Kriminalistische Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021 Lisa Paus und Nancy Faeser stellen Zahlen zu Gewalt in Partnerschaften vor

Lisa Paus und Nancy Faeser auf der Bundespressekonferenz
Lisa Paus, Bundesfrauenministerin und Nancy Faeser, Bundesinnenministerin bei der Vorstellung der Kriminalstatistischen Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021© BMFSFJ

Am 24. November haben Bundesfrauenministerin Lisa Paus, Bundesinnenministerin Nany Faeser und der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) Holger Münch die Kriminalistische Auswertung Partnerschaftsgewalt 2021 vorgestellt. Die Leiterin des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen", Petra Söchting, war ebenfalls vor Ort.

Während die Anzahl der Fälle von Gewalt in Partnerschaften von 2020 auf 2021 um drei Prozent gesunken ist, stieg sie in den vergangenen fünf Jahren insgesamt um 3,4 Prozent, von 138.893 Fällen in 2017 auf 143.604 Fälle im Jahr 2021. Ganz überwiegend trifft diese Gewalt Frauen, während die Täter meist Männer sind: 2021 waren 80,3 Prozent der Opfer weiblich, 78,8 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus: "Jede Stunde erleiden durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in der Partnerschaft. Beinahe jeden Tag versucht ein Partner oder Expartner eine Frau zu töten. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch ihren derzeitigen oder vorherigen Partner. Das ist die Realität. Realität ist auch, dass viele Gewaltopfer Angst haben, sich Hilfe zu holen. Deshalb brauchen wir ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Unterstützungsangebot, in der Stadt genauso wie auf dem Land. Ich kämpfe dafür, die Lücken im Netz der Frauenhäuser und Beratungsstellen zu schließen. Wir werden eine einheitliche Rechtsgrundlage schaffen, um die Hilfeeinrichtungen verlässlich finanziell absichern zu können. Damit Frauen in Zukunft überall in Deutschland einen sicheren Zufluchtsort und kompetente Beratung und Hilfe finden."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir dürfen Gewalt gegen Frauen niemals akzeptieren. Sondern wir müssen ihr entschlossen entgegentreten! Für uns als offenes und demokratisches Land ist die Gleichstellung von Männern und Frauen ein unabdingbarer Teil unseres gesellschaftlichen Wertefundamentes. Wir müssen Gewalt gegen Frauen noch klarer als solche benennen und noch besser erfassen, um sie wirksam bekämpfen zu können. Es darf keinerlei Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen geben. Wenn Männer Frauen töten, weil sie Frauen sind, dann ist es angemessen und auch notwendig, von "Femizid" zu sprechen. Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben, egal ob psychische oder physische, sind Straftäter. Straftäter, die wir mit aller Härte verfolgen. Denn was sie tun, ist abscheulich und steht unseren gesellschaftlichen Grundwerten fundamental entgegen." 

Kernaussagen zur Partnerschaftsgewalt 2021:

  • 143.016 Fälle von Gewalt in Partnerschaften (2020: 146.655 Fälle)
  • 143.604 Opfer (2020: 148.031 Fälle), davon 80,3 Prozent weiblich (2020: 115.342 Fälle), 19,7 Prozent männlich (2020: 28.262 Fälle)

Art der Delikte:

  • 59,6 Prozent vorsätzliche einfache Körperverletzung
  • 24,2 Prozent Bedrohung, Stalking, Nötigung
  • 12,2 Prozent gefährliche Körperverletzung
  • 2,5 Prozent Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe
  • 0,3 Prozent Mord und Totschlag
  • 1,3 Prozent andere Delikte

Anmerkung: Die Polizeiliche Kriminalstatistik registriert die Straftaten nicht nach der Tatzeit, sondern zum Zeitpunkt der Abgabe an die Staatsanwaltschaft.

Der Präsident des BKA, Holger Münch: "Der Begriff Partnerschaftsgewalt umfasst sowohl psychische als auch physische Gewalttaten - bis hin zu Tötungsdelikten. Auch wenn wir mit - 2,5 Prozent der Fälle in 2021 einen leichten Rückgang verzeichnen, zeigt die Tendenz bei den registrierten Fallzahlen in diesem Kriminalitätsbereich in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben. Zudem werden viele dieser Taten, denen inmitten unserer Gesellschaft tagtäglich weit überwiegend Frauen zum Opfer fallen, nach wie vor nicht bei der Polizei gemeldet. Für das BKA ist es daher eine Kernaufgabe, das Dunkelfeld weiter auszuleuchten und mit entsprechender Forschung Informationen zur Verbreitung, Risikofaktoren, dem Anzeigeverhalten sowie der Nutzung von Hilfs- und Unterstützungsangeboten zu generieren. Denn nur auf Grundlage einer soliden Datenbasis lassen sich wirkungsvolle Bekämpfungs- und Präventionskonzepte erarbeiten. Darüber hin- aus gilt: Hinsehen statt wegschauen! Sowohl die Beratungsstellen als auch die Polizei sind für Sie da. Jede Anzeige eines solchen Delikts - durch Betroffene selbst, aber auch durch Zeuginnen und Zeugen - trägt dazu bei, die Täter zur Verantwortung zu ziehen." 

Dunkelziffer könnte deutlich höher liegen 

Im Jahr 2021 wurden insgesamt 369 Personen als Opfer von versuchtem und vollendeten Mord und Totschlag (0,3 Prozent) erfasst. Die Anzahl der Opfer bei vollendetem Mord und Totschlag lag bei 121. Davon waren 109 Opfer weiblich und zwölf Opfer männlich. Hinzu kommen vier Fälle von Körperverletzung mit Todesfolge durch Partnerschaftsgewalt bei Frauen und zwei Fälle bei Männern. Damit sind 113 Frauen und 14 Männer Opfer von Partnerschaftsgewalt mit tödlichem Ausgang geworden.

Trotz der Pandemie und den Corona-Schutzmaßnahmen ergab sich auch 2021 kein signifikanter Anstieg der Fälle von Partnerschaftsgewalt: Insgesamt wurden 139.327 Fälle von Partnerschaftsgewalt mit Tatzeit innerhalb des Jahres 2021 registriert. Das entspricht einem Anstieg von 0,6 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Möglicherweise hat die Situation während der Pandemie das Anzeigeverhalten von Opfern und die Möglichkeiten zur Aufdeckung durch Dritte beeinflusst. Daher könnte sich das tatsächliche Ausmaß von Partnerschaftsgewalt vergrößert haben, ohne von der Polizei registriert zu werden. Darauf deuten die Auswertungen des bundesweiten Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen" hin. Diese zeigen, dass die Zahl der Beratungskontakte in den Corona-Lockdowns zugenommen hat: 2021 wurden mehr als 54.000 Beratungen dokumentiert, rund fünf Prozent mehr als im Jahr 2020.

Kenntnisse über Dunkelfeld sammeln

Um einen besseren Einblick in das sogenannte Dunkelfeld zu erhalten, führen das Bundesinnenministerium und das Bundesfrauenministerium gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt eine repräsentative Befragung zu Gewalterfahrungen durch, die nicht der Polizei gemeldet wurden. Die Studie soll helfen, Kenntnisse über das Dunkelfeld bei häuslicher Gewalt und sexualisierter Gewalt zu sammeln, um Hilfsangebote und Opferschutzangebote zielgenau ausbauen zu können.