Rhein-Neckar-Zeitung Dr. Katarina Barley: Mit zweierlei Maß gemessen

Porträtfoto von Dr. Katarina Barley
Bundesministerin Dr. Katarina Barley© Bundesregierung/Steffen Kugler

RNZ: Frau Barley, Frauen müssen beim Friseur meistens mehr bezahlen als Männer. Ist das angesichts häufig aufwendigerer Haarschnitte nicht gerechtfertigt?

Dr. Katarina Barley: Natürlich darf eine aufwändigere Dienstleistung auch mehr kosten als eine, die weniger Zeit und Können erfordert. Warum muss dann aber eine Frau mit einer Kurzhaarfrisur mehr bezahlen als ein Mann mit langen Haaren? Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Das ist nicht richtig.

RNZ: Auch bei Dienstleistungen wie etwa dem Reinigen von Blusen oder Hemden gibt es einen "Geschlechtsaufschlag". Ist das Diskriminierung?

Dr. Katarina Barley: Ja. Wenn das durch eine Mehrleistung nicht gerechtfertigt ist, handelt es sich ganz klar um Diskriminierung.

RNZ: Was ist zu tun, um für gleiche Preise zu sorgen? Ist die Politik gefragt, muss es gesetzliche Regeln geben?

Dr. Katarina Barley: Ich sehe hier zunächst die Unternehmen in der Verantwortung. Sie müssen ihre Preismodelle überprüfen und anpassen. Sollte das nicht passieren, müssen wir prüfen, ob hier der Verbraucherschutz richtig greift.

RNZ: Wie können sich Frauen wehren, wenn sie den Eindruck haben, dass sie mit unterschiedlichen Preisen für gleiche Leistungen übers Ohr gehauen werden?

Dr. Katarina Barley: Ich bin immer dafür, Ungleichbehandlungen und offensichtliche Ungerechtigkeiten direkt anzusprechen. Das funktioniert bei der Reinigung an der Ecke natürlich leichter als bei der Drogerie-Kette. Aber Verbraucherinnen und Verbraucher sollten ihre Macht nicht unterschätzen. Wer seine Kundinnen über den Tisch zieht, darf damit nicht davonkommen.

RNZ: Fängt die Diskriminierung eigentlich schon im Kinderzimmer an - etwa bei Spielzeug, Kleidung oder anderen Produkten speziell für Mädchen oder Jungen?

Dr. Katarina Barley: Ja, selbstverständlich. Produkte, die für Mädchen gedacht sind, sind oft teurer als Produkte für Jungs. Ein bisschen rosa Farbe rechtfertigt das nicht. Das gefährliche daran ist, dass Kinder und Jugendliche so an eine unfaire Behandlung gewöhnt werden.



Interview: Tobias Schmidt