Am 15. Dezember hat die Fachtagung "Lokale Ansätze zur Berücksichtigung häuslicher Gewalt bei der Regelung von Sorge und Umgang" im Bundesfamilienministerium in Berlin stattgefunden. Zu den Teilnehmenden gehörten Familienrichterinnen und Familienrichter, Fachkräfte aus Jugendämtern, Gewaltschutzeinrichtungen für Frauen und Kinder, Erziehungsberatung, Täterarbeit, Verfahrensbeistände sowie Gutachterinnen und Gutachter.
Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesfamilienministerin, betonte, dass beim Umgang genau hingeschaut werden und Sicherheit immer vorgehen muss.
Ekin Deligöz: "Wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist dies in einem Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen. Denn das ist noch lange nicht der Standard!
Die Istanbul-Konvention nimmt uns hier in die Pflicht: Wir haben sie inzwischen vorbehaltlos ratifiziert und versprochen, sie zügig umzusetzen. Sie legt in Artikel 31 fest: Wenn es in der Partnerschaft zu häuslicher Gewalt gekommen ist und dann nach der Trennung Umgangs- und Sorgerecht geregelt werden, muss die Sicherheit der Kinder und des betreuenden Elternteils vorrangig berücksichtigt werden. 'Safety first' also: 'Sicherheit geht vor' - eben nicht nur bei Anschnallgurt und Fahrradhelm, sondern erst recht bei Umgangs- und Sorgerecht."
Auf der hybriden Veranstaltung haben die Teilnehmenden darüber diskutiert, wie einerseits das Umgangsrecht gewährleistet und andererseits die Sicherheit des von Gewalt betroffenen Elternteils und der Kinder in der Übergabesituation verbessert werden kann. Thema waren auch erfolgversprechende lokale Ansätze, die bereits bestehen.
Modellprojekt zum Umgangsrecht
Auf lokaler Ebene haben Familiengerichte und Jugendämter - in Kooperation mit Gewaltschutzeinrichtungen und anderen Einrichtungen - bereits vereinzelt Verfahren entwickelt, um häusliche Gewalt bei der Gestaltung von Umgang und Sorge systematisch zu berücksichtigen. Im Rahmen eines bundesweiten Forschungsvorhabens zum Thema Umgangsrecht und Gewaltschutz wurden solche lokalen Fallbeispiele analysiert. Durchgeführt wurde das Forschungsprojekt von Zoom - Gesellschaft für prospektive Entwicklungen e.V. Das Bundesfamilienministerium hat das Modellprojekt ab November 2021 im Rahmen des Bundesinnovationsprogramms "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" gefördert. Die Fachtagung bildete den Abschluss des Projektes.
Gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen berücksichtigen
Bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht sollen gewalttätige Vorfälle berücksichtigt werden. Das sieht Artikel 31 "Sorgerecht, Besuchsrecht und Sicherheit" der Istanbul-Konvention vor. Die Vertragsstaaten müssen zudem sicherstellen, "dass die Ausübung des Besuchs- oder Sorgerechts nicht die Rechte und die Sicherheit des Opfers oder der Kinder gefährdet".
Die Bundesregierung arbeitet in der 20. Legislaturperiode weiter daran, die Anforderungen aus der Istanbul-Konvention umzusetzen.