Sexueller Kindesmissbrauch Unabhängige Kommission legt Bilanzbericht vor

Das Bild zeigt die Vertreterinnen und Verteter der Kommission
Die Mitglieder der Kommission, von links nach rechts: Prof. Dr. Heiner Keupp, Prof. Dr. Barbara Kavemann, Brigitte Tilmann, Prof. Dr. Sabine Andresen (Vorsitzende), Prof. Dr. Peer Briken und Dr. Christine Bergmann© Anja Müller

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat am 3. April den Bilanzbericht ihrer ersten Laufzeit veröffentlicht und damit umfassend über ihre Arbeit der vergangenen drei Jahre informiert.

Die Kommission möchte Strukturen aufdecken, die sexuelle Gewalt in der Kindheit und Jugend ermöglicht haben, und herausfinden, warum Aufarbeitung in der Vergangenheit verhindert wurde. Schwerpunkt der Arbeit und zentrale Erkenntnisquelle sind bundesweite Anhörungen von Betroffenen.

Bundesjugendministerin Dr. Franziska Giffey:

"Der heute vorgelegte Bericht zeigt einmal mehr: Sexualisierte Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche sind keine Einzelfälle, sondern etwas, das die gesamte Gesellschaft angeht. Ich unterstütze die Forderungen der Kommission nach besseren Schutzkonzepten,  einer noch aktiveren Aufarbeitung in Institutionen und nach einer auch öffentlichen Anerkennung des Unrechts, das Betroffenen geschehen ist. Den Mitgliedern der Kommission danke ich für ihr großes Engagement in den vergangenen drei Jahren. Es ist gut und wichtig, dass wir als Bundesregierung die Laufzeit der Unabhängigen Kommission bis 2023 verlängert haben."

Gesamte Gesellschaft muss Verantwortung übernehmen

Aus den Berichten der Betroffenen geht vor allem hervor, wie häufig das nahe Umfeld und die gesamte Gesellschaft versagt haben und Kinder nicht geschützt wurden. Nur wenige Betroffene berichten davon, dass sie in Kindheit und Jugend Hilfe und Unterstützung durch ihr Umfeld erhielten.

Die Arbeit der Kommission verdeutlicht auch, dass Betroffene bis heute bei einer Bewältigung der Folgen an strukturellen und finanziellen Hürden scheitern. Sie erhalten zu oft keine passenden Hilfen im Bereich Beratung und Therapie. Die Standardlösungen der Krankenkassen reichen angesichts der gesundheitlichen Folgeprobleme häufig nicht aus. Das Angebot an Fachberatungsstellen muss flächendeckend ausgebaut, finanziell abgesichert und bekannter gemacht werden.

900 vertrauliche Anhörungen

Seit Mai 2016 haben sich knapp 1700 Betroffene bei der Kommission gemeldet. Es wurden rund 900 vertrauliche Anhörungen durchgeführt und 300 schriftliche Berichte ausgewertet. Die Kommission veranstaltete drei öffentliche Hearings, in denen Betroffene vor 200 Gästen zu den Schwerpunkten Familie, DDR sowie evangelische und katholische Kirche ihre Geschichte erzählten.

Arbeit der Kommission wird bis 2023 verlängert

Die Unabhängige Kommission zu Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs arbeitet ehrenamtlich und hat im Mai 2016 ihre Arbeit aufgenommen. Diese war vorerst auf drei Jahre begrenzt und wurde nun bis Ende 2023 verlängert. Damit hat die Kommission die Möglichkeit, sexuellen Kindesmissbrauch in weiteren Bereichen zu untersuchen. Erste Schwerpunkte der zweiten Laufzeit sind der Sport, Menschen mit Behinderung und die sogenannte Pädosexuellenbewegung. Bis zum Herbst 2019 hat die Kommission den Auftrag, Eckpunkte für eine gelingende Aufarbeitung zu erarbeiten, die Institutionen eine Orientierung geben sollen, eine Aufarbeitung bestmöglich zu beginnen und durchzuführen.