Kristina Schröder im Interview mit der Passauer Neuen Presse

Kristina Schröder spricht im Interview mit der Passauer Neuen Presse über Kürzungen beim Elterngeld, die Arbeit des Runden Tisch zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und die Wahl des Bundespräsidenten.

Passauer Neue Presse: Im Januar haben Sie noch für eine Ausweitung des Elterngeldes geworben, nun wird es doch gekürzt. Sind Sie eine Umfallerin?

Kristina Schröder: Im Gegenteil: Ich habe von Anfang an glasklar gesagt, dass auch mein Ministerium beim Sparen seinen Beitrag leisten muss. Als junge Abgeordnete habe ich aus voller Überzeugung der Schuldenbremse zugestimmt. Es wäre doch absurd gewesen, wenn ich mich davon jetzt als Ministerin verabschiedet hätte. Im Übrigen: Ich habe dafür gekämpft, das Elterngeld in seiner Grundstruktur zu erhalten. Das ist mir gelungen.

Passauer Neue Presse: Drohen nicht im nächsten Jahr schon wieder Einschnitte beim Elterngeld?

Kristina Schröder: Nein. Darauf habe ich das Wort des Bundesfinanzministers. Familien brauchen Sicherheit. Deswegen wird das Elterngeld bis 2013 nicht mehr angetastet. Mein Sparbeitrag für diese Legislaturperiode ist erbracht – andere Minister müssen dagegen noch kürzen. Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass es beim Elterngeld zwei zusätzliche Vätermonate gibt und wir ein Elterngeld für Teilzeit-Beschäftigte einführen. Das bleibt auf meiner Vorhabenliste ganz oben.

Passauer Neue Presse: Hartz-IV-Empfängern wird das Elterngeld gestrichen, Spitzenverdiener werden seuerlich nicht stärker belastet. Fehlt die soziale Balance im Sparpaket?

Kristina Schröder: Das kann ich nicht erkennen! Das Paket hat keine soziale Schieflage. Es ist ausgewogen. Ich persönlich hätte einer Anhebung des Spitzensteuersatzes zugestimmt. Aber in einer Koalition muss man auch Kompromisse machen. Außerdem funktioniert ein Sparpaket von dieser Größenordnung nicht ohne Einschnitte im sozialen Bereich.

Passauer Neue Presse: Wie erklären Sie einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin, dass sie künftig keinen Anspruch mehr auf das Mindestelterngeld von 300 Euro hat?

Kristina Schröder: Natürlich ist das für eine alleinerziehende Mutter bitter, keine Frage. Wahr ist aber auch: Allein mit Arbeitslosengeld II, Kinderregelsatz, Alleinerziehenden-Zuschlag, Miete plus Elterngeld erhält eine alleinerziehende Langzeitarbeitslose bisher rund 1400 Euro monatlich allein vom Staat. Das müssen sie als junge Mutter brutto erst einmal verdienen.

Passauer Neue Presse: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) macht sich im Zuge der Sparmaßnahmen für eine Aussetzung der Wehrpflicht stark. Hat er Ihre Unterstützung?

Kristina Schröder: Ich bleibe eine Anhängerin der Wehrpflicht. Sie ist gut für unsere Armee. Sie sorgt für eine besondere Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft. Eine Aussetzung der Wehrpflicht wäre nur verteidigungspolitisch begründbar, nicht anders. Eine solche Entscheidung sollte man nicht nach Kassenlage treffen und mit Sparzwängen rechtfertigen. Wir sollten an der Wehrpflicht festhalten.

Passauer Neue Presse: Bei der Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate erklärten Sie noch, der Zivildienst sei gerettet. Sind Sie da noch sicher?

Kristina Schröder: Wir werden im September in der Koalition über die Wehrpflicht entscheiden. Bis dahin werde ich prüfen lassen, was ihre Aussetzung für den Zivildienst bedeuten würde. Ganz klar: Für Behinderte und Ältere wäre das Ende des Zivildienstes ein erheblicher Verlust an Lebensqualität. Ohne den Zivildienst wäre unsere Gesellschaft weniger menschlich.

Passauer Neue Presse: Zur Wahl des Staatsoberhauptes: Wackelt die Mehrheit in der Bundesversammlung für den schwarz-gelben Präsidentschaftskandidaten Christian Wulff?

Kristina Schröder: Unsere Mehrheit steht. Christian Wulff ist unser Kandidat. Es ist gut für Deutschland, dass sich mit Christian Wulff und Joachim Gauck zwei sehr honorige Persönlichkeiten um das Amt des Bundespräsidenten bewerben. Ich schätze Herrn Gauck sehr. Aber wir unterstützen Christian Wulff.

Passauer Neue Presse: Was hat Christian Wulff, was Joachim Gauck nicht hat?

Kristina Schröder: Die Lehre aus dem Rücktritt von Horst Köhler ist doch vor allem, dass es mit Seiteneinsteigern auf der politischen Bühne oft schwierig ist. Politik will gelernt sein. Deshalb spricht zum jetzigen Zeitpunkt viel für einen erfahrenen und erfolgreichen Politiker als nächsten Bundespräsidenten. Christian Wulff ist der richtige Kandidat.

Passauer Neue Presse: Themenwechsel: Sie setzen sich für eine Besserstellung und Gleichberechtigung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ein. Sehen Sie auch beim Thema Adoptionen Handlungsbedarf?

Kristina Schröder: Auch in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, in der zwei Menschen ein Leben lang für einander einstehen und sorgen wollen, werden konservative Werte gelebt. Viele in der CDU sehen das inzwischen ebenso. Da hat sich etwas bewegt. Kinder werden auch in homosexuellen Partnerschaften sehr liebevoll und behütet erzogen. Bei der Adoption geht es um das Kindeswohl - um sonst nichts. Aus der Entwicklungspsychologie wissen wir: Kinder profitieren, wenn sie Vater und Mutter haben. Diese Verschiedengeschlechtlichkeit ist die einzige Eigenschaft, die sowohl homosexuelle Paare wie auch Alleinerziehende naturgemäß nicht haben.

Passauer Neue Presse: Um den Runden Tisch zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen ist es still geworden. Wird es überhaupt noch konkrete Ergebnisse geben?

Kristina Schröder: Der Runde Tisch arbeitet weiter - zwar nicht mehr im ganz großen Blitzlichtgewitter, aber dafür umso intensiver. Ob nun in Sportvereinen, Schulen, Kindergärten oder Jugendzentren: Überall da, wo es eine besondere Nähe zwischen Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen gibt, benötigen wir klare Standards. Wir wollen die Prävention verbessern. Jedes Kind, jeder Jugendliche muss wissen, wem er sich im Fall der Fälle anvertrauen kann. Wir brauchen hier Vertrauenspersonen, die allseits bekannt und akzeptiert sind. Es ist entscheidend, dass frühe Alarmzeichen nicht übersehen werden.

Das Interview erschien am 12. Juni in der Passauer Neue Presse. Das Gespräch führten Andreas Herholz und Rasmus Buchsteiner.