Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
ich freue mich über die Einladung zu dieser Ausschusssitzung und die Gelegenheit, Ihnen heute die Schwerpunkte des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in den Bereichen Jugend und Zivilgesellschaft während der deutschen Ratspräsidentschaft vorstellen zu können. Es ist mir aber auch grundsätzlich ein Anliegen, mit Ihnen in Dialog zu treten, denn mir ist eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament sehr wichtig - nicht nur in Zeiten der deutschen Ratspräsidentschaft.
Ich möchte beginnen, mit einem Thema, das mir besonders am Herzen liegt: Die soziale und berufliche Integration Jugendlicher, insbesondere benachteiligter Jugendlicher. Dies ist aus meiner Sicht gegenwärtig eine der dringendsten jugendpolitischen Aufgaben der Gemeinschaft, der wir uns daher auch vorrangig widmen werden. Die Deutsche Präsidentschaft hat im Jugendbereich gemeinsam mit Portugal und Slowenien die "soziale und berufliche Integration junger Menschen" in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten der ersten 18-monatigen Teampräsidentschaft gestellt. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass wir uns intensiv und über einen längeren Zeitraum hinweg mit diesem - nicht nur für die Jugendlichen selbst, sondern auch für die Zukunft der Gemeinschaft - so bedeutsamen Thema auseinandersetzen können. In den kommenden Monaten unserer Teampräsidentschaft wird es vor allem darum gehen, dem Europäischen Jugendpakt und seiner Umsetzung in den Mitgliedstaaten die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Mit dem Leitmotiv unserer deutschen Ratspräsidentschaft im Jugendbereich "Gleiche Chancen und gesellschaftliche Beteiligung für alle Kinder und Jugendlichen" werden wir insbesondere die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Pakt und seine konsequente Umsetzung vorantreiben. Wir wollen vor allem Überlegungen anstoßen, wie seine weitere Umsetzung auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene verstärkt werden kann und wie eine zentrale Rolle der Jugendpolitik hierbei aussehen kann. Hierzu bereitet die deutsche Präsidentschaft einen Beitrag des Jugendrats im Rahmen der Lissabon-Strategie vor. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei der kommunalen Ebene. Dort entscheidet sich, ob die Paktinitiative die intendierte Wirkung für die Jugendlichen entfaltet. Wir brauchen in Zukunft einen vertieften Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Es ist notwendig, dass die Praktiker aus den Kommunen - noch stärker als bisher - die Gelegenheit erhalten, sich ihre Integrationsstrategien gegenseitig vorzustellen, um voneinander lernen zu können. Dabei müssen wir unter anderem klären, wie man junge Menschen noch besser unterstützen kann, die Übergänge zwischen Schule, Ausbildung und Berufsleben zu bewältigen. Ein Erfolg versprechender Weg scheint mir darin zu liegen, maßgeschneiderte "Integrationspfade" ins Berufsleben zu entwickeln. D.h. wir müssen sowohl die Kompetenzen als auch die Schwächen des einzelnen "sozial benachteiligten" jungen Menschen kennen und darüber hinaus die jeweiligen lokalen Rahmenbedingungen berücksichtigen, wenn wir mit unseren Angeboten erfolgreich sein wollen. Die sektorübergreifende Förderung junger Menschen ist eine Schlüsselaufgabe, die maßgeblich zur Zukunftssicherung und Weiterentwicklung auf allen Ebenen beiträgt - auf lokaler, regionaler, nationaler und der europäischen Ebene.
Nur wenn es uns dauerhaft gelingt, die Potenziale junger Menschen optimal zu unterstützen und zu nutzen, werden wir auch bei der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung erfolgreich sein. Wir wollen aber auch schon jetzt den Blick noch weiter nach vorne richten. Welche Aufgaben werden sich im Jugendbereich in Zukunft stellen und wie wollen wir ihnen begegnen? Die deutsche Präsidentschaft wird auf der Basis dieser Frage im Februar im Jugendrat einen Gedankenaustausch zu künftigen Perspektiven der jugendpolitischen Zusammenarbeit in Europa anregen. Ziel ist, wenn Sie so wollen, eine Selbstvergewisserung, was die EU jugendpolitisch künftig bewegen und bewirken will und kann. Für den Jugendrat im Mai bereiten wir eine Entschließung zum Thema "Gleiche Chancen und soziale Integration für alle Kinder und Jugendlichen" vor. Auch unser Präsidentschafts-Jugendevent, das im April in Köln stattfindet und zu dem über 100 junge Menschen aus ganz Europa eingeladen sind, wird sich diesem Thema widmen.
In diesem Zusammenhang ist auch der Dialog der Kulturen, das respektvolle Zusammenleben und Miteinander ein ausgesprochen wichtiges Thema. Wir müssen m.E. dabei vor allem die große Zahl von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund besser in den Blick nehmen. Ich möchte dazu nur eine Zahl nennen: in Deutschland hat jedes 3. Kind unter 6 Jahren einen Migrationshintergrund. Diese Kinder werden in einigen Jahren die Zukunft der Europäischen Union mitgestalten. Wir müssen deshalb jetzt dafür sorgen, durch frühkindliche Bildung und gute Betreuungsangebote, dass sie in Zukunft ihre Fähigkeiten und Talente entfalten können. Das Europäische Jahr des Interkulturellen Dialogs 2008 wird uns dabei helfen, auf diesem Gebiet aber auch im gesamtgesellschaftlichen Prozess des interkulturellen Miteinanders voranzukommen. Der hervorragenden Arbeit der finnischen Präsidentschaft sowie der guten Zusammenarbeit und dem großen Engagement des Europäischen Parlaments ist es zu verdanken, dass die frühzeitige Verabschiedung im Dezember 2006 nun genügend Zeit für eine gute Vorbereitung des Jahres lässt.
Ich begrüße neben den Zielsetzungen dieses Jahres auch insbesondere, dass eine große Anzahl von anderen Förderprogrammen, so auch das Jugend- sowie das Bürgerprogramm, für Maßnahmen mit interkulturellem Bezug geöffnet wurden. Das Jahr wird sich zu einem wichtigen Instrument für die Bewusstseinsstärkung in diesem Bereich entwickeln insbesondere auch unter jungen Menschen entwickeln. Auch sollte es uns darum gehen, wesentliche Ergebnisse des Europäischen Jahrs der Chancengleichheit 2007 in die Umsetzung des interkulturellen Jahrs einzubeziehen, da beide Jahre erhebliche Schnittmengen im Blick auf die Förderung eines guten Zusammenlebens der Bürgerinnen und Bürger in Europa haben.
Ebenfalls ist es der guten Arbeit der finnischen Präsidentschaft und der guten Zusammenarbeit und dem großen Engagement des Europäischen Parlaments zu verdanken, dass das Programm "Europa für Bürgerinnen und Bürger" zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft (2007-2013) zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist. Mit dem Beschluss des Europäischen Parlamentes und des Rates ist es gelungen, einen fließenden Übergang zum Vorgängerprogramm - dem Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Förderung einer aktiven europäischen Bürgerschaft (Bürgerbeteiligung) 2004-2006 - zu erreichen.
Durch die Förderung einer Vielzahl von Projekten, insbesondere auch grenzüberschreitenden Begegnungen von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen von Städtepartnerschaften, Konferenzen und Workshops und durch die Unterstützung bewährter europäischer Institutionen wird es gelingen, Europa seinen Bürgern und Bürgerinnen näher zu bringen. Ich bin davon überzeugt, dass es uns während unserer Präsidentschaft gelingt, Impulse zu setzen in all den genannten Bereichen und die europäische Zusammenarbeit zu stärken. Dafür brauchen wir auch Ihre Unterstützung. Vielen Dank!