58 Prozent aller Frauen in Führungspositionen und immerhin 39 Prozent der Männer mit Führungsverantwortung sind davon überzeugt, dass im gehobenen Management die Positionen sowohl mit Frauen als auch mit Männern besetzt sein sollten, so eine vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebene und heute in Berlin präsentierte Repräsentativbefragung von weiblichen und männlichen Spitzenmanagern durch das Sinus-Institut. Tatsächlich sind Frauen in Spitzenpositionen von Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft aber weiter eine Seltenheit. Nur 10,2 Prozent der Aufsichtsratsposten deutscher Großkonzerne sind von Frauen besetzt, ohne die Vertreterinnen der Arbeitnehmerseite sogar nur 3 Prozent. Dieser Wert entspricht exakt der Quote der Frauen, die als Vorstand Verantwortung für das operative Geschäft eines Dax-Unternehmens tragen.
"Deutschland muss aufpassen, dass es nicht ein Land der verpassten Chancen wird. Frauen sind heute hervorragend ausgebildet und für Topjobs ebenso qualifiziert, wie ihre männlichen Kollegen. Wir können es uns nicht länger leisten, dass hochkompetente Frauen von der Karriereleiter fliegen, wenn sie Kinder bekommen", sagt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. "Schweden hat mit einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft verbunden mit der gesetzlichen Vorgabe, im Jahresbericht den Frauenanteil in den Führungsgremien offen zu legen, gute Erfahrungen gemacht. Dort sind heute 23 Prozent der Aufsichtsräte Frauen. Der europaweit noch einzigartige Weg Norwegens mit einer streng verbindlichen Quote oder die gesetzlichen Regelungen in Spanien sind ebenfalls interessant und sollten sorgfältig analysiert werden. Ob die dortige Praxis angesichts der unterschiedlichen Strukturen in der Unternehmensführung auf deutsche Verhältnisse übertragbar wäre, muss jedoch noch geprüft werden. Damit mehr Frauen die gläserne Decke zum Spitzenmanagement durchstoßen, brauchen wir für Deutschland einen Stufenplan. Ich bin überzeugt, dass in einem ersten Schritt eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft mit klaren und verbindlichen Regeln nach dem Beispiel Schwedens auch bei uns Löcher in die Decke stoßen kann, wenn wir sie mit einer im Handelsgesetzbuch zu verankernden Berichtspflicht der Unternehmen verknüpfen. Auch in Schweden hat die erzwungene Transparenz den Reformdruck enorm erhöht. Parallel müssen wir die bekannten objektiven Hürden für Frauen aus dem Weg räumen, damit sich der Personalpool für die Vorstände und Aufsichtsräte füllt. Das bedeutet eine Unternehmenskultur, die Familie mitdenkt, mehr gute und flexible Kinderbetreuungsangebote, und dass Erziehung von Kindern zum gemeinsamen Anliegen von Frauen und Männern wird. Weitere mögliche Schritte müssen auf Basis der internationalen Erfahrungen mit Wirtschaft und Gewerkschaften erörtert werden."
Auf der vom Bundesfamilienministerium geförderten Veranstaltung "Eine gute Wahl: Mehr Frauen in die Aufsichtsräte" (veranstaltet von FidAR e.V.) diskutierten am 16. September 2009 in Berlin 170 Experten und Expertinnen aus Wirtschaft und Gewerkschaften, Politik und Gesellschaft verschiedene Strategien, die Frauen helfen, die gläserne Decke ins Topmanagement zu durchbrechen.
75 Prozent der Führungsfrauen gehen nach der Sinus-Befragung davon aus, dass Frauen im gehobenen Management mehr leisten müssen als Männer, um akzeptiert zu werden, männliche Führungskräfte sehen das anders: Von ihnen bestätigen nur 37 Prozent diese Aussage. Ein Drittel aller männlichen Führungskräfte haben gleich mehrfach mehrere Karrierestufen übersprungen. Bei Führungsfrauen ist dieser Turbodurchgang nur in 16 Prozent zu beobachten.