Studie "Hohes Alter in Deutschland" Häusliche Pflege für Menschen mit Demenz stärken

Ein älteres Ehepaar im Wohnzimmer
Hochaltrige mit Demenz, die in den eigenen vier Wänden leben, sind zufriedener und seltener depressiv © BMFSFJ

Am 29. April wurde der siebte Kurzbericht zur Studie "D80+ - Hohes Alter in Deutschland" vorgestellt. Rund 18 Prozent der Menschen ab 80 Jahren in Deutschland sind an Demenz erkrankt. Die überwiegende Mehrheit (knapp 70 Prozent) lebt in Privathaushalten. Hochaltrige Menschen mit Demenz, die in ihren eigenen vier Wänden leben, haben im Schnitt eine höhere Lebenszufriedenheit und weniger Depressionen als gleichaltrige Demenzerkrankte in stationären Pflegeeinrichtungen. Das sind Ergebnisse des siebten Kurzberichts. Sie zeigen, welche Bedeutung eine gute häusliche Pflege für die Betroffenen hat.

Bundesseniorenministerin Lisa Paus: "Auch wenn die Mehrheit der Menschen ab 80 Jahren sich einer guten kognitiven Gesundheit erfreut, ist eine bedeutsame Zahl Hochaltriger an Demenz erkrankt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es ist, diesen Menschen so lange wie möglich ein Leben in ihrer vertrauten Wohnumgebung zu ermöglichen. Denn die Autonomie, der Schutz und der Halt der eigenen vier Wände sind entscheidende Faktoren für die Lebensqualität der Betroffenen und können schwerwiegende Begleiterscheinungen wie Depressionen abmildern. Dafür muss die häusliche Pflege gestärkt werden. Neben der professionellen ambulanten Pflege ist dabei die Unterstützung pflegender Angehöriger ein zentraler Baustein. Mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Weiterentwicklung der Familienpflegezeit und der Einführung einer Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige haben wir den richtigen Weg aufgezeigt. Das muss jetzt schnell umgesetzt werden."

Zentrale Ergebnisse der Studie

Der siebte Kurzbericht zur Studie D80+ beschreibt die Auswirkungen kognitiver Einschränkungen auf die Lebensqualität und Versorgung von Menschen ab 80 Jahren in Deutschland. Wesentliche Ergebnisse sind:

  • 57 Prozent der Hochaltrigen haben keine kognitiven Einschränkungen. Bei 25 Prozent sind leichte kognitive Beeinträchtigungen feststellbar. 18 Prozent sind an einer Demenz erkrankt.  
  • Deutliche Unterschiede zeigen sich beim Bildungsniveau: Während nur sieben Prozent der Hochaltrigen mit hohem Bildungsabschluss von einer Demenzerkrankung betroffen sind, sind es bei den Menschen ab 80 Jahren mit niedrigem Bildungsabschluss 28 Prozent. 
  • Die Mehrheit (69,3 Prozent) der hochaltrigen Menschen mit Demenz lebt in Privathaushalten. Weitere 18,6 Prozent leben in einem Alten- oder Pflegeheim, der Rest lebt in alternativen Wohnformen, etwa in Mehrgenerationenhäusern und Wohnpflegegruppen. 
  • Fast 38 Prozent der Demenzerkrankten in Privathaushalten werden weder von ihren Angehörigen gepflegt noch erhalten sie Unterstützung von einer Tagespflege oder einem ambulanten Pflegedienst. Das weist darauf hin, dass viele Menschen mit Demenz nicht dem Stigma der schwer Pflegebedürftigen und betreuungspflichtigen Personen entsprechen. Allein leben kann gerade zu Beginn der Erkrankung möglich und stärkend für die Betroffenen sein - aber auch kritisch, wenn die Versorgung nicht sichergestellt ist.  
  • Die subjektiv empfundene Lebensqualität ist bei Menschen ab 80 Jahren mit Demenz niedriger als bei Gleichaltrigen ohne oder mit nur geringen kognitiven Einschränkungen. Demenzerkrankte, die zu Hause leben, schätzen ihre Lebensqualität jedoch im Vergleich höher ein als diejenigen, die in stationären Pflegeeinrichtungen untergebracht sind. Das gilt für alle vier abgefragten Dimensionen von Lebensqualität (Wohlbefinden, Depressivität, Lebenszufriedenheit und Autonomie). Bei der Depressivität ist der Unterschied besonders deutlich: Auf einer Skala von eins (keine Symptome) bis fünf (ausgeprägte Symptome) schätzten Demenzerkrankte in Privathaushalten ihre Depressivität im Schnitt mit 1,6 ein. Für Betroffene in Pflegeheimen liegt der Durchschnittswert bei 2,7. 

Nationale Demenzstrategie sorgt für mehr Lebensqualität

Um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und ihrer Angehörigen zu verbessern, hat die Bundesregierung die Nationale Demenzstrategie ins Leben gerufen. Sie setzt sich zum Beispiel für die Öffnung von Kultur-, Sport und Bildungseinrichtungen für Demenzerkrankte, für die Beratung und Begleitung von Betroffenen und für die Stärkung der häuslichen Pflege durch Angehörige ein.

Das Bundesseniorenministerium fördert unter anderem den weiteren Aufbau Lokaler Allianzen für Menschen mit Demenz, in denen sich Akteure vor Ort für mehr Teilhabe und Unterstützung demenzerkrankter Menschen vernetzen. Im Programm "Leben wie gewohnt" werden Wohnprojekte für ein möglichst langes Leben zu Hause gefördert.

Die Studie D80+

Immer mehr Menschen in Deutschland erreichen ein sehr hohes Alter. Über die Lebenssituation der aktuell rund 5,9 Millionen Hochaltrigen ist jedoch wenig bekannt. Deshalb fördert das Bundesseniorenministerium die Studie "D80+ - Hohes Alter in Deutschland". Sie wird vom Cologne Center of Ethics, Rights, Economics, and Social Siences of Health (ceres) sowie dem Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) durchgeführt. Für die Studie wurden zwischen November 2020 und April 2021 mehr als 10.000 zufällig ausgewählte Personen ab 80 Jahren in ganz Deutschland befragt. Über 3000 Befragte nahmen im Dezember 2021 an zusätzlichen Telefoninterviews teil, die über ein kognitives Screening eine Klassifizierung der Teilnehmenden in kognitiv normales Altern, leichte kognitive Beeinträchtigung sowie demenzerkrankt ermöglichten.

Bislang sind insgesamt sieben Kurzberichte der Studie D80+ zu verschiedenen Themen erschienen. Bis zum Sommer 2022 folgen drei weitere Berichte zu den Themen Wohnumfeld und Alltagskompetenz, Präferenzen und Wünsche sowie Zufriedenheit und Wohlbefinden.