In Deutschland gibt es verschiedene Kennziffern, die den Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern anzeigen. Der bereits geläufige Gender Pay Gap verdeutlicht die Lohnlücke zwischen beiden Geschlechtern.
Zudem gibt es den Gender Care Gap. Dieser neue Indikator wurde im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung entwickelt. Er zeigt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer für unbezahlte Sorgearbeit aufbringen. Diese Tätigkeiten umfassen sämtliche Arbeiten im Haushalt und Garten, die Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen sowie ehrenamtliches Engagement und unbezahlte Hilfen für andere Haushalte. Die Anfahrtszeiten werden bei der Berechnung des Gender Care Gap miteinbezogen.
Frauen leisten mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer
Aus dem Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung geht hervor, dass Frauen für Care-Arbeit deutlich mehr Zeit aufwenden als Männer. Der Gender Care Gap beträgt 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten.
Wirtschaftliche Nachteile als Konsequenz
Der Gender Care Gap zeigt: Frauen wenden häufig mehr Zeit für Hausarbeit und Kinderbetreuung auf als Männer. Das hat Konsequenzen für die Arbeitszeiten von Frauen und Männern: Männer arbeiten häufiger in Vollzeit als Frauen. Teilzeitbeschäftigung kommt bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern.
Für Frauen ergeben sich dadurch wirtschaftliche Nachteile: Die daraus resultierenden niedrigeren Einkommen über den Lebensverlauf führen zu niedrigeren eigenständigen Alterssicherungsansprüchen. Eine partnerschaftliche Teilung der Sorgearbeit kann daher eine Voraussetzung für gleichberechtigte Chancen von Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt sein.
Gender Care Gap variiert je nach Alter und Lebenssituation
Die größten Unterschiede beim Gender Care Gap zeigen sich bei 34-Jährigen: In dieser Altersgruppe beträgt der Gender Care Gap 110,6 Prozent. Die Frauen verbringen täglich durchschnittlich fünf Stunden und 18 Minuten mit Care-Arbeit, die Männer dagegen nur zwei Stunden und 31 Minuten. In dieser Phase bündeln sich zentrale Lebensereignisse und -entscheidungen im Beruf sowie oft auch die Verantwortlichkeit für Kinder und Eltern. Mit zunehmendem Alter wenden Männer mehr Zeit für Care-Arbeit auf, Frauen dagegen etwas weniger.
Unabhängig vom Alter wenden alleinlebende Frauen täglich mehr Zeit für Care-Tätigkeiten auf als alleinlebende Männer. In Paarhaushalten mit Kindern fällt die meiste Care-Arbeit an - vor allem aufgrund der Kinderbetreuung. Mütter verrichten in dieser Konstellation täglich zwei Stunden und 30 Minuten mehr Care-Arbeit als Väter, sodass der Gender Care Gap in Paarhaushalten mit Kindern 83,3 Prozent beträgt.
Direkte und unterstützende Care-Arbeit
Besonders ausgeprägt ist der Unterschied im Engagement für direkte Care-Arbeit und unterstützende Care-Arbeit. Direkte Care-Arbeit bezieht andere Personen mit ein und meint beispielsweise Kinderbetreuung sowie die Unterstützung und Pflege von erwachsenen Haushaltsmitgliedern. Unterstützende Care-Arbeit umfasst alle Tätigkeiten im Haushalt, Ehrenamt und die Unterstützung für andere Haushalte.
Die Erkenntnis: Frauen befassen sich mehr als doppelt so viel mit direkter Care-Arbeit als Männer - der Gender Care Gap beträgt hier 108,3 Prozent. Bei der unterstützenden Care-Arbeit beträgt der Wert 47,4 Prozent.
Berechnung des Gender Care Gap
Als Datengrundlage zur Berechnung des Gender Care Gap diente die dritte repräsentative Zeitverwendungserhebung von 2012 und 2013 des Statistischen Bundesamtes. Insgesamt wurden über 5000 Haushalte an zwei Wochentagen und an einem Tag am Wochenende zu ihren täglichen Aktivitäten freiwillig schriftlich befragt. Der Gender Care Gap beruht auf Angaben von befragten Erwachsenen ab 18 Jahren.