Berlin Manuela Schwesig zur 2./3. Lesung zum Gesetzesentwurf zur Verbesserungen von Familienleistungen

Manuela Schwesig spricht im Bundestag über die Verbesserungen von Familienleistungen
Manuela Schwesig spricht im Bundestag über die Verbesserungen von Familienleistungen© Bildnachweis: Deutscher Bundestag

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Heute ist ein guter Tag für Familien; denn wir bringen ein milliardenschweres Entlastungspaket für Familien auf den Weg. Das ist eine gute Nachricht für alle Familien in Deutschland.

Klar geht immer mehr. Aber am Ende steht heute die Entscheidung über die Frage: Möchte man, dass Familien steuerlich entlastet werden, dass Familien, die wenig Einkommen haben, Zuschläge bekommen, dass das Kindergeld steigt, dass Alleinerziehende besser unterstützt werden und dass hart arbeitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Abschaffung der kalten Progression endlich leistungsgerechter entlohnt werden? Wenn man all das will, dann kann man dazu Ja sagen, und wenn man das nicht will, dann kann man Nein sagen. Aber eine Enthaltung finde ich relativ feige.

Natürlich würde dieses Familienpaket alleine nicht reichen; das ist klar. Aber die moderne Familienpolitik dieser Bundesregierung besteht aus einem Dreiklang: Wir bauen in Deutschland Kitas und Ganztagsschulen aus, wir sorgen für mehr Zeit für Familien, und wir sorgen für mehr Geld. Diese drei Punkte gehören zusammen.

Wir haben bereits mit vielen Millionen Euro ein neues Kitagesetz auf den Weg gebracht. Wir haben mit 100 Millionen Euro zum 1. Juli das neue Elterngeld Plus auf den Weg gebracht. Jetzt kommen 5 Milliarden Euro hinzu, von denen vor allem Familien profitieren. Das ist die Gesamtoffensive dieser Regierung für Familien.

Die Besonderheit ist, dass wir das alles für die Familien stemmen und auch dafür sorgen, dass alle Familienformen davon profitieren, ohne neue Schulden zu machen, die die Kinder und Enkel belasten. Das ist der vierte entscheidende Punkt für die Familien. Unsere Kinder und Enkel sollen eine gute Perspektive haben und aktuell Unterstützung bekommen.

Die Generationengerechtigkeit gehört zur Familienpolitik. Mir ist wichtig, deutlich zu machen, dass das, was wir heute vorhaben, bei allen Kindern und auch bei allen Familienformen ankommt. Vor kurzem hat mich ein User auf Twitter gefragt, ob ich mich eigentlich auch für die normale Familie einsetze. Daraufhin habe ich ihn gefragt: „Was verstehen Sie unter normaler Familie?“ Das musste alles unter 140 Zeichen bleiben, aber es hat funktioniert. Er antwortete: „Wir, die verheiratet sind und Kinder erziehen.“

Weil das auch eine aktuelle Debatte ist, möchte ich an dieser Stelle sagen: Ich bin Familienministerin für alle Familienmodelle in diesem Land. Ich persönlich habe mich für die Ehe entschieden und bin damit glücklich. Aber das ist für mich nicht Maßstab für alle Familien. Wichtig ist vielmehr, dass wir Familien mit Infrastruktur, mit Zeit füreinander, aber auch mit Geldleistungen unterstützen. Das gilt für Paare mit Kindern mit oder ohne Trauschein, für Alleinerziehende und Patchwork- und Regenbogenfamilien. Wir sollten allen Familien unseren Respekt zugutekommen lassen, und das geschieht durch unser Familienpaket.

Wir sorgen vor allem dafür, dass, wie es die Verfassung vorschreibt, der Freibetrag und das Kindergeld angehoben werden. Man kann immer mehr fordern. Je mehr, desto besser für die Familien, gar keine Frage. Aber ich wundere mich, dass manche unterschätzen, wie wichtig 72 Euro im Jahr für eine Familie sind. Eine Verkäuferin hat mich letztens gefragt, wann die Kindergelderhöhung kommt. Ich habe sie gefragt, ob ihr die 6 Euro im Monat bzw. die 72 Euro im Jahr perspektivisch etwas bringen. Darauf sagte sie: Klar, damit bezahle ich den Fahrschein für mein Kind zur Schule.

Ich bitte wirklich darum, dass jeder Euro für die Familien wertgeschätzt wird; denn es gibt viele Familien in unserem Land, die auf jeden einzelnen Euro angewiesen sind. Wir müssen vor allem die Familien unterstützen, in denen Mutter und Vater jeden Tag aus dem Haus gehen und hart arbeiten, aber der Kinderzuschlag nicht reicht, um aus dem Bezug von Sozialleistungen herauszukommen. Es kann nicht sein, dass in unserem Land Eltern fleißig arbeiten und am Ende von Hartz IV leben müssen. Deshalb haben wir den Mindestlohn eingeführt, und deshalb heben wir auch den Kinderzuschlag an.

Ich sage ganz ehrlich und freimütig: Mir ist die Anhebung des Kinderzuschlages wichtiger als die Anhebung des Kinderfreibetrages; denn das ist eine ganz konkrete Maßnahme zur Bekämpfung der Kinderarmut. Es ist schon komisch, dass die Linke für den Freibetrag wirbt. Es geht nämlich nicht darum, zum Beispiel die Familienministerin mit ihrem Sohn besser steuerlich zu entlasten, sondern darum, dass diejenigen, die auch hart arbeiten, aber wenig in der Tasche haben, besser finanziell unterstützt werden. Das machen wir mit dem Kinderzuschlag.

Ich freue mich, dass wir uns gemeinsam entschieden haben, den Kinderzuschlag zu erhöhen. Wir lösen nicht nur das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ein, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende anzuheben, sondern gehen über unsere Versprechen hinaus und heben zusätzlich den Kinderzuschlag an. Das ist ein starkes und gutes Zeichen für die Bekämpfung der Kinderarmut in unserem Land.

Letzter Punkt, die Steuerentlastung für Alleinerziehende. Ich möchte mich ganz herzlich bei den Koalitionsfraktionen dafür bedanken, dass sie meinen Vorschlag aufgenommen haben, diesen Punkt im Familienpaket zu berücksichtigen. Alleinerziehende Mütter und Väter stemmen viel. Ich habe mich am Wochenende mit 40 alleinerziehenden Müttern und Vätern getroffen. Diese haben mir durch die Bank gesagt: Wir wollen nicht zu denjenigen gehören, über die immer gesagt wird, dass sie zu Hause sitzen und arm sind und dass sich der Staat um sie kümmern muss. Diese Mütter und Väter wollen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Dafür brauchen sie gute Kitas und Ganztagsschulen. Aber dann dürfen sie, wenn sie arbeiten, steuerlich nicht schlechtergestellt werden als Ehepaare.

Deshalb freue ich mich, dass wir nach elf Jahren Stillstand endlich die Steuerentlastung für Alleinerziehende verbessern. Herzlichen Dank an die Koalitionsfraktionen für die Unterstützung! Ja, wir haben an dieser Stelle um die Finanzierung gerungen. Das gehört einfach zum Geschäft dazu. Man kann sich mit dem Finanzminister durchaus einmal heftig streiten. Hauptsache, man kann am Schluss noch zusammen einen Kaffee trinken. Wichtig ist, dass das Geld ankommt und dass die Finanzierung aus Steuermehreinnahmen und Mitteln erfolgt, die beim Familienministerium nicht abfließen.

Die Schwarzmalerei, die die Grünen in der ersten Lesung betrieben haben, als sie behauptet haben, wir würden dann bei den Familien an anderen Stellen kürzen, trifft nicht zu. Das, was den Familien zugutekommt, gibt es on top. Ich will das noch einmal betonen: Wichtig ist, dass wir mit den Familienleistungen die Kinder erreichen sowie Familien, Müttern und Vätern, die Ja zu Kindern sagen, den Rücken stärken. Das ist das Ziel unseres Familienpakets. Es bettet sich ein in die Gesamtstrategie unserer modernen Familienpolitik, die zum Ziel hat, Zeit, Geld und Infrastruktur für Familien zur Verfügung zu stellen.

Ich bin froh, dass dieses Paket pünktlich zu den Sommerferien kommt, sodass es in der einen oder anderen Familie zu guter Laune führt. Vielen Dank!