Etwa 100 Teilnehmende - zumeist Fachpersonal der Lebenshilfe oder aus Behindertenwerkstätten - informierten sich über neue Chancen und Entwicklungen, die Menschen mit geistiger Behinderung auch im Alter ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen können.
Die Lebenserwartung von Menschen mit geistiger Behinderung ist mit etwa 71 bis 72 Jahren zwar geringer als die der Durchschnittsbevölkerung, hat sich aber in den letzten Jahrzehnten signifikant erhöht. Die Anzahl älterer Menschen mit geistiger Behinderung wird sich in den kommenden 20 Jahren von circa27.000 im Jahr 2010 auf circa 38.000 im Jahr 2030 erhöhen.
Lebensphase Alter aktiv mitgestalten
"Unsere Gesellschaft altert - das ist eine gute Botschaft! Eine hohe Lebenserwartung ist Zeichen gesellschaftlichen Wohlstands. Heute gibt es mehr und vielfältigere Chancen als je zuvor, um auch die Lebensphase 'Alter' selbstbestimmt und aktiv mitzugestalten und zu genießen. Diese Chancen sollen allen Menschen offenstehen, ob mit oder ohne Behinderung", sagte Dr. Ralf Kleindiek zur Tagungseröffnung. Auch Menschen mit geistiger Behinderung stünden heute vor der Aufgabe herauszufinden, wie sie ihr Leben im Alter gestalten wollen, wie sie ihre neugewonnene freie Zeit nutzen möchten oder was sie noch erlernen möchten.
Nötig sei eine breite Palette unterschiedlicher Unterstützungsangebote, auf die geistig behinderte Senioren und Seniorinnen und ihre Angehörigen bei Bedarf zurückgreifen können. Hierzu gehören inklusive Wohnprojekte ebenso wie Beratungsangebote oder praktische Hilfen für Familien bei der Pflege von Angehörigen. Auch digitale Angebote und Alltagshilfen, die die Kommunikation erleichtern, in Gesundheitsfragen beraten oder Sicherheit im Alltag erhöhen, böten Hilfe. Schon heute könnten zum Beispiel viele junge Menschen mit einer kognitiven Störung oder Lernschwierigkeiten solche Angebote sinnvoll nutzen.
Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek betonte: "Die Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. mit ihrer exzellenten Vernetzung auf allen Ebenen ist für mich eine wichtige Partner-Organisation. Es ist gut zu wissen, dass wir diese starke, gut vernetzte Organisation auch für diese Zukunftsaufgabe zur Seite haben."
Ziel: eine inklusive Gesellschaft
Für das Bundesfamilienministerium ist die Verwirklichung gleichwertiger Lebensbedingungen in einer "inklusiven Gesellschaft", also die Gestaltung des Miteinanderlebens von Menschen mit und ohne Behinderungen von der Kita bis ins hohe Alter, ein wichtiges gesellschaftliches Ziel. Daran soll auf Bundesebene weiter gearbeitet werden, zum Beispiel innerhalb des Modellprogramms "Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz": Hier wird die Entstehung nachhaltiger Hilfenetzwerke im Lebensumfeld Betroffener mit dem Ziel der Partizipation und Teilhabe gefördert. Auch Menschen mit geistiger Behinderung haben heute eine höhere Lebenserwartung und erkranken häufiger an Demenz.
Speziell mit Blick auf Menschen mit geistiger Behinderung fördert das Bundesfamilienministerium zum Beispiel den Demenz Support Stuttgart in seinem Projekt "Herausforderung Demenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten", ein Modellprojekt in Kooperation mit der Lebenshilfe e.V. Baden-Württemberg. Dieses soll insbesondere gute Praxislösungen erfassen und der Fachöffentlichkeit verfügbar machen, um die Lebenssituation von Menschen mit geistiger Behinderung und Demenz und ihren Angehörigen zu verbessern. Unter anderem soll hier ein sensibilisierender Lehrfilm erstellt werden, der Mitarbeitende in Einrichtungen sowohl der Alten- als auch der Behindertenhilfe zur Verfügung gestellt werden kann.