Fragen und Antworten Vertragsverletzungsverfahren zur Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie

Warum wurde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet?

Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wurde von der EU-Kommission am 20. September 2022 eingeleitet, da Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch keine vollständige Umsetzung der bis zum 2. August 2022 umzusetzenden Vereinbarkeitsrichtlinie (Richtlinie 2019/1158/EU) mitteilen konnte. 

Der Grund dafür waren einige wenige Bestimmungen, die in Deutschland zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie noch einzuführen waren. Diese sind den Informationen zum Gesetz zur weiteren Umsetzung der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie in Deutschland (Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz - VRUG) zu entnehmen, welches am 24. Dezember 2022 in Kraft trat. 

Nachdem der EU-Kommission die vollständige Umsetzung der Richtlinie mitgeteilt worden war und die Vollständigkeitsprüfung der EU-Kommission zu einem positiven Ergebnis gekommen war, hat die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren am 1. Juni 2023 bereits im vorgerichtlichen Stadium abgeschlossen.

Ist Deutschland durch die Richtlinie zur Einführung eines "Vaterschaftsurlaubs" verpflichtet?

Eine solche Verpflichtung besteht für Deutschland nicht. Die nach Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 2 der sogenannten Vereinbarkeitsrichtlinie (Richtlinie 2019/1158/EU) grundsätzlich vorgegebene zehntägige bezahlte Auszeit des zweiten Elternteils rund um die Geburt des Kindes muss Deutschland nicht umsetzen. Denn: Ausnahmeklauseln in Artikel 20 Absatz 6 und Absatz 7 der Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen von der Verpflichtung, einen sogenannten "Vaterschaftsurlaub" vorzusehen. Diese Voraussetzungen erfüllt Deutschland aufgrund seiner umfassenden Regelungen zur Elternzeit (hinsichtlich der Freistellung) und Elterngeld (hinsichtlich der Vergütung).

Was ist die Familienstartzeit? 

Ungeachtet der Richtlinie haben sich die Regierungsparteien mit dem Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine zweiwöchige vergütete Freistellung nach Geburt eines Kindes für den Partner oder die Partnerin der Mutter einzuführen. Die Regelungen zur Einführung dieser sogenannten Familienstartzeit werden derzeit innerhalb der Bundesregierung ressortübergreifend beraten.