Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Köhler spricht mit der Tageszeitung "BILD" über Betreuungsgeld, Hartz IV-Sätze für Kinder und Kita-Plätze. Die Bundesfamilienministerin betont: "Ich werde eigene Akzente setzen, beispielsweise beim Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf."
BILD: Frau Köhler, Sie sind 32, kinderlos und noch ledig. Was qualifiziert Sie, das Familienministerium zu leiten?
Dr. Kristina Köhler: Das mit den 32 Jahren wird sich ja im Laufe der Zeit ändern. Ich bin jetzt Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – und Sie werden schwerlich jemanden finden, der all diese Bereiche in einer Person vereinigt. Ich habe mich in meiner bisherigen Funktion im Innenausschuss intensiv mit gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigt und war beim CDU-Grundsatzprogramm für Familie zuständig - daran knüpft mein jetziges Amt gut an.
BILD: Und was wollen Sie anders machen als Frau von der Leyen?
Dr. Kristina Köhler: Ich werde eigene Akzente setzen, beispielsweise beim Thema Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Viele Frauen und Männer um die 50 stehen plötzlich vor dem Problem, dass sie ihren Beruf komplett aufgeben müssen, um ihre Eltern zu pflegen. Ich setze mich dafür ein, dass die Betroffenen künftig reduziert arbeiten können – und zwar ohne zu große Einkommenseinbußen.
BILD: Das Betreuungsgeld sorgt für heftigen Streit in der Koalition. Die CSU sagt, die 150 Euro werden auf jeden Fall bar ausgezahlt, auch für Hartz IV-Empfänger. Was sagen Sie?
Dr. Kristina Köhler: Der Koalitionsvertrag lässt offen, ob das Geld in bar oder als Gutschein ausgezahlt wird. Deshalb sage ich ganz klar: Keine Lösung ist vom Tisch. Wir haben bis 2013 Zeit, dieses Problem zu lösen – wir arbeiten lieber gründlich als überhastet.
BILD: Wie wollen Sie sicherstellen, dass das Geld nicht für Alkohol und Tabak ausgegeben wird?
Dr. Kristina Köhler: Ich kann nicht bestreiten, dass es diese Probleme vereinzelt gibt. Aber ich finde es anmaßend, Eltern pauschal unter Verdacht zu stellen.
BILD: Bis 2013 soll jedes 3. Kind unter drei Jahren einen Kitaplatz erhalten. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund meint, das reicht nicht aus…
Dr. Kristina Köhler: Wir haben dieses Ziel gemeinsam mit den Ländern und Kommunen vereinbart und das setzen wir jetzt um. Der Bund steuert vier Milliarden Euro für den Ausbau der Kitaplätze zu, daran wird nicht gerüttelt. Ich appelliere an die Kommunen, auch ihrem Teil der Verpflichtung nachzukommen.
BILD: Sie wollen das Elterngeld auf bis zu 28 Monate ausweiten. Wann tritt das in Kraft und wie teuer wird es für den Steuerzahler?
Dr. Kristina Köhler: Das Gesetz soll 2011 in Kraft treten. Die Mehrkosten dafür betragen 120 Millionen Euro.
BILD: Das Bundesverfassungsgericht entscheidet demnächst, ob die Hartz IV-Sätze für Kinder neu berechnet werden müssen. Müssen die Sätze erhöht werden?
Dr. Kristina Köhler: Kinderarmut ist vor allem auch Armut an Bildung und an Perspektiven. Mir geht es darum, Ehrgeiz und die Lust auf Bildung zu wecken. Bei Kindern kann man mit der Förderung gar nicht früh genug anfangen.
BILD: Aber reichen 211 Euro im Monat wirklich aus für ein 10-jähriges Kind?
Dr. Kristina Köhler: Natürlich ist das Geld äußerst knapp. Aber dennoch: Eine Familie mit zwei Kindern kann mit Hartz IV inklusive Miete auf bis zu 1600 Euro im Monat kommen. Es gibt viele Familienväter, die für dieses Geld von morgens bis abends arbeiten. Wichtig ist, dass jemand, der arbeitet, mehr Geld hat als jemand, der nicht arbeitet.
Das Interview erschien am 14. Januar in der "BILD"-Zeitung. Das Interview führte Stephanie Jungholt.