New York Manuela Schwesig bei der Eröffnung des Side Events "Economic Empowerment of Women" während der 59. Sitzung der UN-Frauenrechtskommission

Es gilt das gesprochene Wort  

Sehr geehrte Frau Olney,
Liebe Frau Durrer,
Liebe Frau von Platen,
sehr geehrte Damen und Herren, 

I.

herzlich willkommen zum Side Event "Economic Empowerment of Women - A Question of Transparency".

20 Jahre nach der Vierten Weltfrauenkonferenz ist keines der Ziele von Peking 1995 vollständig erreicht worden. In keinem Land gibt es tatsächliche Gleichstellung. Wo Frauen für gleiche Arbeit immer noch weniger verdienen als Männer, wo Frauen seltener in Führungspositionen vertreten sind und wo Frauen seltener Unternehmen gründen, ist tatsächliche Gleichberechtigung noch nicht erreicht.

Die Teilhabe von Frauen an der Wirtschaft ist ein Schlüssel zur Gleichberechtigung. Und umgekehrt: Gleichberechtigung ist ein Schlüssel für Wachstum und Wohlstand. Frauen zu stärken heißt, die Menschheit zu stärken, wie es UN Women formuliert.

Deutschland hat dabei in der Vergangenheit viel von unserem Nachbarland, der Schweiz, gelernt. Ich erinnere vor allem an Instrumente zu Entgeltanalyse und zur geschlechterneutralen Arbeitsbewertung, die in der Schweiz entwickelt wurden und die wir auf Deutschland übertragen haben. Ich freue mich deshalb sehr, dass wir nach 2011 auch in diesem Jahr wieder zusammen Gastgeber für ein Side-Event bei der Frauenrechtskonferenz sind. Liebe Kollegin Durrer, ich weiß um Ihr Engagement für die Lohngerechtigkeit und freue mich sehr auf Ihren Input. Vielen Dank, dass Sie hier sind!

Vielen Dank auch an die International Labor Organisation, dem dritten Gastgeber. Die ILO kann aus internationaler Perspektive Lohnlücken und ihre Ursachen bewerten. Was die ILO wie auch mich dabei gleichermaßen beschäftigt ist Gerechtigkeit: für Frauen und Männer, für Mütter und Väter und auch für Frauen und Männer, die zugewandert sind. Wie können wir Lohngerechtigkeit für Frauen und Männer herstellen, und welche Rolle spielen dabei Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen? Liebe Frau Olney, ich freue mich auf Ihre Antworten!

Drittens danke ich Frau von Platen, die aus Sicht der Unternehmerinnen darstellen wird, wie Deutschland Frauen in der Wirtschaft stärken will. Liebe Frau von Platen, Sie sind Präsidentin eines Unternehmerinnen-Netzwerks und selbst Unternehmerin. Sie sind in jeder Hinsicht "empowered" und die deutsche Vertreterin im Panel! Vielen Dank dafür!

II.

Wir haben in Deutschland im letzten Jahr viel für gleiche und bessere Löhne für Frauen getan.

  • Wir haben einen Mindestlohn eingeführt. Von ihm profitieren vor allem Frauen, die doppelt so häufig im Niedriglohnsektor arbeiten wie Männer.
  • Wir haben eine Quote eingeführt. Dadurch werden Frauen besser in den Aufsichtsräten und Vorständen repräsentiert. Denn wer einen großen Teil der Wirtschaftsleistung erbringt, soll auch dort mitreden, wo die Entscheidungen getroffen werden.
  • Wir haben die ersten Schritte zu einer Familienarbeitszeit gemacht, mit der wir eine neue Qualität der Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen wollen. Auch für Männer.

Das sind konkrete Verbesserungen für die Teilhabe von Frauen an der Wirtschaft.

Wir wollen aber mehr erreichen: Mindestlohn, Quote und Familienarbeitszeit sollen einen Kulturwandel befördern. Weg von einer Arbeitswelt, in der Frauen nur eine Nebenrolle spielen.
Hin zu einer Arbeitswelt, in der Frauen gerecht bezahlt werden und gleiche Chancen haben.
Hin zu einer Arbeitswelt für Frauen und Männer mit Familie.
Diesen Kulturwandel wollen wir fortsetzen.

III.

Wir wollen, dass sich Unternehmen mit den Gründen für unterschiedliche Bezahlung auseinandersetzen.
Warum sind es die Frauen, die Teilzeit arbeiten?
Warum brechen Frauenkarrieren nach der Elternzeit ab?
Warum verdient in manchen Fällen eine Frau tatsächlich einfach weniger als der männliche Kollege mit gleicher Qualifikation?
Wir werden ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit vorlegen, damit Unternehmen sich mit diesen Fragen beschäftigen. Wir wollen mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit.

Zweitens: wir wollen die Selbstständigkeit von Frauen fördern. Wir haben vorgeschlagen, die Selbstständigkeit von Frauen zu einem Schwerpunktthema des G7-Gipfels in diesem Jahr zu machen. Wer eine leistungsfähige Wirtschaft will, muss Menschen mit guten Ideen und Unternehmensgeist ermutigen, ihren Weg in die Selbstständigkeit zu gehen.

Viele gute Beispiele auf der ganzen Welt zeigen, dass gerade Frauen diesen Weg erfolgreich gehen - erfolgreich für sich selbst, für ihre Familien und für die Wirtschaft ihrer Länder. Wir kennen tolle Unternehmerinnen: Von jungen Gründerinnen, die im Internet Erfolg haben, bis hin zu Rentnerinnen, die Geschäftsideen umsetzen.
Wir unterstützen Migrantinnen, die beruflich auf eigenen Füßen stehen wollen.
Wir unterstützen Mütter, die nach einer Familienphase die Selbstständigkeit als ihren Weg zurück ins Erwerbsleben sehen.
Ihr Erfolg ist ein Erfolg für unsere Gesellschaft. Für Wohlstand und Gleichstellung.

IV.

Vor 20 Jahren hat die 4. Frauenrechtskonferenz in Peking Ziele für mehr Gleichstellung ausgegeben. Mit diesem Side Event will die Bundesrepublik den Geist von Peking, die Aufbruchsstimmung für mehr Gleichberechtigung, lebendig halten. Wir wollen Maßnahmen vorstellen und besprechen, mit denen wir die ökonomische Unabhängigkeit und Teilhabe von Frauen stärken können.

Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen!