Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder gab der Hildesheimer Zeitung (Erscheinungstag 11. Februar 2012) das folgende Interview:
Frage: Frau Ministerin, die Bundesregierung hatte sich von der Einführung des Elterngeldes versprochen, dass sich mehr Paare für Kinder entscheiden, die Zahl der Geburten also steigt. Hat sich die Hoffnung efüllt und wenn nicht, wieso nicht?
Dr. Kristina Schröder: Die Geburt eines Kindes ist eine sehr persönliche Entscheidung. Viele Faktoren führen dazu, dass sich Menschen für Kinder entscheiden – dazu gehören neben persönlicher wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit genauso eine gute Infrastruktur und die praktische Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Für mich ist entscheidend: Die Kinderwünsche der Deutschen sind deutlich gestiegen. Das ist ein tolles Signal. Wir dürfen bei unseren Anstrengungen für eine familienfreundliche Gesellschaft nicht nachlassen, damit aus mehr Kinderwünschen Wirklichkeit wird.
Frage: Nach den Zahlen aus Ihrem Haus nimmt inzwischen etwa jeder vierte Vater die Elternzeit in Anspruch. Sind Sie damit zufrieden, welchen Quote halten Sie maximal für realistisch?
Dr. Kristina Schröder: Ich bin sehr froh darüber, dass der Anteil immer weiter angestiegen ist auf mittlerweile gut ein Viertel der Väter. Das ist vor fünf Jahren, als das Elterngeld eingeführt wurde, noch ganz anders gewesen. Mir fallen nicht viele politische Maßnahmen ein, die in so kurzer Zeit so viel bewirkt haben.
Frage: Die meisten Väter nehmen nur zwei Monate, die übrige Zeit entfällt auf die Mütter. Woran liegt das Ihrer Ansicht?
Dr. Kristina Schröder: Die Lage ist nicht so, wie man sie sich wünschen würde. Und dabei spielt die Angst vor einem Karriereknick sicherlich eine Rolle. Wenn ich mit Vätern in meiner Generation spreche, beruflich und im Freundeskreis, dann merke ich eines: für alle ist das Vatersein ein existentielles Thema geworden. Ich merke starke Verunsicherungen, und ich höre den Vorwurf, die Politik tue so, als hätten nur Mütter Probleme. Darauf muss Politik reagieren.
Frage: Haben Sie das Gefühl, die Arbeitgeber in Deutschland sind nicht offen genug - in Hildesheim sollen immerhin 3 Väter (bei etwa 160 Elterngeld-Nutzer) nach Inanspruchnahme des Elterngeldes ihren Job verloren haben, weil der Arbeitgeber unter einem Vorwand gekündigt haben soll.
Dr. Kristina Schröder: Ich will das Bewusstsein in den Unternehmen ändern. Im Augenblick haben wir noch viele Top-Manager und Unternehmensführer im Alter von Anfang 60, die sich selber als Väter immer in die Arbeit gestürzt haben und heute ganz offen beklagen, dass sie zu wenig Zeit für ihre Kinder hatten. Viele kümmern sich deshalb umso mehr um ihre Enkel. Die heutige Generation will die alten Fehler nicht wiederholen.
Frage: Können Sie sich vorstellen, das Elterngeld über die 14 Monate auszuweiten?
Dr. Kristina Schröder: Vorstellen kann ich mir viel, aber wir müssen auch das Machbare im Blick behalten.
Frage: Hat Ihr Partner eigentlich das Elterngeld genutzt oder plant er das?
Dr. Kristina Schröder: Wie andere Mütter auch bin ich während der gesetzlichen Mutterschutzzeiten zu Hause geblieben. Elternzeit zu nehmen ist weder für meinen Mann noch für mich aus rechtlichen Gründen möglich. Für Abgeordnete, Parlamentarische Staatssekretäre und Minister sieht das das Gesetz nicht vor.