Am 21. Oktober nahm Bundesfamilienministerin Lisa Paus am Female Future Force Day 2023 teil. Die Konferenz wird von der Medienmarke EDITION F präsentiert und fand in diesem Jahr erstmals unter dem Dach der FUNKE Mediengruppe statt.
Familiäre Aufgaben gleichberechtigt verteilen
Im Rahmen des Panels "Kita-Krise, Teilzeitfalle, Kinderarmut - Was muss die Politik JETZT für Familien tun?" sprach Lisa Paus über Vereinbarkeitsbedingungen, Hürden auf dem Weg zu einer familienfreundlichen Gesellschaft und den Stellenwert von Familienpolitik.
Weitere Expertinnen und Experten auf dem Podium waren Sandra Runge, Rechtsanwältin und Initiatorin der Petition für einen Inflationsausgleich beim Elterngeld sowie Mitbegründerin der Initiative #proparents, die sich für die Aufnahme des Diskriminierungsmerkmals "Elternschaft" in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz einsetzt, Fabian Soethof, Journalist und Familienblogger, Alexandra Zykunov, Autorin und Mitbegründerin des Brigitte-Magazins BE GREEN und Jasmin Dickerson, Bloggerin und alleinerziehende Mutter eines behinderten Kindes.
Einigkeit herrschte darüber, wie wichtig es ist, dass sich Paare von Anfang an gleichberechtigt über die Aufteilung der Familienarbeit verständigen und dass die Kinderbetreuung auch in Randzeiten Verlässlichkeit bietet. Gerade für Alleinerziehende ist dies eine zentrale Voraussetzung, um den Spagat zwischen Familie und Beruf gut zu meistern.
Lisa Paus: "Männer und Frauen haben die gleichen Rechte – aber viel zu oft nicht die gleichen Chancen. Ich möchte es Eltern ermöglichen, ihre Zeit für Kinder, Haushalt und Beruf partnerschaftlich aufzuteilen. Damit können Mütter und Väter gleichermaßen finanziell auf eigenen Beinen stehen, das stärkt Familien und macht sie krisenfest."
Zum Hintergrund
Frühe Weichenstellungen
Für die partnerschaftliche Aufgabenteilung ist die frühe Familienphase prägend. Vor der Geburt des ersten Kindes sind die angehenden Eltern mit großer Mehrheit noch beide voll berufstätig. Nach der Geburt arbeiten die Väter überwiegend in Vollzeit, während die Mütter eher in Teilzeit in den Beruf zurückkehren.
Doch familiäre Leitbilder verändern sich, immer häufiger arbeiten beide Eltern: zwischen 2008 und 2022 ist der Anteil von 56 auf 64 Prozent gestiegen. Auch wenn die Differenz zwischen Müttern und Vätern noch groß ist, der Trend ist eindeutig: seit 2008 ist der Anteil der erwerbstätigen Mütter an allen Müttern von 63 auf 69 Prozent gestiegen. Gleichzeitig stieg die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 24,7 auf 27,8 Stunden.
Zahlen zur Erwerbstätigkeit von Müttern
Das Erwerbsvolumen der erwerbstätigen Mütter ist seit 2008 gestiegen, liegt aber immer noch um rund 30 Prozent unter dem von erwerbstätigen Vätern, deren durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Jahr 2022 bei 40,4 Stunden lag. 68 Prozent der erwerbstätigen Mütter, aber nur 8 Prozent der erwerbstätigen Väter arbeiten in Teilzeit.
Die Erwerbstätigkeit von Müttern hängt vom Alter des jüngsten Kindes ab, während die Erwerbstätigkeit von Vätern kaum durch das Vorhandensein von Kindern oder deren Alter beeinflusst wird. Mütter mit jüngstem Kind im Alter von einem bis drei Jahren waren 2022 zu 54 Prozent erwerbstätig. Mütter mit jüngstem Kind zwischen 15 und 18 Jahren zu 84 Prozent. Auch der Umfang der Erwerbstätigkeit bei Müttern steigt mit dem Alter des jüngsten Kindes an, erreicht aber nicht das Niveau der Väter. Im Zeitverlauf gibt es insbesondere bei Müttern mit jüngstem Kind im Alter von zwei bis drei Jahren einen deutlichen Anstieg sowohl der Erwerbstätigenquote als auch des Erwerbsumfanges.
Familiäre Leitbilder ändern sich
Ein weiterer Trend: viele Väter wünschen sich mehr Zeit für die Familie. Die Hälfte der Väter in Paarfamilien mit Kindern unter 15 Jahren gibt an, dass sie idealerweise selbst gerne die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen möchten. Nur noch eine Minderheit der Männer und Frauen ist der Meinung, dass der Mann für die Erwerbsarbeit zuständig sein sollte, während die Frau zu Hause bleibt und sich um Haushalt und Kinder kümmert.
Elterngeld und Kita-Ausbau als Impulsgeber
Wichtige Impulse für diese Veränderungen hat das Elterngeld gesetzt. Während ein Jahr nach Einführung des Elterngeldes bei jedem fünften Kind der Vater Elterngeld bezog, ist dieser Anteil bei den 2020 geborenen Kindern auf knapp 44 Prozent gestiegen. Auch in der Kinderbetreuung gab es enorme Entwicklungen. Die Betreuungsquote, der unter Dreijährigen lag 2023 bei 36 Prozent im Vergleich zu 18 Prozent im Jahr 2008 und hat sich damit seit Beginn des Ausbaus der Kindertagesbetreuung auf der Grundlage des Kinderfördergesetzes (KiföG) verdoppelt.
Familienstartzeit
Mit der Familienstartzeit soll ein nächster Schritt folgen: Väter sollen sich künftig für die ersten zehn Arbeitstage nach der Geburt ihres Kindes bei voller Lohnfortzahlung von der Arbeit freistellen lassen können. Die Familienstartzeit erleichtert die Regeneration der Mütter durch die Fürsorge des Partners oder der Partnerin - und beide Eltern gewinnen Zeit, sich ihre Aufgaben von Anfang an partnerschaftlich zu teilen.
Hemmnisse für die Realisierung von Erwerbswünschen
Es zeigt sich aber auch, dass die Realisierung einer partnerschaftlichen Rollenaufteilung für viele Eltern schwierig ist und zwischen Wunsch und Wirklichkeit große Lücken klaffen: 20 Prozent der Väter in Paarfamilien mit Kindern unter 15 Jahren würden gerne in längerer Teilzeit erwerbstätig sein, realisiert wird dies in dieser Gruppe jedoch nur von 4 Prozent. Auch möchten mehr als 10 Prozent der erwerbstätigen Mütter mehr arbeiten, als sie es derzeit tun, insbesondere bei kleiner Teilzeit und mit steigendem Alter des jüngsten Kindes.
Zudem setzt der Staat mit den Regelungen zu Minijobs und dem Ehegattensplitting steuerliche Rahmenbedingungen, die es für Frauen unattraktiv machen, so viel zu verdienen wie ihr Mann oder überhaupt sozialversicherungspflichtig zu arbeiten.
Auch der Gender Care Gap, also der Mehraufwand an Kinderbetreuung und Hausarbeit, hindert Mütter daran, ihre Erwerbstätigkeit auszuweiten. Er ist bei Eltern mit Kindern unter drei Jahren am größten. Obwohl der Gender Care Gap mit dem steigenden Alter der Kinder abnimmt, bleibt die Lücke beim Erwerbseinkommen zwischen Müttern und Vätern bestehen. Der in der frühen Familienphase entstandene Abstand kann im weiteren Lebensverlauf nicht mehr aufgeholt werden und manifestiert sich schließlich auch in einer geringen Alterssicherung von Müttern.
Dreiklang aus Geld, Infrastruktur und Zeit
Um diese Hemmnisse zu überwinden, ist es wichtig, dass die Bundesregierung den eingeschlagenen Weg konsequent weiter verfolgt. Besondere Bedeutung dabei hat der Dreiklang aus Geld, Infrastruktur und Zeit für Familien. Alle drei Säulen werden durch die zentralen familienpolitischen Vorhaben dieser Legislaturperiode gestärkt:
- die Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut;
- das Kita-Qualitätsgesetz und der Ausbau der Ganztagsbetreuung schaffen eine verlässliche Betreuungsinfrastruktur;
- und mit der Einführung einer Familienstartzeit gewinnen Väter und Mütter mehr Zeit für ihre Kinder.