Berlin Manuela Schwesig zu 25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Kinder und Jugendliche,
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
Sehr geehrter Herr Pols,
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Kinderrechte-Organisationen,
Sehr geehrte Damen und Herren, 

I.

herzlich willkommen zum Fest der Kinderrechte hier inmitten des Regierungsviertels - im TIPI am Kanzleramt. Genau hier gehören Kinderrechte hin: Ins Zentrum der Politik.

Die UN-Kinderrechtskonvention sorgt dafür, seit 25 Jahren. Kinderrechte sind verbindlich vereinbart. Die Staaten sind zur Umsetzung verpflichtet. Die Politik ist seit 25 Jahren dem Wohl der Kinder noch einmal auf besondere, rechtlich bindende Weise verpflichtet.

Dieses Jubiläum ist ein Grund, eine Zwischenbilanz zu ziehen und einen Ausblick zu wagen. Es ist aber auch ein Grund zu feiern. Die Standards zu betonen, die die Kinderrechtskonvention gesetzt hat. Die Fortschritte, die wir gemacht haben. Und die Konvention als gute Grundlage für eine Politik, die Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglicht.

Zu einem Fest für Kinderrechte gehören unbedingt Kinder! Deshalb freue ich mich sehr, dass ihr hier seid: Liebe Jungen und Mädchen, herzlich Willkommen!
Ich freue mich über die Schulklassen, die heute nach Berlin gekommen sind.

Ich begrüße auch die Kinder- und Jugendgruppen der Organisationen, die sich für Kinderrechte einsetzen. Schön, dass Ihr hier seid!
Ihr habt zwei wichtige Dinge mitgebracht: Eine eigene Meinung zu Kinderrechten - und den Mut, diese Meinung hier mit mir und anderen zu diskutieren. Das ist super, denn so lerne ich, was ihr denkt – und diejenigen, die sich im Parlament, in Verbänden und Vereinen oder wo auch immer für die Verwirklichung der Kinderrechte einsetzen, lernen gleich mit.

Was uns alle beschäftigt, ist eine Frage: Wie schaffen wir es, jedem Kind ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen?
Darum geht es in der Kinderrechtskonvention.

II.

Die Konvention ist eine Liste der Rechte von Kindern, auf die sich die meisten Staaten der Welt einigen konnten. Es war nicht einfach, eine gemeinsame Liste zu finden. Die kulturellen und gesellschaftlichen Ansichten über die Rechte von Kindern sind sehr verschieden. Daher war es ein großer Erfolg, dass sich die Staaten am Ende dennoch auf eine große Anzahl von Kinderrechten einigen konnten.

Seit diesem Erfolg hat sich viel verändert:

  • Kinder werden als vollwertige Träger eigener Rechte angesehen.
  • Kinder haben Anspruch auf Bildung, Schutz vor Gewalt, Beteiligung, Meinungsäußerung, Gesundheitsversorgung und vieles mehr.
  • Das Wohl der Kinder wurde als zentraler Maßstab festgelegt.

In diesem Jahr haben zwei Menschen den Friedensnobelpreis bekommen, weil sie sich für Kinderrechte eingesetzt haben. Darunter auch die 17-jährige Malala Yousafzai. Sie hat in ihrer Heimat Pakistan das Recht von Kindern auf Bildung eingefordert. Fanatische Extremisten haben sie deshalb fast umgebracht.

Doch Malala weiß, auch Dank der Kinderrechtskonvention, dass sie im Recht war – und kämpft weiter.

Wir müssen heute nicht mehr darüber streiten, welche Rechte die Kinder haben. Dafür sorgt nicht zuletzt die Kinderrechtskonvention. Aber dadurch, dass man Rechte festschreibt, sind diese Rechte nicht automatisch gleich verwirklicht. Im Mittelpunkt der heutigen Diskussion steht deshalb, wie wir Kinderrechte am besten umsetzen. Und da dürfen wir auch in Deutschland nicht arrogant sein und so tun, als ob alle Kinderrechte für alle Kinder eingelöst sind.

Daher stelle auch ich die Rechte von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund – als Richtschnur für eine gute Kinder- und Jugendpolitik: Ich möchte gute Bildung für alle von Anfang an. Dazu brauchen wir gute Krippen und Kindergärten.
Ich möchte Kinder schützen, wenn Eltern überfordert sind oder wenn ihnen irgendjemand Gewalt antun möchte.
Ich setze mich für eine familienfreundliche Gesellschaft ein, damit Kinder und Jugendliche in starken Familien aufwachsen können.
Ich möchte Kinder und Jugendliche an Politik beteiligen, wenn es um ihre Belange geht.
Und mir ist wichtig, die Situation von Flüchtlingskindern in Deutschland zu verbessern. Sie müssen medizinisch versorgt werden, Zugang zu Bildung haben und so wohnen, dass sie sich wohl fühlen.

III.

Das alles sind Beispiele, wie Kinder- und Familienpolitik zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention beiträgt.

Alle 10 Jahre berichten wir den Vereinten Nationen, welche Fortschritte wir gemacht haben. Die Leute, die das kontrollieren, haben ihr Büro in Genf in der Schweiz: der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen. Dieser Kinderrechtsausschuss liest unseren Bericht und bewertet ihn. Vieles, was die Bundesregierung für die Kinder in Deutschland macht, fanden die Ausschussmitglieder gut. An anderen Stellen hatten sie Verbesserungsvorschläge. Zum Beispiel haben sie eine unabhängige Stelle vorgeschlagen, die kontinuierlich sagt, wo es etwas zu verbessern gibt. Das nennt man Monitoring-Stelle. Ich finde, das ist eine gute Idee und deshalb richte ich eine solche Stelle ein.

IV.

Außerdem setze ich mich dafür ein, dass die Kinderrechte ausdrücklich ins Grundgesetz aufgenommen werden. Das Grundgesetz legt die wesentlichen Werte in unserem Staat fest und steht über allen anderen Gesetzen. Ich finde es nicht in Ordnung, dass in unserem wichtigsten Wertebuch die Kinderrechte fehlen.

Aber ich kann nicht einfach bestimmen, dass die Kinderrechte ins Grundgesetz kommen. Dafür brauche ich eine breite Mehrheit in der Politik und der Gesellschaft. Für diese Mehrheit werbe ich: Das wäre noch einmal ein starkes Signal für die Geltung der Kinderrechte in Deutschland. Kinderrechte sind doppelt so wirksam, wenn Kinder und Jugendliche ihre Rechte selbst einfordern können.

Dazu müssen Kinder ihre Rechte aber kennen. Darum freue ich mich sehr darüber, dass wir heute - druckfrisch - eine neue Kinderrechte-Broschüre veröffentlichen können. Wir haben sie gemeinsam mit dem ZDF entwickelt, speziell für Kinder. Wir haben Euch eine Broschüre in die Tasche gesteckt, die Ihr am Eingang bekommen habt! Lest sie Euch durch und nehmt sie mit für Eure Geschwister, Eure Freunde, Eure Mitschüler! Macht Euch schlau über Eure Rechte! Das ist schon mal der erste Schritt.

V.

Liebe Kinder und Jugendliche, sehr geehrte Damen und Herren, jetzt habe ich genug geredet! Ich brauche ja nicht lange zu sagen, wie wichtig Kinder sind und dass wir ihnen zuhören müssen - wenn die Kinder selbst hier sind. Ihr habt uns Filme über Euren Einsatz für Kinderrechte mitgebracht, die wir uns gleich ansehen und über die wir sprechen werden. Darauf freue ich mich sehr!

Ich wünsche uns viel Spaß und Freude dabei und bin nun sehr gespannt, liebe Kinder und Jugendlichen, auf Eure Berichte, Ideen und Forderungen an die Politik!