Berlin Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig bei der ersten Lesung zum Gesetzentwurf für die Verbesserung von Familienleistungen

Manuela Schwesig spricht im Bundestag zu den Verbesserungen der Familienleistungen
Manuela Schwesig spricht im Bundestag zu den Verbesserungen der Familienleistungen© Bildnachweis: BMFSFJ

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

Die Familien sind für mich die Leistungsträger in Deutschland. Dort, wo sich junge Frauen und Männer für Kinder entscheiden, dort, wo Mütter und Väter Kinder großziehen, dort, wo Männer und Frauen sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern – viele von ihnen sind gleichzeitig berufstätig, zahlen Sozialabgaben und Steuern –, dort liegt der Kern des Wohlstands in Deutschland. Deshalb ist jede Unterstützung für Familien für mich eine wichtige Unterstützung, um den Wohlstand und das Wachstum in Deutschland zu erhalten und zu stärken. Die Familien sind die Leistungsträger, und deshalb haben sie auch Unterstützung verdient.

Es stimmt: Nicht eine einzelne Leistung – sei es das Kitaangebot, die Steuerentlastung oder das Kindergeld – reicht, um Familien zu unterstützen. Deshalb muss Familienförderung auf drei Säulen stehen: Erstens: Unterstützung durch die Infrastruktur, durch Ganztagskitas, Ganztagsschulen. Da haben wir im letzten Jahr viel getan. Ich nenne nur das Kitagesetz zur Schaffung von Ganztagsplätzen und die Bildungsgelder für den Ausbau von Ganztagsschulen. Es wird ein Programm für Randzeitenbetreuung geben, das gerade alleinerziehenden Frauen helfen wird, die übrigens häufig im Hartz-IV-Bezug sind, weil sie nicht arbeiten gehen können. Die zweite Säule besteht aus Unterstützung für Familien, damit man Zeit füreinander hat. Auch da haben wir im letzten Jahr viel gemacht: Elterngeld Plus, Familienpflegezeit. Die dritte Säule ist ganz konkrete materielle Unterstützung und Entlastung bei Steuern und Abgaben. Darum geht es heute – Sie haben es gehört –: ein Milliardenpaket für die Familien in Deutschland. Es ist wichtig, dass die Unterstützung jetzt schnell ankommt.

Es ist wichtig für die Handwerksmeisterin, die sich vor vier Jahren selbstständig gemacht hat und im August zum ersten Mal einen Azubi eingestellt hat. Ihr Mann hat ein festes Einkommen. Beide Einkommen reichen gerade so, um über die Runden zu kommen. Es ist wichtig für den alleinerziehenden Vater, der in Vollzeit erwerbstätig ist und mich fragt, wie er seinem Sohn erklären soll, dass er einen Ausflug in den Freizeitpark nicht finanzieren kann. Denn es gibt immer noch die Eltern, die arbeiten gehen, aber am Ende des Monats kaum etwas übrig haben. Deswegen darf kein Euro, auch nicht 6 Euro mehr Kindergeld, unterschätzt werden. Es gibt immer noch viele Mütter und Väter in unserem Land, die auf jeden Euro mehr im Monat angewiesen sind. Wenn der Deutsche Bundestag die Freibeträge und das Kindergeld erhöht, dann deshalb, weil den Familien das zusteht. Mit dem Gesetzentwurf wird endlich die gebotene Anhebung umgesetzt. Auch das Kindergeld wird angehoben. Das Kindergeld ist die beliebteste und verlässlichste Familienförderung, und es ist eine Maßnahme gegen Armut. Die Evaluation hat gezeigt: Durch das Kindergeld schützen wir über 1 Million Kinder vor Armut. Mit dem Kindergeld erreichen wir 17 Millionen Kinder.

Damit alleine nicht, und deswegen war es mir wichtig, dass es nicht alleine bei der Anhebung des Freibetrags und des Kindergelds bleibt. Für mich sind zwei Maßnahmen entscheidend für ein echtes Familienpaket zum Wohle der Kinder – das hat auch die gemeinsame Evaluation von Finanzministerium und Familienministerium gezeigt –: Wir brauchen zur Bekämpfung der Kinderarmut eine Erhöhung des Kindergeldes und den Kinderzuschlag. Mindestlohn, Kindergeld und Kinderzuschlag führen dazu, dass Kinder mit ihren Eltern den Weg aus Armut finden. Das ist nur gerecht; denn Kinder müssen sehen, dass das Geld, das ihre Eltern verdienen, die jeden Morgen aufstehen und arbeiten gehen, reicht, und zwar ohne, dass man Sozialtransfers in Anspruch nehmen muss. Deswegen brauchen wir den Kinderzuschlag.

Ja, mir und vielen anderen war es wichtig – so ist es auch im Koalitionsvertrag verankert –, dass wir nach zehn Jahren endlich ein wichtiges Zeichen an die Alleinerziehenden senden. Die Alleinerziehenden profitieren auch von Kindergeld und Kinderzuschlag, vor allem von den Maßnahmen, die wir im letzten Jahr im Bereich der Infrastruktur vorangebracht haben. Viele der Alleinerziehenden gehen arbeiten und zahlen Steuern. Das heißt ja nicht, dass man für die anderen beim Mindestlohn, dem Kinderzuschlag, den Regelsätzen oder der Infrastruktur nichts tun muss. Ich sage Ihnen: Die alleinerziehenden Frauen und Männer, die jeden Tag arbeiten, arbeiten mehr als die anderen Eltern. Es ist üblich, dass die alleinerziehende Frau im Schnitt ein paar Stunden mehr pro Woche arbeitet und trotzdem weniger Einkommen zur Verfügung hat, und sie arbeitet oft zu Zeiten, in denen andere nicht arbeiten: in Randzeiten, Schichtzeiten. Sie arbeiten überdurchschnittlich viel, um sich und ihre Kinder über die Runden zu bringen. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir endlich den Entlastungsbetrag für die Alleinerziehenden anheben. Sie bekommen dadurch nicht mehr, aber sie werden nun endlich bessergestellt; denn gegen- über Paaren wurden sie bisher ungerecht behandelt. Das ist ein wichtiges Signal. 15 Euro im Monat sind für die alleinerziehende Bürokauffrau, die 2 500 Euro Bruttoeinkommen hat, viel Geld. Eine alleinerziehende Mutter hat mir erzählt, dass sie 180 Euro im Monat für eine Klassenfahrt braucht. Es ist nicht für jeden selbstverständlich, dass man das einfach bezahlen kann.

Fakt ist: Die Alleinerziehenden tun viel. Seit über zehn Jahren wurde der Entlastungsbetrag nicht angehoben. Deswegen ist es an der Zeit, dass wir es tun. Ich freue mich, dass die Regierungsfraktionen sich darauf verständigt haben.

Wichtig dabei ist, dass es nicht nur um die materielle Entlastung geht. Eine Frau, die drei Kinder allein erzieht und Vollzeit arbeitet – das muss man sich einmal vorstellen –, schreibt auf Facebook: Ich freue mich, weil es auch eine Wertschätzung und Anerkennung für die wahnsinnige Leistung von alleinerziehenden Müttern und Vätern ist. – Und genau das ist es: Das Familienpaket, das der Bundestag berät, ist ein Signal der Wertschätzung und der Anerkennung für alle Familien in unserem Land, weil es die Mütter und Väter sind, die den Wohlstand unseres Landes sichern.