetzes ergab: Der Frauenanteil an Führungspositionen ist seit Inkrafttreten des Gesetzes in den mehr als 100 Unternehmen, die unter die feste Geschlechterquote für die Aufsichtsräte fielen, deutlich schneller und höher gestiegen als in den Unternehmen, die sich nur freiwillige Zielgrößen setzten.

Das FüPoG ist auf folgende Gesellschaftsformen anwendbar:

  • die Aktiengesellschaft (AG),
  • die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA),
  • die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH),
  • die eingetragene Genossenschaft (eG),
  • den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG),
  • die Europäische Gesellschaft (SE) mit Sitz im Inland,
  • die Europäische Genossenschaft (SCE) mit Sitz im Inland.

Das FüPoG sieht für die Privatwirtschaft zwei Förderungsmaßnahmen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen vor: die Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent (feste Quote) für Aufsichtsräte und die Pflicht zur Festlegung und Veröffentlichung von Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Leitungsorgan und in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands.

Die feste Quote für Aufsichtsräte findet auf Unternehmen Anwendung, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Diese Voraussetzungen erfüllen die AG, die KGaA und die SE.

Die Pflicht zur Veröffentlichung von Zielgrößen trifft nach dem FüPoG - mit Ausnahme der Aufsichtsratsebene - auch die Unternehmen, die der festen Quote für den Aufsichtsrat unterliegen.

Das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, kurz FüPoG II, entwickelt das 2015 in Kraft getretene Führungspositionen-Gesetz (FüPoG) weiter, verbessert seine Wirksamkeit und schließt Lücken. Eine zentrale Neuerung ist ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern in großen deutschen Unternehmen.

Mindestbeteiligungsgebot

Die bewährte fixe Quote für Aufsichtsräte aus dem FüPoG wird mit dem FüPoG II durch ein Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände ergänzt. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen müssen künftig mindestens eine Frau in den Vorstand berufen, wenn ihr Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Davon sind 52 Unternehmen betroffen von denen zum Zeitpunkt der Erhebung 9 keine Frau im Vorstand hatten.

Keine Toleranz für Zielgröße Null

Unternehmen müssen sich seit Inkrafttreten des FüPoG 2015 Zielgrößen für die zukünftige Beteiligung von Frauen für die obersten Führungsebenen setzen, also für Aufsichtsrat, Vorstand sowie die erste und zweite Managementebene. Oft lautete die Zielgröße Null. Das ist mit Inkrafttreten des FüPoG II nicht länger akzeptabel. Unternehmen werden künftig im Rahmen einer Berichtspflicht begründen müssen, wenn sie sich für den Vorstand null Frauen als Ziel setzen. 

Wenn Unternehmen keine Zielgröße melden oder keine Begründung für die Zielgröße Null angeben, droht ein empfindliches Bußgeld. Dies soll Unternehmen anhalten ihre weiblichen Angestellten auf allen Ebenen besser zu fördern, um den Vorgaben künftig gerecht werden zu können.

Anteil von FüPoG-Unternehmen mit Zielgröße größer Null

Anteil von FüPoG-Unternehmen, die Zielgrößen veröffentlichen

Anteil von FüPoG-Unternehmen mit Zielgröße gleich Null

Frauenanteil in Aufsichtsräten

Im Bereich der Aufsichtsräte der unter das Gesetz fallenden Unternehmen ist eine kontinuierliche Steigerung bis zum Geschäftsjahr 2021 zu beobachten. 

In den übrigen börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten ebenfalls kontinuierlich, und zwar im absoluten Vergleich von rund 20 Prozent im Geschäftsjahr 2017 auf über 25 Prozent im Geschäftsjahr 2021.

Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die seit dem 1. Januar 2016 eine feste Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent erfüllen müssen, überschritten die gesetzlichen Mindestvorgaben bereits um 5,7 Prozentpunkte. Der Frauenanteil liegt hier für das Geschäftsjahr 2021 bei 35,7 Prozent.

Frauenanteil im Aufsichtsrat

Frauenanteil in den Vorständen

Auf der Vorstandsebene sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert. Der Frauenanteil in den Vorständen der betrachteten Unternehmen stieg im Betrachtungszeitraum weiter kontinuierlich um insgesamt 4 Prozentpunkte auf insgesamt niedrigem Niveau von 7,6 Prozent im Geschäftsjahr 2017 auf 11,1 Prozent im Geschäftsjahr 2021. 73,4 Prozent der Unternehmen hatten im Geschäftsjahr 2021 keine Frau im Vorstand.

Frauenanteil im Vorstand

Frauenanteil in der 1. Managementebene unter dem Vorstand

Frauenanteil in der 2. Managementebene unter dem Vorstand

Logo von FidAR

Informationen zur Unterstützung bei der Umsetzung des FüPoG II

Die gesetzlichen Regelungen zeigen Wirkung. Wichtig ist aber, dass sich nicht nur in den Aufsichtsräten und Vorständen etwas verändert. Die Umsetzung von vorgegebenen Zielgrößen geht laut FidAR nur schleppend voran und es zeigt sich, wie groß der Handlungsbedarf in vielen Unternehmen ist - insbesondere dort, wo keine Quotenregelungen gelten. Gleichberechtigung von Frauen und Männern muss auf allen Hierarchieebenen in den Unternehmen gelebt werden. Mit dem Praxisleitfaden von FidAR liegen nun ausführliche Empfehlungen dafür vor, welche Potenziale in einer Unternehmenskultur liegen, die auf gleichberechtigter Teilhabe basiert. Parität in der Führung wird nur erreicht, wenn in allen Bereichen der Unternehmen die Voraussetzungen für Chancengerechtigkeit geschaffen werden.

Informationen und Unterstützung für die Privatwirtschaft bei der Umsetzung des FüPoG und FüPoG II: Praxisleitfaden (2024)

2020 hat die Bundesregierung eine gemeinsame Strategie für mehr Gleichstellung beschlossen. Die Führungspositionen-Gesetze sind ein wesentlicher Baustein. In der 20. Legislaturperiode wurde die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung mit einem "Strategierahmen für die ökonomische Gleichstellung 2030" weiterentwickelt. Der Strategierahmen beschreibt Ziele und Wege zur ökonomischen Gleichstellung von Frauen und Männern bis zum Ende des Jahrzehnts. 

Weitere Informationen finden Sie hier.

Die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen haben keine Verpflichtung, sich für den Aufsichtsrat eine Zielgröße zu setzen. Bei den übrigen börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen haben im Mittelwert 39,4 Prozent der betrachteten Unternehmen im Geschäftsjahr 2021 nicht auf allen erforderlichen Ebenen Zielgrößen veröffentlicht. 

Aufsichtsrat

Soweit für den Aufsichtsrat Angaben zu Zielgrößen veröffentlicht wurden, veröffentlichten die nur börsennotierten Unternehmen zu 76,9 Prozent und die mitbestimmten und zugleich börsennotierten Unternehmen zu 91,2 Prozent Angaben zu Zielgrößen für den Aufsichtsrat.

Von den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen veröffentlichten 89,5 Prozent trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung freiwillig eine Zielgröße auch für den Aufsichtsrat.

Vorstand 

Für den Vorstand haben im Geschäftsjahr 2021 62,1 Prozent der unter das FüPoG fallenden Unternehmen Zielgrößen veröffentlicht. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen sowie nur börsennotierte Unternehmen machten zu mehr als 70 Prozent Angaben zu den Zielgrößen für den Vorstand, während mitbestimmte und börsennotierte Unternehmen mit 80,5 Prozent Angaben zu den Zielgrößen für den Vorstand machten.

Führungsebenen unterhalb des Vorstands

Für eine mittel- und längerfristig angelegte Veränderung im Sinne eines unternehmerischen Kulturwandels ist auch der Blick auf die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands wesentlich. Um den Frauenanteil auf der Vorstandsebene perspektivisch deutlich zu erhöhen, ist auch eine wesentliche Steigerung des Frauenanteils auf den obersten Managementebenen von großer Bedeutung. Denn aus diesen Führungsebenen werden vorrangig Mitglieder für die Unternehmensleitung berufen. Dem trägt das FüPoG Rechnung, indem es die Unternehmen verpflichtet, auch für diesen Bereich Zielgrößen festzulegen und zu veröffentlichen.
Für die erste Führungsebene unterhalb des Vorstands haben im Geschäftsjahr 2021 rund 63 Prozent aller Unternehmen eine Zielgröße veröffentlicht. Von den börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen sind es dagegen 89,5 Prozent. Für Unternehmen, die börsennotiert waren und der unternehmerischen Mitbestimmung unterlagen, wurden Angaben zu Zielgrößen von 89,3 Prozent der Unternehmen veröffentlicht. Für die zweite Führungsebene unterhalb des Vorstands veröffentlichten rund 57 Prozent aller betrachteten Unternehmen Zielgrößen für das Geschäftsjahr 2021.

Cover der Publikation
© FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e.V.

Der Verein Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) zeigt mit dem jährlichen Ranking des Women on Bord Index (WoB-Index) die aktuellen Entwicklungen des Frauenanteils in Aufsichtsräten und Vorständen der großen Unternehmen. Der seit 2017 veröffentlichte WoB-Index 185 umfasst die 160 im DAX, MDAX und SDAX sowie die aktuell 20 im Regulierten Markt notierten, voll mitbestimmten Unternehmen. Die Studie ermöglicht einen Vergleich der Entwicklung bei den der festen Quote unterliegenden Unternehmen mit der nicht unter die Quote fallenden, im DAX notierten Konzerne.

Hier geht`s zum WoB-Index.

Zentrale Erkenntnisse aus dem WoB-Index 185

Vier zu einem Quadrat aufgereihte Holzwürfel mit schwarzen Diagramm darauf
© iStock/Parradee Kietsirikul

Die Führungspositionen-Richtlinie der Europäischen Union (EU) steht für eine ausgewogenere Vertretung von Frauen und Männern in Führungspositionen. Denn Frauen sind in den Führungsetagen privater Unternehmen auch in der gesamten EU nach wie vor unterrepräsentiert. Mit verbindlichen Standards sollen sie in allen Mitgliedstaaten gleichberechtigt am wirtschaftlichen Leben teilhaben.

Hier erfahren Sie mehr zur EU-Führungspositionen-Richtlinie.

Ost-West-Vergleich 

Vergleicht man die Unternehmen in Ost- und West-Deutschland, so konnte der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder in ostdeutschen Unternehmen von 21,1 Prozent im Geschäftsjahr 2015 auf 28,6 Prozent im Geschäftsjahr 2021 gesteigert werden. In den betrachteten westdeutschen Unternehmen steigerte sich vom Geschäftsjahr 2015 bis zum Geschäftsjahr 2021 der Anteil der weiblichen Aufsichtsratsmitglieder von 18,5 Prozent auf 25,9 Prozent. 

Frauenquote im Ost-West-Vergleich