Ursula von der Leyen: "Stimmungswandel gibt Schubkraft für ein familienfreundliches Deutschland"

"Die Lebenseinstellungen sind nicht ein für alle mal in Stein gemeißelt: Die Bevölkerung versteht, dass junge Mütter und Väter heute neue Lebenspläne verfolgen und hält sie für richtig. Mütter - auch mit kleinen Kindern - wollen arbeiten. Väter wollen Zeit für ihre Kinder haben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist zum Topthema unserer Gesellschaft geworden", sagt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zum heute veröffentlichten Allensbach Familienmonitor. "Der messbare Stimmungswandel gibt allen Schubkraft, die konsequent daran arbeiten, dass Deutschland familienfreundlicher wird. Mit dem Aktionsprogramm Kindertagespflege und der Ausweitung unseres Förderprogramms für Kinderbetreuungsangebote der Betriebe wollen wir das Tempo hoch halten", sagt von der Leyen.

Das stärkere Engagement der Väter zeige sich nicht nur im wachsenden Anteil der Väter, die Elternzeit nehmen. Der Stimmungswandel wird laut der repräsentativen Allensbach-Umfrage im August 2008 auch von der gesamten Gesellschaft im Alltag wahrgenommen. Zwei Drittel der Befragten haben den Eindruck, dass sich Väter heute mehr an der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder beteiligen als früher. Unter den jungen Vätern haben diesen Trend sogar drei Viertel registriert und fast alle finden diese Entwicklung gut. "Es wird immer selbstverständlicher, dass ein Vater im Beruf für einige Zeit aussetzt, um sich um seine Kinder zu kümmern", sagt von der Leyen. "Die jungen Männer, die in den vergangenen 18 Monaten Vätermonate beantragt haben, haben einen eindeutigen Trend begründet."

Die Mehrheit der nicht berufstätigen Mütter so Allensbach - wäre gern berufstätig, mit Teilzeit in unterschiedlichen Varianten. "Nur 16 Prozent der Mütter, die zurück in den Beruf streben, möchten Vollzeit arbeiten, knapp die Hälfte wünschen sich maximal eine Halbtagsstelle", erläutert Allensbach-Geschäftsführerin Prof. Dr. Renate Köcher. Vorrangiges Thema bleibt für die meisten Familien die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Befragten setzen dieses Thema in die Spitzengruppe der Aufgaben von Politik und sehen nach wie vor Nachholbedarf gegenüber anderen Ländern. Unter den Maßnahmen, welche die Vereinbarkeit für Familien erleichtern, werden vor allem "ausreichend Kindergartenplätze und Kinderhorte" (74 Prozent) und "verstärkte Ganztagsbetreuung" (65 Prozent) genannt. Auch die Bedeutung betrieblicher Maßnahmen in Bereich Kinderbetreuung (61 Prozent) und flexible Arbeitszeiten (57 Prozent) wird hoch eingestuft.

Die Bevölkerung sieht ausdrücklich auch die Wirtschaft stärker in der Pflicht. Die Erwartungen richten sich vor allem auf flexiblere Arbeitszeiten, aber auch auf differenzierte Teilzeitangebote und Hilfen bei der Kinderbetreuung. "Nur eine verschwindende Minderheit der Bevölkerung hat den Eindruck, dass die Unternehmen sich bereits ausreichend für dieses Ziel engagieren. 79 Prozent der gesamten Bevölkerung vertreten die Auffassung, dass die Betriebe hier wesentlich mehr tun müssten", so Renate Köcher.

Von der Leyen: "Wir haben in Deutschland in diesen Bereichen Nachholbedarf. Um das Tempo zu erhöhen und die Trendsetter in der Wirtschaft zu unterstützen, planen wir das im Januar gestartete ESF-Programm für betriebliche Kinderbetreuung auszuweiten. Die wachsende Nachfrage größerer Betriebe und seitens der Hochschulen hat den Ausschlag dafür gegeben. Nun profitieren zusätzlich auch Studierende mit Kind und Beschäftigte größerer Unternehmen von den neuen Angeboten am Arbeitsplatz."

Eckdaten zum ESF-Programm für betriebliche Kinderbetreuung:

  • Ziel: Impulse für Kinderbetreuungsangebote der Unternehmen setzen
  • Laufzeit: Feb. 2008 - Ende 2011
  • Budget: 50 Mio. Euro ESF-Mittel + Kofinanzierung durch die Unternehmen.
  • Träger erhalten über 2 Jahre 50 Prozent der Betriebskosten bis max. 6000 Euro.
  • Dadurch sind 4200 neue Plätze in betrieblich unterstützter Kinderbetreuung möglich.

Neu gefördert werden ab sofort zusätzlich:

  • Universitäten, die Betreuungsplätze für die Kinder ihrer Studierenden schaffen
  • Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten (bisher Obergrenze 1000 Mitarbeiter)

"Handlungsbedarf besteht aber nicht nur dort, wo es heute noch ellenlange Wartelisten für Eltern gibt, die für ihr kleines Kind einen Platz in einer Kita oder bei einer Tagesmutter suchen. Aus Sicht der Eltern spielt auch die Qualität der Angebote eine entscheidende Rolle. Ich kann diesen Wunsch nur unterstreichen. Frühkindliche Bildung beginnt nicht erst in der Schule. Schon in der Kita wird die Grundlage gelegt für gerechte Bildungschancen im späteren Leben. Deswegen wird eine Qualifizierungsinitiative des Bundes die Ausbauanstrengungen in den Ländern und Kommunen begleiten. Noch in diesem Herbst fällt der Startschuss für das Aktionsprogramm Kindertagespflege, das nicht nur die Qualität hebt, sondern auch die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Tagesmütter und Tagesväter verbessern hilft", so Ursula von der Leyen

Eckdaten zum Aktionsprogramm Kindertagespflege:

  • Ziel: Mehr Personal in der Tagespflege, Qualität steigern, Berufsbild aufwerten
  • Bund unterstützt Länder und Kommunen bei Akquise, Qualifizierung und Vermittlung von Tagespflegepersonal
  • Gesamtvolumen: bis zu 65 Mio. Euro (29 Mio. Euro ESF + 6 Mio. Bund + Kofinanzierung)
  • Schlüsselrolle für Jugendämter und Arbeitsagenturen vor Ort
  • Struktur:
    1. 200 kommunale Leuchtturmprojekte (JA oder lok. Arbeitsagenturen)
    2. Online-Portal Tagespflege (Information, Vernetzung, Qualifizierung, Vermittlung)
    3. Große Breitenwirkung in der Fläche durch Partnerschaft mit der Bundesagentur für Arbeit
    o Qualifizierungskurse auf Basis des DJI-Curriculums Kindertagespflege (160 h)
    o Qualifizierungsmodule für die Weiterqualifizierung in enger Abstimmung mit den Ländern, Trägern und Fachinstitutionen

Die Wertschätzung in der Bevölkerung für wichtige finanzielle staatliche Leistungen für Familien ist hoch. Das Anfang 2007 neu eingeführte Elterngeld halten 74 Prozent der Befragten für eine gute Regelung, 87 Prozent sogar der jungen Eltern. Das Kindergeld hilft nach Ansicht von 85 Prozent der Befragten Familien mit Kindern am meisten von allen Familienleistungen. Stärkeren Unterstützungsbedarf sehen die Befragten vor allem bei Familien, deren Einkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht (78 Prozent), Alleinerziehenden (72 Prozent) und kinderreichen Familien (60 Prozent).

Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums hat das Institut für Demoskopie Allensbach im Juli 2008 eine repräsentative Befragung zum Familienleben und zur Familienpolitik durchgeführt. Bundesweit wurden insgesamt 1.786 Personen mündlich und persönlich befragt. Die Befragung ist als jährlich wiederholbarer "Monitor" angelegt, so dass künftig auch Entwicklungen sichtbar werden können.