Von der Leyen: "Wir schlagen Brücken zurück in die Arbeitswelt"

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen, und der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-J. Weise, starten die Bewerbungsphase für das Programm "Perspektive Wiedereinstieg". Die breit angelegte Initiative hat zum Ziel, gezielt Frauen zu unterstützen, die familienbedingt mehrere Jahre aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und jetzt wieder in eine Erwerbstätigkeit einsteigen wollen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz unterstützt das Projekt. Eine hochkarätig besetzte Jury wird Anfang 2009 entscheiden, welche Projekte an der Modellphase teilnehmen und damit von der Förderung in Gesamthöhe von rund 30 Mio. Euro (darunter 14 Mio. Euro aus dem Europäischen Sozialfonds) profitieren.

"Frauen, die mehrere Jahre aus dem Beruf ausgestiegen sind, haben keinen Anlass zu glauben, der Zug zurück in den Job sei für sie abgefahren. Der Zeitpunkt ist günstig, die Wirtschaft sucht hoch motivierte Fachkräfte und wir wissen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Wiedereinsteigerinnen über gute Qualifikationen verfügt. Wir wollen Frauen, die Chancen suchen und die Unternehmen, die Chancen bieten, zusammenbringen. Unsere Modellprojekte schaffen lokale Netzwerke, die die Lücken zwischen den Wiedereinsteigerinnen, der Arbeitsagentur und den Unternehmen überbrücken. Deswegen fördern wir Träger, die Kontakte und Wissen über die Lage der Frauen mitbringen und gezielt dort helfen können, wo es häufig beim Schritt zurück in die Erwerbstätigkeit hakt. Mit der Bundesagentur für Arbeit haben wir einen starken Partner an unserer Seite, der nicht nur enorme Beratungskompetenz einbringt, sondern die besten Ideen nach der Erprobungsphase in die Fläche übertragen soll", sagt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.

Bundesminister Olaf Scholz: "Gleichstellungspolitik und Frauenförderung haben für uns einen hohen Stellenwert. Das wollen wir auch im Recht der Arbeitsförderung noch deutlicher herausstellen. Deshalb soll im Zuge der geplanten Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente neben dem Gleichstellungsprinzip auch der gesetzliche Auftrag der Mindestbeteiligung von Frauen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in die übergeordneten Ziele der Arbeitsförderung aufgenommen werden. Zu den gesetzlichen Aufgaben der BA gehört auch die Unterstützung von Frauen und Männern, die nach Zeiten der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen in die Erwerbstätigkeit zurückkehren wollen. Und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitsuchenden Arbeitslosengeld beziehen oder nicht. Deshalb begrüße und unterstütze ich die Initiative 'Perspektive Wiedereinstieg'."

80 Prozent der nicht erwerbstätigen Frauen wollen spätestens wenn die Kinder größer sind zurück in den Beruf. Viele Frauen ab 40 suchen Anknüpfungspunkte oder eine Struktur, die ihnen auf ihrem Weg zurück ins Erwerbsleben hilft. Die meisten kommen gar nicht auf den Gedanken, sich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden, weil sie sich nicht als arbeitslos betrachten. Nur 8 Prozent von ihnen sind arbeitsuchend gemeldet. Viele Frauen geben schon bei der Suche oder in den ersten Monaten im neuen Job entmutigt auf, etwa weil ihnen alles über den Kopf wächst, weil Qualifikationen veraltet sind, weil sie oder ihr Arbeitgeber unrealistische Erwartungen hegen oder auch weil die Familie nicht mitzieht. Hier setzt das Programm "Perspektive Wiedereinstieg" an. Gefördert werden erfahrene Träger, die lokale Netzwerke zur Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen aufbauen. Ihre Aufgabe ist, der örtlichen Agentur für Arbeit Wissen und Kontakte zu den Frauen zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam mit regionalen Akteuren aus Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden sollen sie Wiedereinsteigerinnen gezielt und dauerhaft zur Seite stehen.

"Die Bundesagentur will für Frauen, die nach einer längeren Familienpause wieder in den Beruf einsteigen wollen, ein individuelles, unbürokratisches und umfassendes Beratungs- und Unterstützungsangebot zur Verfügung stellen", so der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-J. Weise. "Auch wollen wir Arbeitgeber überzeugen, in ihrer Personalplanung die Potenziale von Wiedereinsteigerinnen viel öfter zu berücksichtigen. Diese Frauen bringen ganz objektive Vorteile für ein Unternehmen mit: Ihre Familienplanung ist abgeschlossen, sie sind belastbar und stressresistent und verfügen oft über gute berufliche Erfahrungen und Kenntnisse."

Eckdaten zum Programm "Perspektive Wiedereinstieg"

  • Bewerberkreis: Einrichtungen und Träger, die in der Lage sind, regionale Netzwerke aufzubauen (z.B. Ortsverband der Diakonie, katholischer Frauenverband am Ort, Regionalstelle "Frau und Arbeitsmarkt", Regionale Unternehmensverbände, Frauenbeauftragte, etc.).
  • Bewerbungsfrist: Ab heute (24.9.) bis 31. Oktober 2008, 15.00 Uhr.
  • Anzahl: Deutschlandweit bis zu zehn Projekte.
  • Auswahlkriterien: Erfahrungen im sog. "Case Management", Kontakte zur und Wissen über die Zielgruppe, familienfreundliche Infrastruktur und chancenreicher Arbeitsmarkt vor Ort, gute Verbindungen zu Arbeitsagentur, Beratungsstellen, Weiterbildungsträger, Unternehmen, etc..
  • Förderstart: Februar 2009 (auf drei Jahre angelegt). Laufzeitende: 2011
  • Gesamtbudget von rund 30 Mio. Euro (14 Mio. Euro aus dem Europäischen Sozialfonds + Kofinanzierung u.a. durch die Bundesagentur für Arbeit).
  • Aufruf und Antragunterlagen sind unter www.esf-regiestelle.eu abrufbar.

Für die Jury konnten neun Persönlichkeiten gewonnen werden: 

  • Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
  • Detlef Scheele, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales
  • Dr. Frank-Jürgen Weise, Vorsitzender des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit
  • Margret Suckale, Vorstand für Personal und Dienstleistungen der DB Mobility Logistics AG
  • Petra Ledendecker, Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen
  • Prof. Dr. Joachim Möller, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
  • Brunhilde Raiser, Erste Vorsitzende des Deutschen Frauenrates
  • Ingrid Sehrbrock, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes
  • Dr. Monika Stolz, Ministerin für Arbeit und Soziales des Landes Baden-Württemberg und zugleich Vorsitzende der GFMK (Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz)

Neben dem Programm "Perspektive Wiedereinstieg" wird es ein gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit entwickeltes Internetportal speziell für Wiedereinsteigerinnen geben, das Anfang 2009 online geht. Um rasch in der Breite Wirkung zu erzielen, sind zudem auf lokaler Ebene bewährte und bereits in der Fläche verankerte Strukturen wie die Lokalen Bündnisse für Familie, die Mehrgenerationenhäuser oder das Bundesprogramm Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS) in das Aktionsprogramm einbezogen. Sie sollen künftig im Rahmen ihrer jeweiligen Angebotspalette gezielte Schwerpunkte für die Zielgruppe der Wiedereinsteigerinnen setzen.

Im Jahresdurchschnitt 2007 waren bei den Arbeitsagenturen rund 60.000 Berufsrückkehrerinnen arbeitslos gemeldet (und 600 Männer). Das waren knapp 9 Prozent aller arbeitslos gemeldeten Frauen im Rechtskreis SGB III. Sie sind meist hoch motiviert und haben gute Chancen auf eine Integration in den Arbeitsmarkt. 87 Prozent der Befragten haben laut einer Umfrage der BA eine abgeschlossene formale Ausbildung, und etwa die Hälfte der Frauen hat die Berufstätigkeit für maximal drei Jahre unterbrochen.

"Gelingt einer Mutter um das 40. Lebensjahr der Wiedereinstieg, gibt es auf allen Seiten nur Gewinner. Gelingt der Wiedereinstieg in den Beruf, haben diese Frauen um die 40 noch rund 25 Erwerbsjahre bis zur Rente vor sich. Das ist eine lange und gute Zeit, die sie nutzen können, um sich neue berufliche Perspektiven zu erarbeiten und ihre eigene Alterssicherung deutlich zu verbessern. Auch für die Unternehmen rechnet sich die Beschäftigung von Frauen nach der Familienzeit. Sie sind in der Regel hoch motiviert, zuverlässig und reich an Lebenserfahrung und Kompetenz. Diese Erkenntnis muss in Zeiten eines nahenden Fachkräftemangels jeden pfiffigen Personaler aufhorchen lassen. Unsere Gesellschaft kann auf die beruflichen Potentiale der Wiedereinsteigerinnen nicht verzichten", so von der Leyen.