Donaukurier Manuela Schwesig: Eltern sind auf längere Kita-Öffnungszeiten angewiesen

Manuela Schwesig, Bildnachweis: Bundesregierung / Denzel
Manuela Schwesig© Bildnachweis: Bundesregierung / Denzel

Donaukurier: Frau Schwesig, warum braucht Deutschland eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung in Kitas?

Manuela Schwesig: Es geht nicht darum, dass Kinder 24 Stunden betreut werden. Es geht auch nicht um längere Betreuung der Kinder, sondern um Betreuung zu anderen Zeiten. Nämlich vor allem am Abend und mit Ausnahmen auch nachts. Eltern oder Alleinerziehende, die im Schichtdienst arbeiten, sind darauf angewiesen, dass sie ihre Kinder gut betreut wissen. Gerade für diese bestimmten Branchen ist es deshalb wichtig, dass wir auch Angebote für die Randzeiten haben. Erst gerade hat mir ein Paar auf Facebook geschrieben: Sie ist Krankenpflegerin, ihr Mann ist Lokführer. Die beiden möchten gerne eine Familie haben und wünschen sich, bei der Kinderbetreuung besser abgesichert zu sein. Wer im Schichtdienst arbeitet als Polizist, in der Pflege oder als Arzt oder Ärztin tätig ist, wird eine Kita, die von 8 bis 14 Uhr geöffnet ist, nicht als verlässliche Hilfe empfinden.

Donaukurier: "Staatlich verordnete 24-Stunden-Kitas - da schütteln alle den Kopf", hat CSU Generalsekretär Andreas Scheuer Ihre Pläne sofort kritisiert. In der großen Koalition müssen Sie noch viel Überzeugungsarbeit leisten, oder?

Manuela Schwesig: Niemand will 24-Stunden-Kitas staatlich verordnen. Es geht hier um ein Angebot für Eltern, die darauf angewiesen sind. Ich finde, Kritiker sollten sich einmal mit der Lebensrealität von Familien auseinandersetzen, wo die Eltern im Schichtdienst arbeiten. Gerade für Alleinerziehende ist das wichtig. Es kann nicht sein, dass viele alleinerziehende Frauen arbeitslos sind, nur weil sie keine entsprechende Betreuung für ihre Kinder bekommen.

Donaukurier: Wird es mit Ihrem neuen Förderprogramm bald flächendeckend 24-Stunden-Kitas in Deutschland geben?

Manuela Schwesig: Nein. Es geht nicht darum, dass jede Kita 24-Stunden-Betreuung anbietet. Es geht um zusätzliche Angebote vor Ort, dort, wo sie gebraucht werden. Mit dem Programm können wir zunächst rund 300 Kitas in Deutschland fördern.

Donaukurier: Sie kämpfen für familienfreundlichere Arbeitszeiten, fördern aber trotzdem 24-Stunden-Kitas, damit Arbeitnehmer im Schichtdienst arbeiten können. Ist das kein Widerspruch?

Manuela Schwesig: Nein. Beides gehört zusammen. Denn in Branchen wie der Pflege, im Krankenhaus, bei der Feuerwehr oder Polizei ist Schichtarbeit unerlässlich. Hier müssen wir passende Unterstützung bieten, wo sie notwendig ist. Wenn es aber um Jobs geht, bei denen die Arbeitgeber erwarten, dass die Mitarbeiter ständig präsent sind, weil sie nur dann als "Leistungsträger" gelten, dann ist das ein Problem. Die Arbeitswelt kann nicht erwarten, dass die Familien immer flexibler werden. Es muss umgekehrt sein: Die Wirtschaft muss sich auch endlich den Bedürfnissen der Familien anpassen. Meine Idee von der Familienarbeitszeit trägt dem Wunsch der Eltern nach mehr Zeit für ihre Familie Rechnung. Das ist eine wichtige gesellschaftliche Debatte, die wir weiter führen. Mit dem neuen ElterngeldPlus machen wir ja den ersten Schritt hin zu einer Familienarbeitszeit.