Gastbeitrag von Kristina Schröder über den gemeinsamen Kampf gegen Extremismus

Seit einer Woche diskutiert das politische Deutschland über rechtsextremistische Gewalt. Die Debatte ist richtig und wichtig, denn die Vorfälle erschüttern uns zu Recht. Aber: Der Zungenschlag vieler, die sich jetzt zu Wort melden, ist in vielerlei Hinsicht falsch, und manche Behauptung leider auch.

Der Kampf gegen den Extremismus jeglicher Couleur leidet, wenn die Selbstinszenierung politischer Anklagen weiter oben auf der Agenda steht als die Betonung dessen, was unsere Gesellschaft tagtäglich Gutes unternimmt für mehr Toleranz und gegen Gewalt. Unser Einsatz gegen extremistische Tendenzen und Gefahren darf ausdrücklich nicht nur dann Konjunktur haben, wenn etwas frisch passiert oder aufgedeckt worden ist.

Die Regierung Merkel stellt so viele Mittel für den Kampf gegen den Extremismus im präventiven Bereich zur Verfügung wie noch keine andere Regierung zuvor. Seit 2008 geben wir jedes Jahr 24 Millionen Euro für die Bundesprogramme in diesem Bereich aus. Jetzt ist Mitte November, und die Initiativen haben von den bereits bewilligten Geldern 8,5 Millionen Euro noch gar nicht abgerufen. Mir ist nicht bange, dass der Topf nicht leer wird, aber viele, die jetzt reflexhaft nach mehr Geld für Programme gegen Extremisten rufen, sind leider allzu frei von Sachkenntnis.

Bei der Projektförderung gegen Extremisten fehlt entgegen mancher Behauptung von SPD und Grünen auch im nächsten Jahr kein einziger Euro. Denn die zwei Millionen Euro, die im Etat für 2012 weniger ausgewiesen sind, wurden auch bislang nicht für einzelne Projekte, sondern für extern ausgeschriebene Dienstleistungen ausgegeben. Diese Verwaltungsleistungen werden künftig durch Bundesbehörden erledigt. Wer an dieser Stelle von Mittelkürzungen spricht, der redet die Anstrengungen all derer klein, die sich jeden Tag stark dafür machen, dass Initiativen vor Ort für unsere Gesellschaft arbeiten können.

Zu Beginn dieser Legislaturperiode habe ich eingeführt, dass jede Initiative gegen Extremismus vor dem Beginn einer staatlichen Förderung ein Bekenntnis zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung unterzeichnen muss. Wer gegen Extremismus eintritt, sollte ein Bekenntnis zu unserer Werte- und Rechtsordnung als Selbstverständlichkeit unterschreiben können und wollen.

Ich möchte zum Beispiel sichergehen, dass ein Projekt gegen Islamismus nicht hinterrücks mit Islamhassern zusammenarbeitet. Vertreter von SPD und Grünen wollen diese Regelung kippen. Das ist kurzsichtig und gefährlich. In Mecklenburg-Vorpommern haben NPD-Sympathisanten versucht, eine Kita zu unterwandern. Die SPD-Sozialministerin Manuela Schwesig hat als Reaktion darauf ähnlich wie der Bund eine Demokratie-Erklärung für Kita-Betreiber eingeführt. Jetzt müssen dort alle Träger erklären, dass sie auf dem Boden unserer demokratischen Grundordnung stehen. Ich finde das vernünftig. Kein Mensch spricht dort von einem Generalverdacht gegen Kita-Betreiber. SPD und Grüne unterstützen eine Klage gegen unsere Demokratie-Erklärung.

Wenn die Demokratie-Erklärung des Bundes für unzulässig erklärt würde, wäre vermutlich genauso Frau Schwesigs Anti-NPD-Erklärung in Mecklenburg-Vorpommern nicht mehr zulässig. SPD und Grüne müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie mit ihrer politischen Unterstützung der sächsischen Initiative indirekt dazu beitragen können, dass die NPD in Mecklenburg-Vorpommern wieder leichter einen Fuß in die Türen von Kitas bekommt. Das wäre absurd.

Der Kampf gegen Extremisten in Deutschland wird mit dem Kopf entschieden, nicht mit dem vorschnellen Wort. Wer das, was wir gegen Extremisten tun, aus der tagespolitischen Vorteilssuche heraus schlechtredet, betreibt indirekt das Geschäft der Gegner unserer Demokratie. Wir sollten den Kampf gegen Extremisten nicht gegeneinander, sondern miteinander führen und gewinnen.

Der Gastbeitrag erschien am 21. November 2011 im Hamburger Abendblatt.