Monitor Familienforschung Lebenssituation von Allein- und Getrennterziehenden besser verstehen

Eine Mutter sitzt mit ihren drei Kindern auf einer Coach
Der neue Monitor Familienforschung beleuchtet die Situation von Allein- und Getrennterziehenden © BMFSFJ

Am 22. Juli ist der neue Monitor Familienforschung "Allein- oder getrennterziehen - Lebenssituation, Übergänge, Herausforderungen" des Bundesfamilienministeriums erschienen. Schwerpunkt sind die Ergebnisse neuer Studien unter anderem von Dr. Sabine Hübgen vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und Dr. Christina Boll vom Deutschen Jugendinstitut (DJI), sowie einer umfänglichen Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Was ändert sich bei einer Trennung für die Eltern, insbesondere im Hinblick auf Erwerbstätigkeit, die Aufgabenverteilung und die finanzielle Situation? Durch den genauen Blick auf den Übergang in das Alleine- und Getrennterziehen beantworten die neuen Erkenntnisse viele bisher offene Fragen: 

Unterscheiden sich Alleinerziehende bereits vor Trennung oder Geburt des Kindes von anderen Eltern?

Ja, bereits vor dem Übergang ins Alleinerziehen gibt es deutliche Unterschiede in der soziodemografischen und sozioökonomischen Zusammensetzung zwischen späteren Alleinerziehenden und späteren Paarfamilien. Künftige Alleinerziehende verfügen seltener über einen hohen Bildungsabschluss und sind häufiger nicht erwerbstätig als Eltern in Paarfamilien. Besonders bei den Müttern ist das monatliche bedarfsgewichtete Haushaltsnettoeinkommen von zukünftig alleinerziehenden erwerbstätigen Müttern im Durchschnitt rund 240 Euro niedriger als das von Müttern, die nicht getrennt leben. Für geringqualifizierte, arbeitslose und einkommensarme Personen ist es deutlich wahrscheinlicher, alleinerziehend zu werden. 

Welche Rolle spielt die partnerschaftliche Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit für die Zeit nach der Trennung?

Neue Studien des DJI zeigen, dass Voraussetzung für ökonomische Selbstständigkeit der Mütter nach der Trennung in der Regel die ökonomische Selbstständigkeit vor der Trennung ist. Erfolgt die partnerschaftliche Aufteilung der Kinderbetreuung dagegen erst nach einer Trennung, wirkt sich das nicht unmittelbar positiv auf die ökonomische Selbstständigkeit der Mütter aus.

Führt Alleinerziehen automatisch zum Bezug von  Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II)?

Mittelfristig nicht. Zwar steigt der Anteil der SGB II-Beziehenden kurz nach dem Übergang ins Alleineerziehen an, im Laufe des dritten Jahres nach dem Übergang pendelt sich der SGB II-Bezug jedoch unter das Ausgangsniveau ein. Unterstützt wird diese Entwicklung durch eine erhöhte Inanspruchnahme von Wohngeld und Kinderzuschlag. Ob die Alleinerziehenden von SGB II-Leistungen abhängig sind, wird maßgeblich durch die Lebensumstände vor dem Alleinerziehen geprägt.

Arbeiten Alleinerziehende weniger als Mütter in Paarfamilien?

Nein, Alleinerziehende arbeiten häufiger und mit höherer Stundenzahl als Mütter in Paarfamilien. Beim Übergang ins Alleinerziehen behält über die Hälfte der Alleinerziehenden einen Erwerbsstatus bei. Fast 14 Prozent können ihren Erwerbsstatus sogar verbessern und wechseln direkt im ersten Jahr von der Nichterwerbstätigkeit in eine Teilzeiterwerbstätigkeit oder von einer Teil- zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit. Die Erwerbsbeteiligung ist jedoch stark abhängig von der Arbeitsmarktorientierung vor dem Übergang ins Alleinerziehen.

Ist Allleinerziehen von Dauer?

Nein, für viele Alleinerziehende ist diese Familienform nicht von Dauer. Nach drei Jahren sind fast drei von zehn Eltern nicht mehr alleinerziehend. Betrachtet man nur die jüngeren Alleinerziehenden, so lebt sogar die Hälfte fünf Jahre nach Beginn des Alleinerziehens wieder mit einem neuen Partner zusammen.

Wie ist das Verhältnis zum anderen Elternteil?

Fast drei Viertel bleiben in Kontakt und der Umgang mit dem Kind kann in fast 60 Prozent der Fälle einvernehmlich geregelt werden. Knapp ein Drittel der Alleinerziehenden wird bei der Betreuung spürbar vom anderen Elternteil unterstützt. Knapp neun von zehn der Alleinerziehenden geben an, Anspruch auf Unterhalt für sich oder ihre Kinder zu haben - allerdings erhält die Hälfte die Zahlungen nicht oder nur teilweise, was häufig daran liegt, dass der andere Elternteil über kein ausreichendes Einkommen verfügt. Mehr als ein Drittel beziehen daher Unterhaltsvorschuss - und haben überdurchschnittlich häufig ein schlechtes Verhältnis zum anderen Elternteil.

Sind Alleinerziehende mit ihrem Leben zufrieden?

Die meisten Alleinerziehenden sind mit ihrem Leben zufrieden, wenn auch etwas weniger häufig als Eltern in Paarfamilien. Den größten Einfluss auf die Zufriedenheit hat das Haushaltseinkommen, aber auch das Alter und die Frage, ob ein neuer Partner existiert, spielen eine Rolle. Insbesondere finanzielle Sorgen sind weit verbreitet. Auf der anderen Seite geben aber mehr als zwei Drittel an, ein sehr enges Verhältnis zu ihren Kindern zu haben und sechs von zehn sind stolz darauf, dass sie es schaffen, alleine für sich und ihre Kinder zu sorgen. Knapp zwei Drittel der Trennungsväter, die ohne ihr Kind leben, belastet die Trennung vom Kind allerdings stark oder sehr stark.

Fazit des Monitors Familienforschung

Für die Familienpolitik gilt es, die Erkenntnisse zur Vielfalt und Veränderlichkeit der Lebenssituation getrenntlebender Eltern künftig noch stärker zu berücksichtigen. Die Daten zur Erwerbsbeteiligung, dem Haushaltseinkommen oder dem Transferbezug zeigen, dass vor allem für Mütter die wirtschaftliche Situation vor dem Alleinerziehen die wirtschaftliche Situation nach einer Trennung entscheidend bestimmt. Zentral bleibt daher, durch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen und eine partnerschaftliche Rollenaufteilung zu fördern. Beides wirkt sich auch im Falle einer Trennung positiv aus - sowohl für die ökonomische Selbstständigkeit der Mütter und den Wunsch der Väter, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, als auch für die Kinder, die eine stabile Beziehung zu beiden Eltern aufbauen können.