Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Die Familienpflegezeit

Ein junges Paar steht schützend hinter einer alten Dame.
Die Familienpflegezeit berücksichtigt die Individualität jeder Pflegesituation © BMFSFJ

Derzeit sind in Deutschland rund 5 Millionen Menschen pflegebedürftig. Davon werden rund 84 Prozent zu Hause versorgt, meist von Angehörigen und nahestehenden Personen. Die Mehrheit der 7,1 Millionen pflegenden Angehörigen und Nahestehenden ist gleichzeitig erwerbstätig. Für die Familien bedeutet das oft eine große Herausforderung. Wenn zu Kindererziehung und Beruf die Pflege eines Familienmitgliedes kommt, benötigen pflegende Angehörige dringend Unterstützung und mehr zeitliche Flexibilität.

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, wurden die bestehenden Regelungen im Pflegezeit und im Familienpflegezeitgesetz miteinander verzahnt und weiterentwickelt. Hiermit verbunden ist insbesondere die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Familienpflegezeit, das heißt auf eine teilweise Freistellung von bis zu 24 Monaten bei einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden. Auf der Internetseite www.wege-zur-pflege.de können alle wichtigen Informationen dazu abgerufen werden.

Die Familienpflegezeit berücksichtigt die Individualität jeder Pflegesituation und besteht aus drei Säulen:

1. 10-tägige Auszeit im Akutfall mit Lohnersatzleistung

Schon zuvor konnten Beschäftigte eine zehntägige Auszeit von der Arbeit nehmen, wenn sie kurzfristig eine neue Pflegesituation für einen nahen Angehörigen organisieren müssen. Seit 1. Januar 2015 wird die zehntägige Auszeit mit einer Lohnersatzleistung - dem Pflegeunterstützungsgeld - verknüpft. Das Pflegeunterstützungsgeld wird bei der Pflegeversicherung der zu pflegenden Person beantragt und gibt Familien die Möglichkeit, sich im Akutfall um ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu kümmern, ohne sich um den Lohnausfall sorgen zu müssen.

2. Sechs Monate vollständige oder teilweise Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz mit zinslosem Darlehen

Beschäftigte haben einen Rechtsanspruch auf eine bis zu sechsmonatige teilweise oder vollständige Freistellung, wenn sie eine pflegebedürftige oder einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen (Pflegezeit). Darüber hinaus besteht Anspruch auf eine bis zu sechs Monate dauernde vollständige oder teilweise Freistellung für die auch außerhäusliche Betreuung von minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Ein Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung besteht auch für die Begleitung von nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase. Einen Anspruch auf Pflegezeit haben Beschäftigte gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten.

Beschäftigte, die sich nach dem Pflegezeitgesetz freistellen lassen, haben einen Anspruch auf Förderung durch ein zinsloses Darlehen. Dieses Darlehen zur besseren Abfederung des Lebensunterhalts kann direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden. Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und deckt grundsätzlich die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Beschäftigte können auch einen niedrigen Darlehensbetrag in Anspruch nehmen, wobei die monatliche Rate mindestens 50 Euro betragen muss.

3. Familienpflegezeit mit zinslosem Darlehen und Rechtsanspruch

Wer sich über einen längeren Zeitraum um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung kümmern muss, kann eine Freistellung nach dem Familienpflegezeitgesetz in Anspruch nehmen. Beschäftigte sind für die Dauer von bis zu 24 Monaten bei einer verbleibenden Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden hierfür teilweise freizustellen. Diese Freistellungsmöglichkeit gilt auch für die außerhäusliche Betreuung von minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Die Familienpflegezeit können Beschäftigte in Anspruch nehmen, die bei Arbeitgebern mit mehr als 25 Beschäftigten tätig sind.

Die Pflegezeit und die Familienpflegezeit können miteinander kombiniert werden, müssen aber unmittelbar aneinander anschließen. Die Gesamtdauer der Freistellungen beträgt höchstens 24 Monate.

Der Anspruch auf ein zinsloses Darlehen besteht auch bei der Familienpflegezeit. Es wird ebenfalls direkt beim BAFzA beantragt. Die zinslosen Darlehen müssen nach Ablauf der Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Raten zurückgezahlt werden. Das BAFzA kann bei Vorliegen einer besonderen Härte die Rückzahlung des Darlehens zum Beispiel auf Antrag stunden und so die Fälligkeit hinausschieben. Kündigungsschutz

Für Beschäftigte besteht von der Ankündigung - höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn - bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der genannten Freistellungen Kündigungsschutz.

Entlastung auch für Unternehmen

Auch die Wirtschaft wird durch das Gesetz entlastet, da das Darlehen nicht mehr über den Arbeitgeber in Abhängigkeit von der Aufstockung des Arbeitsentgelts aus einem Wertguthaben und über den Abschluss einer Familienpflegezeitversicherung gewährt wird. Mit der Regelung wird das zinslose Darlehen über das BAFzA direkt an die Beschäftigten ausgezahlt. Auch durch die vereinfachten Berechnungsregelungen zum Kinderkrankengeld sind Einsparungen für die Wirtschaft von rund zehn Millionen Euro im Jahr zu erwarten.

Die Mehrausgaben des Bundes für die Bereitstellung der zinslosen Darlehen sowie für die Absicherung des Kreditausfallrisikos werden durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend getragen.

Rechtsanspruch gilt für die Pflege von nahen Angehörigen

Der Rechtsanspruch auf Fernbleiben von der Arbeit wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung und auf alle Freistellungen besteht für "nahe Angehörige". Dies beinhaltet nicht nur die Pflege von Großeltern und Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartnern oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft, sondern gilt auch für Stiefeltern, Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Lebenspartner sowie für Partner in lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. Auch Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, Kinder, Adoptiv-oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie Schwieger- und Enkelkinder sind als nahe Angehörige anzusehen.

Gesamtdauer und partnerschaftliche Aufteilung von Pflege

Die Gesamtdauer aller Freistellungsmöglichkeiten beträgt zusammen höchstens 24 Monate. Es ist auch möglich, dass sich mehrere Angehörige die Pflege teilen - nacheinander oder parallel.

Ausführliche Informationen zu den Neuregelungen im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz finden Sie auf dem Informationsportal www.wege-zur-pflege.de.