Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Interview mit dem Berliner Kurier

Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder gab dem Berliner Kurier (Erscheinungstag 28. April 2012) das folgende Interview:

Frage: Frau Schröder, wollen Sie das Betreuungsgeld?

Dr. Kristina Schröder: Der Koalitionsausschuss hat das Betreuungsgeld beschlossen und so lange er daran festhält, halte ich an meinem Auftrag fest, einen Vorschlag zu entwickeln.

Frage: Ist es gerecht, dass Hartz-IV-Familien  ausgeschlossen werden sollen?

Dr. Kristina Schröder: Bei Details bitte ich Sie um Verständnis, bis der Entwurf vorliegt.

Frage: Bis zu zwei Milliarden Euro kostet das Betreuungsgeld. Das entspricht etwa 150 000 Kita-Plätzen. Wäre das Geld dort nicht besser aufgehoben?

Dr. Kristina Schröder: Es ist existenziell für die Wahlfreiheit, dass der Kita-Ausbau vorangetrieben wird. Deswegen haben wir ja einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab 2013 vereinbart. Es ist eine riesige Anstrengung für Bund, Länder und Kommunen, das  auch hinzubekommen. Und da sage ich klar: Wenn die Länder das Gefühl haben, dass es nicht funktioniert, dann müssen sie es jetzt sagen. Nur dann kann der Bund noch helfen.

Frage: Stichwort Frauenquote -  sie wollen keine feste.  Aber die Lage für Frauen, in Top-Positionen zu kommen, ist doch weiterhin miserabel...

Dr. Kristina Schröder: Ich habe es schon verbessert, in dem ich mit allen Dax-30-Unternehmen eine individuelle Vereinbarung ausgehandelt habe, in der sich die Firmen bekennen, bis zu einem festen Zeitpunkt innerhalb der nächsten Jahre eine konkrete Zahl von Frauen in Führungspositionen zu erreichen.

Frage: Ihr neues Buch lautet "Danke, emanzipiert sind wir selber".  Das klingt wie eine Kampfansage an Feministinnen.

Dr. Kristina Schröder: Ich wehre mich dagegen, verschiedene Lebensentwürfe gegeneinander auszuspielen. Wenn man zu Hause bleibt, ist man das Heimchen am Herd, wenn man auf Karriere setzt, die Rabenmutter. Das kann nicht sein.

Frage: Wurden Sie selbst als Rabenmutter beschimpft?

Dr. Kristina Schröder: Ja. Ich habe viele böse Briefe bekommen, weil ich bereits zehn Wochen nach der Geburt von Lotte wieder in den Beruf eingestiegen bin. Das ging bis zu Schreiben, in denen mir gewünscht wurde, ich solle das erste Lachen oder die ersten Schritte meiner Tochter verpassen. Diese Debatten werden in Deutschland viel zu aggressiv geführt.

Frage: Wie kriegen Sie die Erziehung unter einen Hut?

Dr. Kristina Schröder: Es ist eine große Herausforderung und ich muss natürlich in jedem Lebensfeld Abstriche machen. Auch im politischen Alltag: Ich versuche weitgehend, Abend- und Wochenendtermine zu vermeiden.

Frage: Nehmen Sie Ihre Tochter mit ins Büro?

Dr. Kristina Schröder: Ab und zu geht das. Ich würde wünschte, das ginge bei mehr Arbeitgebern in Deutschland. 

Frage: Stehen Sie in Kontakt mit Alice Schwarzer?

Dr. Kristina Schröder: Ja, denn wir arbeiten ja gerade daran, den FrauenMediaTurm in Köln zu fördern.  Wir wollen es erhalten.

Frage: Frau Schwarzer hat Sie als "hoffnungslosen Fall" bezeichnet. War sie nicht verblüfft, dass ausgerechnet Sie jetzt einspringen?

Dr. Kristina Schröder: Wir haben telefoniert und gelacht, denn es war unser erstes Gespräch überhaupt. Wir waren uns einig, dass man bei alle inhaltlichen Differenzen für die gemeinsame Sache auch gemeinsam kämpfen sollte. Außerdem habe ich großen Respekt vor dem Mut und dem Stehvermögen von Alice Schwarzer. Was sie sich im Laufe an zutiefst persönlichen Diffamierungen anhören musste, ist unglaublich.