Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Interview mit der Süddeutschen Zeitung

Kristina Schröder spricht im aktuellen Doppelinterview der Süddeutschen Zeitung mit der TV-Moderatorin Lisa Ortgies über die Sinnhaftigkeit einer Frauenquote und die Rolle des Staates in der Gleichstellungspolitik.

SZ: Frau Schröder, haben Sie Alice Schwarzer schon gedankt?

Kristina Schröder: Warum?

SZ: Sie haben kritisch über den Feminismus gesprochen - und die Emma-Herausgeberin hat so laut zurückgeschlagen, dass es alle hören mussten.

Kristina Schröder: Ich finde es gut, über Feminismus zu diskutieren. Schade, dass Alice Schwarzer gleich so persönlich geworden ist. Das hilft der Sache nicht und schadet uns Frauen, weil wir dann schnell der Stutenbissigkeit bezichtigt werden. Dabei ist das nur ein weiteres Klischee, das in die Mottenkiste gehört.

SZ: Warum haben Sie das Thema dann überhaupt angepackt?

Kristina Schröder: Weil der Feminismus ein wichtiges Thema ist - gerade für mich als Frauenministerin. Wer sich für gleiche Chancen für Frauen und Männer starkmacht, muss auch eine Meinung zu Simone de Beauvoirs These haben. Die Frage lautet: Wird eine Frau als Frau geboren oder erst dazu gemacht? Diese Frage kann einen doch nicht kaltlassen, oder?

SZ: Simone de Beauvoir fand, dass eine Frau erst zur Frau gemacht wird, und Sie mögen diese These nicht, das ist klar herausgekommen.

Kristina Schröder: Stimmt, denn nicht alle Unterschiede lassen sich wegerziehen - zum Glück, denn das halte ich auch überhaupt nicht für wünschenswert. Männer und Frauen sind nicht in jeder Hinsicht gleich, aber, und das ist entscheidend, sie müssen gleichberechtigt sein.

Lisa Ortgies: Einspruch. Abgesehen von den Fortpflanzungsorganen gibt es keine gravierenden biologischen Besonderheiten. Alle seriösen Studien belegen, dass es keine hirnphysiologischen Unterschiede gibt. Mathematische, sprachliche, intellektuelle, also alle kognitiven Fähigkeiten sind bei Männern und Frauen gleich verteilt. Auch die Bindung zu einem Kind entsteht über Kontakt, und nicht über Gene. Das heißt, Männer und Frauen starten mehr oder weniger mit den gleichen Voraussetzungen - und haben bis heute trotzdem nicht die gleichen Freiheiten und Chancen. Deshalb kämpfen Frauen um Gleichberechtigung.

SZ: Dann müssten Sie eigentlich Frau Schröder dankbar sein: So ein Streit schärft demnach das Bewusstsein?

Lisa Ortgies: Nur wenn er gut geführt wird. Ich finde es sehr schwierig, dass Sie, Frau Schröder, erklärt haben, Sie hätten sich auf den Feminismus bezogen. Es gibt doch ein riesiges Sammelbeckenvon einander teilweise widersprechenden Theorien.

SZ: Heißt das, am besten alle Theorien über Bord werfen?

Lisa Ortgies: Nein. Im Gegenteil. Mein Verdacht ist nur, dass Frau Schröder nicht über Feminismus sprechen will, sondern ganz alte Ressentiments bedient, ganz alte Rollenbilder hervorzieht, umden Druck zu lindern, als politisch Verantwortliche auch handeln zu müssen.

Kristina Schröder: Wer bedient denn jetzt Ressentiments? Mich stört es einfach, dass manche Frauen über Frauen immer nur aus der Opferperspektive reden. Die Lage ist jetzt eine andere als vor zwanzigJahren. Diesen Weg werde ich auch weitergehen. Aber ich mache das eben anders. Ich will keine Umerziehung. Weil ich der Überzeugung bin, dass es über die Geschlechtsmerkmale hinausUnterschiede zwischen Frauen und Männern gibt, die wir nicht leugnen können. Sei es etwa beim Aggressions- und Bindungsverhalten oder auch beim räumlichen Vorstellungsvermögen.

SZ: Feminismus ist für Sie Gleichmacherei?

Kristina Schröder: Er sollte es auf jeden Fall nicht sein. Wenn sämtliche Unterschiede zwischen Mann und Frau tatsächlich nur ein soziales Konstrukt oder anerzogen wären, könnten wir mit der Frauenpolitik erst aufhören, wenn es 50 Prozent E-Technikerinnen, Lokführerinnen und Ingenieurinnen gäbe.

Lisa Ortgies: Das ist doch Unsinn. Es ist genau umgekehrt. Wenn man argumentiert wie Sie, dann könnte man mit dem Kampf um echte Gleichberechtigung sofort aufhören. Wer biologische Unterschiede als gottgegeben annimmt, der muss nichts mehr tun, weil ja gar nichts mehr dagegen getan werden kann. Sie unterstellen bei Frauen ein anderes Bindungsverhalten, ein anderes Aggressionsverhalten, wahrscheinlich noch: mehr Muttergene. Dann bleibt die Frau am Ende doch lieber wieder zu Hause.

Kristina Schröder: Das ist reine Polemik. Ich sage: Natürlich hat die Erziehung einen großen Einfluss auf Verhalten und Entwicklung. Aber viele Frauen, die eine gute Ausbildung sowie gute Job-Perspektiven haben, entscheiden sich bei der Geburt des ersten Kindes doch dafür, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Wollen Sie denen vorhalten, sie hätten die falsche Entscheidung getroffen? Sagen Sie diesen Frauen, du willst gar nicht bei deinem Kind bleiben, das sind nur Rollenerwartungen der Gesellschaft?

Lisa Ortgies: Nein, aber ganz sicher muss man ihnen sagen, dass sie ein großes Armutsrisiko eingehen. Nach dem neuen Scheidungs- und Unterhaltsrecht sind sie nach einer Trennung diejenigen, die die größten Nachteile haben. Darüber aufzuklären ist auch Ihre Aufgabe als Ministerin. Gehört habe ich da noch nichts.

Kristina Schröder: Jede Lebensentscheidungen, das ist richtig, ist mit Risiken verbunden. Und ja, der Staat hat die Aufgabe, darauf hinzuweisen. Was mich aber wirklich stört, ist der Versuch vor allem bei den Linken, die Menschen umerziehen zu wollen. Das widerspricht meinem Menschenbild. Jeder und jede soll selbst entscheiden können, was sie möchte.

Lisa Ortgies: . . . und zu meinem Menschenbild gehört, dass Männer und Frauen einfach die gleichen Chancen und die gleichen Rechte bekommen, um wirklich frei entscheiden zu können. Und das haben wir immer noch nicht erreicht.

SZ: Also braucht man eine Quote.

Kristina Schröder: Die Quote ist nicht das Allheilmittel, auch wenn das viele behaupten. Die Frauenquote doktert nämlich nur an den Symptomen herum und heilt nicht die Ursachen. Außerdem benötigen wir dieses Mittel heute nicht mehr - die Unternehmen haben längst erkannt, dass sie Frauen an der Spitze brauchen.

SZ: Sie sind doch selbst eine Quotenfrau. Als die Kanzlerin eine Nachfolgerin für Ursula von der Leyen suchte, musste es eine Frau aus Hessen sein. Die doppelte Quote sozusagen.

Kristina Schröder: Sehen Sie, da haben Sie es: Quote ist ein Schmähbegriff! Und das genau stört mich, weil Menschen damit abqualifiziert werden sollen.

Lisa Ortgies: Aber Sie könnten doch trotzdem durch Leistung überzeugen. Frauen machen sich darüber Sorgen, ob sie als Quotenfrau bezeichnet werden, Männern ist das egal, und die sind ja nun wirklich auch nicht alle über Qualifikation in ihren Job gekommen. Im Übrigen: Quote bedeutet, dass eine Frau bei gleicher (!) Qualifikation vorgezogen wird.

SZ: Wir würden, Frau Schröder, gern verstehen, warum Sie so gegen eine Quote sind, die doch viele gute Frauen in Ihrer Partei nach vorne gebracht hat.

Kristina Schröder: Stimmt, aber ich kann Ihnen versichern, dass viele Frauen damit ein Problem haben. Die Quote ist ein leistungsfremdes Kriterium. Mehr noch: Sie müssen beweisen, dass Sie eben nicht wegen der Quote, sondern wegen ihrer Qualität dort sitzen, wo sie sitzen.

SZ: Haben Sie dann eine Erklärung dafür, warum vor allem die älteren Frauen auch in CDU und CSU heute wieder vehement für die Quote eintreten?

Kristina Schröder: Das ist auch eine Generationenfrage. Frauen meiner Generation wachsen in einem anderen Umfeld auf, haben vielleicht eine berufstätige Mutter, leben öfter in gleichberechtigten Partnerschaften. Daher muss jede Generation eine eigene Antwort finden.

Lisa Ortgies: Ist es nicht viel eher so, dass diese Frauen in der Union die Familienerfahrung einfach schon gemacht haben, oder an die gläserne Decke gestoßen sind - und deshalb die negativen Seiten besser kennen als Sie?

SZ: Würden Sie, wenn Sie es könnten, die Quote in der CDU abschaffen?

Kristina Schröder: . . (zögert lange) . . . Gute Frage. Aber nein, das würde ich nicht. Ich habe nichts dagegen, dass Parteien oder Unternehmen sich selbst eine Quote setzen.

SZ: Obwohl sie leistungsfremd ist? Wo ist dann Ihr Argument dafür?

Kristina Schröder: . . . (zögert wieder) . . . Weil ein Ziel, das man sich freiwillig setzt, auf eine andere Akzeptanz stößt als eine pauschale Quote, die der Gesetzgeber auferlegt. Eine staatlich verordnete Quote, die der Staat allen Unternehmen vorschreibt, ist ein Problem für die Firmen - vor allem in Branchen wie der Stahlindustrie, in denen es wenige Frauen gibt.

Lisa Ortgies: Ich kann Sie an der Stelle einfach nicht verstehen. Es gibt heute glasklare Studien darüber, dass Frauen erst dann Einfluss auf eine Unternehmenskultur, also auf die Präsenzkultur, auf Dauer-Konferenzen haben, wenn ihr Anteil auf allen Ebenen mindestens 30 Prozent ausmacht. Trotzdem passiert nichts, im Gegenteil, der Frauenanteil in Führungsgremien hat sich sogar noch verringert. Studien belegen ganz klar, dass Firmen mit Frauen in der Führungsebene profitieren. McKinsey hat errechnet, dass Firmen 48 Prozent mehr Gewinn machen mit mehr Frauen. Mein Verdacht ist daher, dass die Broschüren über Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die schönen Statements auf Bilanzpressekonferenzen, dass diese ganze Emanzipationsfolklore die reale Stagnation verdeckt.

Kristina Schröder: Gerade weil sie profitieren würden, sind Unternehmen doch schön blöd, wenn sie nicht bereit sind, das Potential von Frauen zu nutzen. Und das passiert ja auch zunehmend. Aber ich finde nicht, dass der Staat dazu da ist, die Firmen zu ihrem Glück zu zwingen.

Lisa Ortgies: Sie haben einen tiefen Glauben in die Rationalität von Unternehmensentscheidungen. Das Reden ist das eine, die Zahlen sind das andere. Und die Diskrepanz ist noch immer gigantisch.

Kristina Schröder: Und Sie trauen der Wirtschaft nicht zu, die Potentiale von Frauen zu erkennen. Dabei werben längst nicht nur Großkonzerne mit Programmen zur Frauenförderung, auch der deutsche Mittelstand hat das ganz oben auf der Agenda. Dabei geht es nicht um schmückendes Beiwerk im Geschäftsbericht, sondern um knallharte ökonomische Interessen - vor allem in Zeiten wachsenden Fachkräftemangels.

Lisa Ortgies: Wenn stimmt, was Sie sagen, würden sich doch die Firmen um Frauen reißen, aber tatsächlich gibt es in deutschen Unternehmen - je nachdem, wie man Führungsebene definiert – zwischen null und 20 Prozent Frauen, selten mehr. Und außerdem sind es immer wieder dieselben wenigen Firmen, die sich als Frauenförderer profilieren.

Kristina Schröder: Wir dürfen jetzt aber auch nicht so tun, als würden alle Frauen eine Führungsposition anstreben. Viele Frauen wollen sich das unter den heutigen Bedingungen auch nicht antun – 70 Stunden pro Woche arbeiten und keine Zeit mehr für die Familie. Eine Frauenquote hilft diesen Müttern überhaupt nicht. Was sie brauchen, wenn die Kinder krank im Bett liegen, sind familienfreundliche Arbeitszeiten. Oder wollen Sie diesen Müttern vorschreiben, dass sie stattdessen lieber im Meeting sitzen?

Lisa Ortgies: Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Frauen scheitern an den Strukturen, wollen aber gleichzeitig darauf Einfluss nehmen, sie haben die Ambitionen und den Ehrgeiz, aber die Strukturen sind gegen sie.

SZ: Frau Ortgies, die Zahl der Väter, die Vätermonate nehmen, wächst. Bei der vielen Kritik an der Ministerin – ist das nicht ein Grund zum Lob?

Lisa Ortgies: Das wäre es erst dann, wenn die Vätermonate ein echtes Zeichen von Gleichberechtigung und Gleichstellung sind. Bislang sind sie das nach meiner Kenntnis nicht. Nur sechs Prozent aller Väter nehmen mehr als jene zwei Monate, die man nehmen muss, wenn man die maximale Förderung erhalten will. Das heißt: Es gibt riesige Mitnahmeeffekte - und bei den meisten ist die echte Gleichstellung nach zwei Monaten schon wieder vorbei. Lob gäbe es, wenn Frau Schröder beim Elterngeld wirklich halbe-halbe macht: sieben Monate er, sieben Monate sie. Dann hätten wir was erreicht.

Kristina Schröder: Das sehe ich völlig anders. Das würde die Wahlfreiheit jedes Einzelnen beschränken. Jeder fünfte Vater nimmt heute Partnermonate - das ist ein riesiger Erfolg! Heute kann sich der Personaler nicht sicher sein, ob nicht auch der männliche Bewerber eine Weile zu Hause bleibt. Im Übrigen zeigt die große Nachfrage nach den Vätermonaten, dass Väter heute viel mehr Zeit für Familie und ihre Kinder haben wollen. Wir müssen diese Wünsche ernst nehmen und helfen, dass Väter sie verwirklichen können - ohne ihnen das zu diktieren. Genau das ist der Unterschiedzwischen Wahlfreiheit und Umerziehung.

Lisa Ortgies: Wenn das stimmt, dann könnten Sie diesen Vätern doch helfen. Eine klare gesetzliche Regelung, das Elterngeld zu teilen, würde vielen Vätern das Argumentieren gegenüber dem Arbeitgeber und den Kollegen massiv erleichtern. Wenn es über das Halbe-Halbe gar keine Debatten geben könnte, würde es viel mehr gemacht werden.

Kristina Schröder: Eine klare Regelung sieben plus sieben wäre im Ergebnis nur eine radikale Elterngeldkürzung mit gleichheitspolitischem Schleifchen. Klar, es ist schön, wenn Väter mehr als zwei Monate nehmen wollen und können. Das können sie aber auch heute schon. Die Gefahr bei einer starren Regelung wäre, dass Partnermonate dann gar nicht mehr in Anspruch genommen werden - entweder, weil das beruflich schwierig ist oder weil die Familie auf das Haupteinkommen nicht siebenMonate lang verzichten kann. Deshalb ist es besser, mit zwei zusätzlichen Partnermonaten einen ersten Schritt zu machen. Und das funktioniert eben doch.

Lisa Ortgies: Was bei mir dann doch den Verdacht auslöst, dass Sie sich nicht trauen, etwas zu tun. Wenn für ein halbes Jahr ein Ersatz gefunden werden muss, dann ändert sich weit mehr in Arbeitsabläufen und Köpfen, als wenn ein Mann eine Art verlängerten Urlaub nimmt.

SZ: Wenig getan wird bis heute gegen ein sehr großes Problem: die noch immer unterschiedliche Bezahlung bei gleicher Arbeit. Eigentlich ist das ein Verstoß gegen das Grundgesetz.

Kristina Schröder: Auch so ein Beispiel für die Unehrlichkeit der Diskussion. Gleiches Geld für gleiche Arbeit - der Grundsatz ist völlig richtig. Aber die Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Da heißt es etwa, Frauen verdienen im Durchschnitt 23 Prozent weniger als Männer. Das heißt aber nicht, dass Frauen in genau der gleichen Position 23 Prozent weniger verdienen. Und ja, ich halte es für legitim, wenn ein Unternehmen einen E-Techniker besser bezahlt als eine Germanistin. Was ich aber für problematisch halte, ist, wenn ein Tierpfleger besser bezahlt wird als eine Kinderpflegerin. Da liegt nämlich das Problem: Oft werden klassisch weibliche Berufe schlechter bezahlt als klassischmännliche. Das liegt oftmals auch daran, dass klassisch männliche Berufe den Unternehmen mehr Gewinn bringen. So oder so: Lohnstrukturen sind eine Sache der Tarifparteien.

Lisa Ortgies: Sie können aber bei der Bewertung der Arbeit andere Akzente setzen. Bei staatlichen Einrichtungen, in der Altenpflege etwa, könnten Sie Einfluss nehmen auf die Bezahlung. Siegeben aber das Signal, die Bezahlung liege in der Eigenverantwortung der Frauen, das sei eine Frage individuellen Handelns.

Kristina Schröder: Nein, die Löhne für Altenpflegerinnen kann ich nicht festlegen. Schlimm ist, dass Frauen jahrelang, auch beim Gehalt, darunter leiden, wenn sie für die Kinder aus dem Beruf ausgestiegen sind. Das wollen wir ändern, etwa indem wir Müttern beim Wiedereinstieg helfen. Frauen, die für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt werden, können außerdem nach dem Antidiskriminierungsgesetz klagen.

Lisa Ortgies: Frauen erfahren das doch häufig gar nicht, weil es keine Transparenz gibt. Sie erfahren vielleicht mal zufällig beim Mittagessen oder an der Theke nach der Konferenz, dass ihr männlicherKollege mehr verdient. Und wenn die dann zu ihrem Chef gehen, sagt der: Tja, schlecht verhandelt.

SZ: Frau Schröder, Sie haben immer wieder gesagt, Sie würden nicht gern als Feministin bezeichnet werden. Warum wäre Ihnen das so unangenehm? Und Frau Ortgies: Sind Sie gern eine? Schließlich haben wir mit Ihnen beiden hier eine Quotenkämpferin, die keine Quotenfrau ist, und eine Quotengegnerin, die gleichwohl eine Quotenfrau ist.

Kristina Schröder: Mit einem Feminismus, der quasi sämtliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen leugnet und die Menschen umerziehen will, kann ich in der Tat nichts anfangen. Wenn man das aber als Gleichberechtigung interpretiert, als gleiche Chancen und Möglichkeiten für beide Geschlechter, dann kann ich mit dem Begriff durchaus etwas anfangen. ... (zögert) ... dann binich vielleicht sogar selbst eine.

Lisa Ortgies: Formal ist es vorbei mit offenkundiger Diskriminierung, theoretisch ist die Gleichberechtigung da, aber sie wird nicht gelebt. Jetzt gilt es, innere Rollenbilder zu ändern und endlich eine echte Gleichstellung zu erreichen. Ich hätte jedenfalls nichts dagegen, Quotenfrau zu sein, bin aber keine. Und ich bin gern Feministin. Denn jetzt wird es erst richtig spannend.

Das Interview erschien am 29. November in der Süddeutschen Zeitung. Das Gespräch führten Cathrin Kahlweit und Stefan Braun.