Passauer Neue Presse Franziska Giffey: "Familien haben eine besondere Verantwortung"

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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey© Thomas Imo/photothek.net

Passauer Neue Presse: Frau Giffey, die Corona-Epidemie breitet sich auch in Deutschland immer weiter aus. Die Bundeskanzlerin spricht von einer Probe für die Gesellschaft und fordert Solidarität. Muss die Gesellschaft jetzt zusammenrücken?

Franziska Giffey: Das Coronavirus prägt inzwischen den Alltag und ist Thema in vielen Gesprächen. Vor allem ältere Menschen und Hochbetagte sind gefährdet. Darauf weisen wir als Seniorenministerium natürlich hin. Hier haben die Familien eine besondere Verantwortung. Es geht darum, vernünftig und besonnen zu handeln und alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Jeder Einzelne muss sich genau überlegen, ob Dinge wirklich sein müssen oder nicht. Alle sollten Rücksicht nehmen, ein Stück verzichten und sensibel sein. Da müssen Treffen mit den Großeltern oder der Konzertbesuch, auf den man sich schon lange gefreut hat, eben mal ausfallen. Und wer kann, sollte mobil von zu Hause aus arbeiten und sich nicht in volle Busse und Bahnen setzen. Ziel ist jetzt, die Verbreitung der Epidemie zu verlangsamen. Da geht die Vernunft vor.

Passauer Neue Presse: Italien und Dänemark schließen alle Schulen. Sollte es auch hierzulande Corona-Ferien geben?

Franziska Giffey: Natürlich hat die Gesundheit Priorität. Und da, wo es konkrete Krankheits- oder Verdachtsfälle gibt, sind temporäre Schließungen auch nötig. Das muss entsprechend der jeweiligen Lage vor Ort bewertet und entschieden werden. Man darf nicht ganz vergessen: Eine flächendeckende Schließung von Kitas und Schulen würde voraussichtlich zu einem Problem bei der Kinderbetreuung führen. Da wären dann auch Eltern betroffen, die an anderer Stelle, etwa in Kliniken, in der Pflege und in Arztpraxen, fehlen würden. Häufig springen die Großeltern bei der Betreuung ein. Damit würden die Älteren gerade aber umso mehr gefährdet.

Passauer Neue Presse: Vor allem Frauen werden betroffen sein, wenn es um Kinderbetreuung geht…

Franziska Giffey: Natürlich sind die Frauen ganz besonders betroffen. Wenn die Kinder in Kita und Schule nicht betreut werden können, sind es in erster Linie die Mütter, die zu Hause bleiben. Jeder muss sich jetzt fragen, wie Arbeit anders organisiert werden kann. Dort, wo flexibles Arbeiten und Homeoffice möglich sind, sollte man diesen Weg gehen.

Passauer Neue Presse: SPD und Gewerkschaften fordern ein Recht auf Homeoffice. Wäre das auch für künftige Krisen der richtige Weg?

Franziska Giffey: Man muss eines dabei sehen: Es gibt Branchen, in denen das nicht funktioniert. Mobile flexible Arbeit zu Hause hat Grenzen. Dort, wo es geht, sollten es Arbeitgeber aber möglich machen. Es kann helfen, Familie und Beruf besser in Einklang zu bringen. Und in Zeiten von Corona vermindert es Ansteckungsrisiken, weil Menschen sich schlicht nicht direkt begegnen.