Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt schützen Neues Gesetz zum Schutz von Betroffenen in Kraft getreten

Karin Prien mit Kerstin Claus
Bundesfamilienministerin Karin Prien und die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs Kerstin Claus © Kira Hofmann/BMBFSFJ/photothek.de

 

Am 1. Juli ist das Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Kraft getreten. Bundesfamilienministerin Karin Prien und die Unabhängige Bundesbeauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus betonten die Bedeutung des Gesetzes für einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen. Es soll helfen, sexualisierter Gewalt frühzeitig vorzubeugen, Hilfen für Betroffene zu stärken und die Qualität im Kinderschutz dauerhaft zu sichern. Es verankert erstmals gesetzlich das Amt der oder des UBSKM, den Betroffenenrat sowie die Unabhängige Aufarbeitungskommission. Bestehende Unterstützungsangebote wie das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch und das Hilfe-Portal bleiben dauerhaft erhalten.

Bundesfamilienministerin Karin Prien: "Mit der Umsetzung des Gesetzes gelingt ein wichtiger Schritt für einen wirksamen Kinderschutz in Deutschland. Ein Meilenstein im Kampf gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen - und ein klares Bekenntnis: Dieses Thema wird nicht mehr von der politischen Agenda verschwinden. Es ist essentiell, dass Kinder und Jugendliche gewaltfrei aufwachsen können. Das ist die Grundlage für das gesamte weitere Leben. Die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2024 zeigen, wie dringend nötig dieser Schritt für mehr Schutz war: Mehr als 18.000 Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche - und das ist nur das Hellfeld. Mit dem Gesetz können wir nun an vielen Stellen ansetzen: bei der Prävention, bei Hilfsangeboten und bei der Aufarbeitung. Persönlich ist mir wichtig, dass politische Maßnahmen evidenzbasiert sind. Deshalb freue ich mich über die Einrichtung eines Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt. Es wird eine wichtige Rolle dabei spielen, das Dunkelfeld weiter auszuleuchten und wirksame Schutzmaßnahmen zu entwickeln."

Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Kerstin Claus: "15 Jahre nach dem Missbrauchsskandal setzt Deutschland mit diesem Gesetz ein deutliches Zeichen: Mit der Stärkung des UBSKM-Amtes bekommt der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt eine hervorgehobene Bedeutung. Es stärkt mein Amt, ressortübergreifend für Prävention, Intervention und Hilfen für Betroffene einzustehen. Jetzt erwarte ich von der Bundesregierung, diese spezifische Kompetenz meines Amtes zu nutzen und aktiv einzubinden. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, das Risiko sexualisierter Gewalt zu minimieren, Betroffene zu unterstützen und Aufarbeitung für Taten in der Vergangenheit zu ermöglichen. Die Zahl der Straftaten gegen Kinder und Jugendliche ist ungebrochen hoch, das Dunkelfeld riesig und die Risiken gerade in der digitalen Welt nahezu unermesslich - denn hier fehlt jede soziale Kontrolle, hier fehlen sichere, kindgerechte Räume, hier sind junge Menschen den Täterstrategien immer wieder schutzlos ausgeliefert. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf ein Aufwachsen ohne sexualisierte Gewalt. Politik, Eltern, Kita oder Schule, Zivilgesellschaft - wir alle sind dafür verantwortlich, dass Kinderschutz umfassend gelingt und Hilfe möglich wird."

Kerninhalte des Gesetzes im Überblick

  • Stärkung zentraler Strukturen: Das Amt der oder des UBSKM, der Betroffenenrat und die Unabhängige Aufarbeitungskommission erhalten eine gesetzliche Grundlage und langfristige Absicherung. Der oder die UBSKM werden zukünftig auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Deutschen Bundestag gewählt.
  • Forschung und Berichtspflicht: Künftig legt die oder der UBSKM regelmäßig Berichte über Ausmaß und Folgen sexueller Gewalt vor - gestützt auf ein neu einzurichtendes Zentrum für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
  • Beteiligung von Betroffenen: Der Betroffenenrat wird dauerhaft etabliert und soll die Perspektive von Betroffenen in politische Prozesse einbringen. Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt oder Ausbeutung erlebt haben, sollen mitreden und mitgestalten können.
  • Aufarbeitung stärken: Die Unabhängige Aufarbeitungskommission wird gesetzlich verankert. Durch regelmäßige Berichte soll sie den Stand der Aufarbeitung zum Gegenstand der politischen und öffentlichen Diskussion machen sowie Handlungsbedarfe offenlegen. Beratungsangebote für die individuelle Aufarbeitung, verbesserte Akteneinsicht und wissenschaftliche Fallanalysen sollen helfen, strukturelle Fehler im Kinderschutz zu erkennen und zu vermeiden.
  • Mehr Prävention und Qualitätsentwicklung im Kinderschutz: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (jetzt: Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit) erhält erstmals einen gesetzlichen Auftrag zur Prävention sexuellen Kindesmissbrauchs. Schutzkonzepte werden verpflichtender Bestandteil der Kinder- und Jugendhilfe. Zusätzlich wird ein medizinisches Beratungsangebot zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung eingerichtet.