Sehr geehrte Frau Staatsministerin (Stewens),
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister (Maly),
sehr geehrter Herr Präsident Dr. Neher (Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege),
sehr geehrter Herr Nachtigal (Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation),
sehr geehrter Herr Nürnberger (Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation),
sehr geehrte Damen und Herren,
Lassen Sie mich den Begriff der Werte gerne aufnehmen, ihn aber in einen doppelten Zusammenhang innerer und äußerer Werte stellen.
Werte wahren und sie verinnerlichen sind ein innerer Kompass auf dem Weg durch das Leben. Orientierung, Maßstab und Halt zugleich. In einer schier grenzenlosen Welt mit unendlichen Möglichkeiten muss dieser Kompass aber auch immer wieder geeicht und justiert werden. Dann bietet er jungen Menschen einen sicheren Weg und eine gute Navigation auf diesem Weg. Er schafft Perspektiven und eröffnet Chancen.
Voraussetzung hierfür sind jedoch kluge und gute Investitionen, das heißt, wir müssen Kindern und Jugendlichen eine gute Erziehung und Ausbildung geben. In Soziales Investieren heisst deshalb auch: In Familie investieren! Nur dann werden wir auch einen Mehrwert erzielen, nämlich eine zukunftsfähige Gesellschaft mit stabilen sozialen Beziehungen, eigenverantwortlichen und selbstständigen Persönlichkeiten.
Mit Ihrem Kongress "In Soziales investieren - Mehr Werte schaffen" verfolgen Sie dieses anspruchsvolle und zugleich wichtige Ziel. Ich freue mich, dass Sie dieses Tagungsthema gewählt haben, damit geht auch die dringend notwendige öffentliche Debatte über Werte weiter. Und ich danke Ihnen, dass Sie mir die Gelegenheit geben, hierzu einen Beitrag aus familienpolitischer Sicht zu leisten.
Werte müssen, wenn sie nachhaltig verankert werden sollen, gelebt werden. Und wir müssen uns in einer Welt, in der sich vieles kontinuierlich ändert und auch viele Menschen verunsichert sind, immer wieder neu mit diesem Thema auseinandersetzen. Werte kommen nicht automatisch und wir können sie nicht bei Bedarf einfordern. Werte sind nicht zufällig und sie sind nicht beliebig.
Motoren für Wachstum und Beschäftigung, Wohlergehen und Zufriedenheit sind neben einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen auch Teilhabe und der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Eine zukunfts- und werteorientierte Politik bewegt sich im Spannungsfeld von Veränderungsnotwendigkeit und Veränderungsbereitschaft zur Modernisierung. Sie fragt immer auch danach, was wir bewahren wollen und wie wir das unter modernen Bedingungen können und was uns wichtig ist.
Verantwortung, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft, Verlässlichkeit, Fürsorge, Engagement - das sind wichtige traditionelle Werte, die verbinden und die überall, sei es in der Partnerschaft, in der Familie, im Beruf oder auch im Ehrenamt, gebraucht werden. Diese Werte werden zunächst in der Familie vermittelt. Eltern erziehen Kinder und betreuen pflegebedürftige Angehörige. Sie pflegen verlässlich Zusammenhalt und Humanvermögen und sichern damit Teilhabe und Lebensqualität. Sie investieren aber auch nennenswerte Geldbeträge und engagieren sich freiwillig.
Die Geburtenraten und die Entwicklungen in der Kinder- und Jugendhilfe zeigen uns aber auch deutlich, dass diese Leistungen heute nicht mehr selbstverständlich erbracht werden.
Familienleben in Deutschland ist vor dem Hintergrund des demografischen und sozialen Wandels mit besonderen Herausforderungen verbunden. In einer recht kurzen Lebensphase - der 7. Familienbericht spricht von der Zeit zwischen 27 und 34 bis 35 Jahren - bündeln sich in Deutschland ganz viele wesentliche Entscheidungen: Der Ausbildungsabschluss, der Berufseinstieg, oft schon verbunden mit der Entscheidung über zukünftige Karrierechancen, die Entscheidung für einen Lebenspartner und die Entscheidung für Kinder. Das Dilemma der Rushhour des Lebens.
Immer weniger Menschen sind bereit, sich auf das Abenteuer Familie einzulassen. In Deutschland werden so wenige Kinder geboren wie in keinem anderen vergleichbaren europäischen Land. Die Familiengründung wird immer weiter nach hinten verschoben - oftmals zu lange. Nicht nur die Kinderzahlen, auch die Kinderwünsche sind betroffen. Jede siebte Frau und sogar jeder vierte Mann in Deutschland können sich heute vorstellen, auf Dauer kinderlos zu bleiben - das ist ein alarmierender Spitzenwert in Europa. Obwohl: die neuesten Zahlen des Eurobarometers aus dem Jahr 2006 lassen eine Trendumkehr erwarten, die Debatten und Aktivitäten scheinen Wirkung zu zeigen, positive Signale sind am Horizont erkennbar.
Familienförderung wurde in der Vergangenheit weitgehend reduziert auf monetäre Leistungen, die unübersichtlich und mit wenig Bezug zu den gesellschaftlichen Entwicklungen von Familien ausgereicht werden. 145 Maßnahmen sind es heute mit einem jährlichen Gesamtvolumen von 184 Milliarden Euro (2005). Der Großteil geht in Transfers und in steuerliche Entlastung. Deutschland liegt damit in der EU im oberen Drittel bei den finanziellen Aufwendungen.
Hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Leistungen sieht es in Deutschland nicht so gut aus. Andere Länder mit ähnlichen Voraussetzungen erreichen mit vergleichbaren finanziellen Mitteln, aber mit anderen Akzenten mehr:
- Es werden mehr Kinder als bei uns geboren.
- Es gibt eine geringere Familienarmut.
- Es gibt ausweislich der Erwerbsquoten eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
- Die Väter haben in einer effizienten Arbeitswelt mehr Zeit für Kinder.
- Die Kinder schneiden im Bildungsbereich besser ab.
Lange haben wir die Veränderungen in den Lebensplanungen und Lebenswelten junger Menschen ignoriert, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Gerade in den letzten 40 Jahren haben sich die Lebenswege junger Menschen dramatisch verändert. In den 70-er Jahren war eine von fünf Studierenden eine Frau, heute sind es die Hälfte.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für die Mehrzahl junger Frauen und Männer zu einem angestrebten Modell geworden, was sich in der Realität jedoch nur wenig leben lässt und an Grenzen stößt. Junge Menschen müssen sich angesichts der fehlenden Rahmenbedingungen zu oft zwischen Beruf und Familie entscheiden und stecken damit in einem Dilemma.
Familien werden kleiner und bunter. Mehrkindfamilien nehmen zahlenmäßig immer weiter ab, Familienformen verändern sich. Obwohl die traditionelle Normalfamilie mit Vater, Mutter, Kind die mit Abstand häufigste Lebensform bleibt, wächst die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in alternativen Lebensformen (alleinerziehend und in Lebenspartnerschaften) aufwachsen. 23 Prozent der Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren und fast 30 Prozent aller Kinder (rund 200.000) kamen 2005 außerehelich zur Welt.
Wenn Familie das Fundament der Gesellschaft sein soll, müssen Kinder auch spüren, dass sie willkommen sind. Und das darf sich nicht auf politische Maßnahmen beschränken, sondern muss sich auch konkret im Alltag zeigen, sei es beim Wohnen, beim Einkaufen, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an anderen Orten. Eine kürzlich von Allensbach in Deutschland und Frankreich durchgeführte Studie bringt es auf den Punkt. 80 Prozent der Franzosen sagen: Wir sind ein kinderfreundliches Land. Aber nur 25 Prozent der Deutschen sagen das Gleiche von Deutschland.
Ich ergänze eine weitere Vergleichszahl, die zeigt, wie eng Einstellungen und Rahmenbedingungen verknüpft sind. 62 Prozent der Französinnen sagen, dass sich Beruf und Familie gut miteinander verbinden lassen. Nur 22 Prozent der deutschen Frauen beurteilen die Situation in unserem Land so positiv. Dabei ist längst klar: Kinder und Familie sind Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung, Innovation und Zukunftsfähigkeit und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wir spüren bereits jetzt, was es bedeutet, wenn weniger Kinder nachwachsen. Sie fehlen als Eltern und auf dem Arbeitsmarkt.
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft begreifen erst allmählich, dass die wirtschaftliche Entwicklung, die Entwicklung des Arbeitsmarktes und damit die Entwicklung der Lebensbedingungen für die Menschen in unserem Land untrennbar mit den Chancen, Familie zu leben und jungen Menschen ein gutes werteorientiertes Aufwachsen zu ermöglichen, verbunden sind. Dabei wünschen sich die meisten Menschen eine Familie und leben gern in Familie. Die aktuellste Shell-Jugendstudie 2006 belegt, dass sie in den Lebenswünschen junger Menschen absolute Priorität genießt.
Junge Menschen wollen, können, sollen und müssen ihr Leben heute stärker selbst in die Hand nehmen und selbst gestalten. Dies gilt für die Familie ebenso wie für Ausbildung und Beruf. Mehr Freiheit und mehr Eigenverantwortung auf der einen Seite müssen aber auf der anderen Seite auch verbindende gemeinsame Werte und damit haltende Strukturen gegenüberstehen.
Wir müssen die Lebensrealität und die Wünsche junger Menschen, wie sie heute leben wollen, ernst nehmen und die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Dann werden sie sich binden, vom Kompass zu Zielen leiten lassen und Verantwortung übernehmen. Und dann können auch die Werte in einer modernen Gesellschaft, in einer globalisierten und sich ständig verändernden Welt gelebt werden. Umgekehrt wird es nicht funktionieren.
Familie schafft Werte und gibt Werte weiter. Deshalb stellen wir Familien in den Mittelpunkt unserer Politik. Unser Motto: mehr Kinder in die Familie und mehr Familie in die Gesellschaft.
Und wir verfolgen hierbei einen abgestimmten Mix aus verschiedenen Maßnahmen: Familien brauchen erstens eine gezielte finanzielle Förderung, gerade in Phasen, in denen das Geld besonders knapp ist, d.h. Einkommenssicherheit mit Kindern. Deshalb haben wir zum auf Bundesebene das Elterngeld eingeführt. Es unterstützt Familien in der wirtschaftlich schwierigen Siituation direkt nach der Geburt eines Kindes, indem es Einkommenseinbrüche ausgleicht. Mit dem Elterngeld schließen wir an die familienpolitisch erfolgreichen Länder an und haben wesentliche Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschaffen. Und erste Ergebnisse zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die neue Leistung wird angenommen. Fast alle Familien in Deutschland, die in diesem Jahr ein Kind bekommen haben, beantragen das Elterngeld.
Besonders erfreulich ist die hohe Akzeptanz des Elterngeldes bei den Vätern. Seit Einführung des Elterngeldes haben fast drei Mal so viele Väter wie bisher bereits Elternzeit genommen, der Bundesdurchschnitt liegt bei 8,5 Prozent - vor Einführung des Elterngeldes lag er 3,5 Prozent. Und 34 Prozent der jungen Väter des Jahres 2007 beabsichtigen, Elternzeit zu nehmen. Diese Entwicklung ist sehr positiv, denn es wird Männern wie Frauen ermöglicht - zumindest besser als vorher -, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen frei zu gestalten und eine gute Balance im Dreieck zwischen Beruf, Familie und Partnerschaft zu finden.
Die Wahlfreiheit für Eltern darf aber mit Ablauf des Elterngeldes, also nach dem ersten Lebensjahr des Kindes, nicht enden. Die Dynamik des Elterngeldes muss durch eine bedarfsgerechte Infrastruktur für frühkindliche Förderung und Bildung aufgenommen werden.
Die ideologisch geführte Debatte, ob eine Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen sinnvoll ist und angeboten werden soll, haben wir endlich hinter uns gelassen (bis auf wenige Ausnahmen). Dabei wurde lange Zeit verkannt, dass es hierbei nicht nur um bessere Möglichkeiten für Mütter und Väter geht, Beruf und Familie zu vereinbaren. Es geht insbesondere um die Frage, wie wir starke und tüchtige Persönlichkeiten heranbilden können, die sich etwas zutrauen. Hierzu gehört auch - ergänzend und zur Stärkung der Familie - eine gute Infrastruktur für gezielte Förderung der Kinder von Anfang an.
Dabei müssen wir auch im Blick haben, dass heute jedes dritte Kind unter sechs Jahren einen Migrationshintergrund hat und jedes dritte Kind bis fünf Jahre ohne Geschwister aufwächst.
Ich wiederhole: Teilhabe und Zusammenhalt wächst mit starken Familien, indem wir mit entsprechenden Infrastrukturangeboten und auch gerade mit neuen Infrastrukturen Familien stark machen.
Fakt ist: In den westlichen Bundesländern steht derzeit für nur 9 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Kinderbetreuungsplatz zur Verfügung. Das ist keine Wahlfreiheit, sondern ein deutlicher Mangel.
Umso mehr ist Freude angesagt, dass sich Bund, Länder und Kommunen mit ihrem Beschluss zum Ausbau der Betreuungs-angebote für Kinder unter drei Jahren gemeinsam auf den Weg gemacht haben und dass jetzt auch die Finanzierung unter maßgeblicher Beteiligung des Bundes steht. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Politik findet die Zustimmung bei der breiten Mehrheit der Bevölkerung.
Bis spätestens 2013, so die Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Kommunen, werden rund 750.000 Betreuungs-plätze - Einrichtungen und Tagespflege nach dem individuellen Bedarf - für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung gestellt. Damit werden Angebote geschaffen, die junge Eltern vor Ort bereits seit langem nachfragen und die ein Stück mehr Lebensqualität und in der Zwischenzeit auch einen wichtigen Standortvorteil für jede Stadt und Gemeinde darstellen.
Investitionen in mehr Familienfreundlichkeit lohnen sich. Sie sind profitabel und lassen die Stärke von Familie sichtbarer werden in unserer Gesellschaft. Denn:
- wir wollen Menschen Mut machen, ihre Kinderwünsche zu verwirklichen,
- wir wollen die Kinderarmut dauerhaft reduzieren,
- wir wollen ihre Teilhabe an frühkindlicher Bildung sichern und
- wir wollen jungen Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf erleichtern.
Es war und ist uns wichtig, keine Finanzierung für Familien zu Lasten anderer Familien durchzusetzen. Deshalb haben wir uns dafür eingesetzt, dass die Kinderbetreuung nicht zu Lasten des Ehegattensplittings oder durch eine Kürzung des Kindergeldes finanziert wird. Das würde bedeuten "Linke Tasche - rechte Tasche", aber keine Stärkung und nicht mehr Teilhabe und Zusammenhalt, sondern die Spaltung von Familie, indem die eine Gruppe der Familien die andere Gruppe finanziert - sicherlich kein Maßstab für die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung.
Genauso wichtig wie mehr Kinderbetreuung ist aber auch gute Kinderbetreuung. Wie gestalte ich eine enge Zusammenarbeit der Tagesmütter, der Krippen und Kitas mit den Eltern? Wie schaffen wir nachhaltige Bildungskonzepte für die ersten zehn Lebensjahre eines Kindes?
Je jünger das Kind, desto besser muss die Qualität der Erziehung sein. Wir müssen für Erzieher und Tagesmütter Chancen für mehr Fort- und Weiterbildung schaffen. Damit stärken wir Erziehungsfähigkeit und Erziehungsverantwortung.
Beim qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung setzt das Bundesfamilienministerium den Schwerpunkt auf familiennahe Angebote und eine plurale Betreuungslandschaft. Über die jetzt anstehende Novellierung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes hinaus ist ein Aktionsprogramm Kindertagespflege geplant. Ziele dieses Aktionsprogramms sind:
- die Stärkung der Rolle der Eltern durch Optimierung des Vermittlungsprozesses;
- die Erweiterung des Personalangebotes für die Kindertagespflege;
- die Sicherung und Verbesserung der Qualität der Kindertagespflege sowie
- der Ausbau und die Verbesserung der Infrastruktur der Kindertagespflege.
Darüber hinaus wollen wir mit einer Qualitätsoffensive zur frühkindlichen Förderung in Kindertageseinrichtungen Impulse setzen dafür,
- dass zur Herstellung von Chancengleichheit eine optimale Förderung aller Kinder von Anfang an erfolgt,
- dass die pädagogische Qualität durch einen Orientie-rungsrahmen für gute Fachpraxis verbessert wird,
- dass Qualitätsfeststellungsverfahren entwickelt werden,
- dass die Vernetzung und Kooperation verbessert wird.
Entscheidend für eine gute Kinderbetreuung ist, dass wir von Anfang an für jedes Kind eine gute Bildung ermöglichen, und zwar unabahängig von seiner sozialen Herkunft. Nur wenn auch die Qualität der Kinderbetreuung stimmt, werden wir mit dem Ausbau Erfolg haben.
Des Weiteren ist wichtig, dass die Kinderbetreuung und die Familie durch andere familienunterstützende Angebote offen und zugehend begleitet werden. Dazu gehören zum einen Vereine, Verbände und Initativen der Zivilgesellschaft aber auch unsere Stiftungen und Kirchengemeinden.
Die sozialen Netze der Großfamilie und der Nachbarschaft fallen vermehrt weg. Wir brauchen deshalb auch neue Orte, an denen gemeinsame Werte, Zusammenhalt und Teilhabe unter neuen Bedingungen gelebt werden können und stark machen. Ein Beispiel hierfür sind die Mehrgenerationenhäuser.
Bis zum Ende des Jahres 2007 sollen 500 Mehrgenerationenhäuser in das Aktionsprgramm Mehrgenerationenhäuser aufgenommen worden sein - in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt mindestens eine Einrichtung. Der Bund finanziert dieses Programm jetzt und in den nächsten Jahren mit über 130 Millionen Euro. 40 Millionen Euro gehen davon in Häuser, die wir mit Unterstützung des Europäischen Sozialfonds fördern - der Bund ergänzt die ESF-Förderung in Höhe von 23,8 Millionen Euro hier mit der vorgeschriebenen Komplementärfinanzierung von 40,5 Prozent, also 16,2 Millionen Euro.
Eine laufende Wirkungs- und Erfolgssteuerung stellt sicher, dass sich alle Einrichtungen zu Informations- und Dienstleistungszentren - familienunterstützend und generationenübergreifend - entwickeln, die sich an den Bedürfnissen und Lebenslagen der Menschen vor Ort orientieren und aktiv die Generationsbeziehung unabhängig von der früheren Großfamilie mit Verwandten und Anverwandten gestaltet. Hier werden professionell organisierte Angebote mit ehrenamtlich erbrachten Leistungen zusammengebracht, die das Potenzial der familiären Netzwerke in eine neue Form übertragen und die Zivilgesellschaft stärken. Und auch hier werden Werte eines guten Miteinanders gelebt. Jeder kann was, was ein anderer braucht: Erfahrung, Wissen, Kraft, Zeit oder eine nützliche Idee.
Mehrgenerationenhäuser bieten damit eine starke Leistung für jedes Alter.
Ich betone noch einmal, es reicht natürlich niemals allein aus, nur die Infrastruktur zu schaffen. Entscheidend ist, was in den Einrichtungen stattfindet und was durch äußere und innere Einflüsse geprägt in der Familie geschieht.
Deshalb haben wir uns mit unserer Bündnisinitiative "Verantwortung Erziehung" für die nächsten zwei Jahre vier Schwerpunkte gesetzt.
- Wir wollen die Erziehung in den Familien durch wertebezogene Angebote der Familienbildung und Beratung stärken.
- Wir wollen die Qualität der Erziehung in der Kindertagesbetreuung durch eine stärkere Berücksichtigung werteorientierter Aspekte verbessern.
- Wir wollen die Vernetzung von Kinderbetreuung und Familie stärker fördern. Zunächst einmal, weil wir voneinander profitieren können, aber auch um diejenigen Eltern zu erreichen, die traditionelle Hilfs- und Unterstützungsangebote von sich aus nicht in Anspruch nehmen.
- Wir wollen Eltern mit Migrationshintergrund verstärkt ansprechen, um sie stärker auch als Brückenbauer zu gewinnen bei der Aufgabe, Werte zu vermitteln, in der Balance von Herkunftsland und Lebensland, damit andere den Mut finden, die Brücken zu begehen.
Wir haben uns vorgenommen, die Ergebnisse Ende 2008 in Form einer Erziehungscharta öffentlich vorzustellen.
Finanzielle Förderung von Familien und eine bessere Infrastruktur reichen aber allein nicht aus, wenn wir die Perspektive Zeit - Zeit für und mit Kindern - vernachlässigen. Auch Vorgesetzte und Personalverantwortliche müssen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mitwirken.
Wer Fluktuationen vermeiden und gut ausgebildete Arbeitskräfte halten will, muss investieren:
- in flexible Arbeitszeiten;
- in besseren Service für Familien;
- in Angebote von betrieblicher Kinderbetreuung.
Der Unternehmensmonitor 2006 hat gezeigt, dass sich hier in den Unternehmen bereits viel bewegt. Viele Unternehmen haben erkannt, dass motivierte, leistungsbereite und zufriedene Mitarbeiter auch gute Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf einfordern. Eine gute Vereinbarkeitspolitik schafft Zufriedenheit und Stärke in der Familie und starke Familien prägen starke Mitarbeiter.
Trotz der positiven Schritte ist eine familienbewusste Personalpolitik als fester Bestandteil der Unternehmenskultur in vielen Unternehmen bislang immer noch zu wenig entwickelt. Deshalb hat mein Haus das Unternehmensprogramm "Erfolgsfaktor Familie" gestartet. Mit diesem Programm unterstützen wir Betriebe bei der Umsetzung familienfreundlicher Maßnahmen mit Modellrechnungen, praxisnahen Leitfäden und Erfolgsbeispielen. Im zugehörigen Unternehmensnetzwerk sind mittlerweile 1.000 Unternehmen als Mitglieder registriert, die sich zu einer familienbewussten Personalpolitik bekennen und voneinander lernen. Ziel ist es, Familienfreundlichkeit zu einem Markenzeichen der deutschen Wirtschaft zu machen.
Schwerpunkte werden in den nächsten Monaten unter anderem der berufliche Wiedereinstieg nach der Elternzeit, Familienfreundlichkeit als Instrument im Personalmarketing sowie das von uns mit 50 Millionen Euro geförderte Modell betrieblicher Kinderbetreuung sein.
Ein weiterer Schwerpunkt ist der Unternehmenswettbewerb "Erfolgsfaktor Familie 2008", den das Bundesfamilienministerium am 22. Oktober gestartet hat. Gemeinsam mit Schirmherrin Bundeskanzlerin Angela Merkel werden im Mai nächsten Jahres die familienfreundlichsten Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet.
Gemeinsam ist uns allen die Überzeugung, dass die Gesellschaft starke Familien für ihren Zusammenhalt und für ihre Zukunft braucht. Die Familien wiederum brauchen starke Partner und Verbündete, die sie im Alltag unterstützen und auf die sie sich verlassen können, damit die stabilste soziale Beziehung in unserer Gesellschaft stabil bleibt. Eine segensreiche aber auch notwendige Allianz für die Zukunftsfgähigkeit unserer Gesellschaft.
Investitionen in Familie und in eine gute Erziehung und Bildung unserer Kinder sind keine Einbahnstraße, sondern ein Erfolgsfaktor. Sie lohnen sich, weil leistungsfähige und starke Erwachsene jetzt und werdende Erwachsene später immer wieder ihre Kompetenzen, Erfahrungen und Potenziale in Gesellschaft und Wirtschaft einbringen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir an diesem Erfolg auch in Zukunft weiter gemeinsam arbeiten!
Lassen Sie mich den Titel des Vortrags zum Schluss noch einmal ein wenig abwandeln: Starke Familien - Synonym für Werte, Teilhabe und Perspektive. Zusammenhalt - Maßstab und Erfolg für Wohlstand und Lebensqualität.