Ursula von der Leyen: "Konsequent daran arbeiten, dass Lohnlücke geschlossen wird"

In Deutschland verdienten Frauen in 2006 durchschnittlich 24 Prozent weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Diese Zahl hat das Statistische Bundesamt heute veröffentlicht. Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, der Gender Pay Gap, wurde erstmals auf erweiterter Datenbasis erhoben und liegt zwei Prozentpunkte über dem Vorjahr. Damit nimmt Deutschland im Vergleich der EU-Länder einen Platz im unteren Drittel ein.

"Wir müssen konsequent weiter daran arbeiten, dass die Lohnlücke geschlossen wird", so Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. "Frauen in Deutschland verpassen nach der Geburt der Kinder zu oft den Anschluss auf der Karriereleiter. Und das, obwohl wir wissen, dass 80 Prozent aller Mütter Beruf und Familie miteinander verbinden wollen", so von der Leyen. Während der junge Vater zum Filialleiter oder Bereichsverantwortlichen aufsteigt, steigt die junge Mutter über viele Jahre aus dem Beruf aus - mit dem Ergebnis, dass sie nach drei, sechs oder acht Jahren häufig nicht mehr auf derselben Hierarchiestufe wieder einsteigen kann, auf der sie vor der Geburt des Kindes aufgehört hatte. Hier will von der Leyen ansetzen, denn die familienbedingten Erwerbsunterbrechungen und die relativ schlechten Monats- und Stundenverdienste von Teilzeitkräften sind wesentliche Bestimmungsfaktoren der Lohnlücke. "Wir müssen den Müttern die Rückkehr in den Beruf erleichtern, damit sich für sie die Tür zum Berufsleben öffnet, wenn sie wieder zurückkehren wollen. Unser gemeinsames Programm 'Perspektive Wiedereinstieg', das wir mit der Bundesagentur für Arbeit gerade auflegen, kommt genau zur rechten Zeit. Denn der Ausbau der Kinderbetreuung bringt allmählich die dazu notwendige Unterstützung. Wer arbeiten will, muss auch guten Gewissens das Haus verlassen können, weil er weiß, die Kinder sind gut aufgehoben", sagt von der Leyen. "Unterstützung kommt auch von den Vätern. Wenn sie die Partnermonate nehmen, wird den Arbeitgebern klar, auch die Väter nehmen sich gleichermaßen Zeit für ihre Kinder - ist es keine reine Aufgabe der Mütter. Es macht deshalb Sinn, junge Mütter zu fördern", so von der Leyen.

Veränderungen in der Berechnung ergeben sich aus dem Entfallen von Alters- und Arbeitszeitgrenzen sowie aus einer angeglichenen Definition des Erfassungsbereichs. So werden jetzt auch Beschäftigte mit Arbeitszeiten unter 15 Stunden pro Woche und Beschäftigte über 64 Jahren erfasst, die bislang nicht in die Berechnung eingegangen sind.

Die Gründe für die Verdienstunterschiede sind vielfältig: Unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten und starre Arbeitsbedingungen, die Bedürfnisse von Erziehenden ignorieren, führen in der Folge zu relativ langen Erwerbsunterbrechungen von Müttern und damit oft zu Karriereknicks und Einkommenseinbußen. Frauen arbeiten außerdem oft in Branchen und Betrieben, in denen der Durchschnittsverdienst schlechter ist - hier verstärken sich tradiertes Berufswahlverhalten der Frauen und niedrigere Bewertung "typischer Frauentätigkeiten".

Entgeltgleichheit zu erreichen ist eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe und fordert die Anstrengungen der Bundesregierung ebenso wie der Tarifpartner, der einzelnen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Um Fortschritte zu erreichen, müssen alle Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Entgeltsituation von Frauen in einer strategischen Allianz zusammen geführt werden. In Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt, dem Institut der deutschen Wirtschaft und anderen Forschungsinstituten analysiert das Bundesfamilienministerium die Verdienststrukturdaten auf der Grundlage der 2007 geschaffenen neuen gesetzlichen Voraussetzungen.

Das Stadt-Land-Gefälle und die besonders hohen Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern bei den gut qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bedürfen dabei besonderer Aufmerksamkeit. Erstes Zwischenergebnis: Anders als in Ländern mit einem kleineren Gender Pay Gap ist die Erwerbsbeteiligung gut ausgebildeter Frauen in Deutschland relativ gering. Die geschlechtsspezifische Beschäftigungslücke zwischen Frauen und Männern mit tertiärem Bildungsabschluss liegt mit 10,3 Prozent in Deutschland nahe bei der durchschnittlichen Beschäftigungslücke (15,2 Prozent). In Frankreich, wo die Lohnlücke sechs Prozentpunkte niedriger ist als in Deutschland, ist das anders: Während die durchschnittliche Beschäftigungslücke zwischen Frauen und Männern dort größer ist als in Deutschland (16,1 Prozent), liegt sie bei den gut ausgebildeten Frauen in Frankreich mit nur 8,9 Prozent spürbar niedriger. In Spanien (9,2 zu 29,3 Prozent oder Portugal 2,8 zu 13,7 Prozent) ist die Beteiligung der gut ausgebildeten Frauen am Erwerbsleben im Vergleich noch deutlich größer. Eine kleine geschlechtsspezifische Beschäftigunglücke bei den gut ausgebildeten Frauen korreliert mit einer niedrigen Lohnlücke.