"Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt" - Schwesig stellt Gesamtkonzept vor

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Schutz vor sexueller Gewalt. Betroffene sollen schnelle Hilfe und Unterstützung erhalten. Diese Rechte können in Zukunft besser verwirklicht werden, wenn wir unser Wissen teilen und unsere Kräfte bündeln.

Dazu hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig heute (Montag) ein Gesamtkonzept gegen sexuelle Gewalt von Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Das Gesamtkonzept baut auf den Forderungen des Runden Tisches auf: "Wir müssen aufhören, in Zuständigkeiten oder Professionen zu denken. Jeder und jede im eigenen Verantwortungsbereich, aber alle gemeinsam, müssen beim Schutz vor sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zusammen arbeiten. Deshalb ist ein Gesamtkonzept richtig und wichtig", so Manuela Schwesig. "Für mich als Kinderministerin gibt es keine wichtigere Aufgabe als den Schutz von Kindern und Jugendlichen."

Mit der Einsetzung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) hat die Bundesregierung Ende März bereits eine wichtige Weichenstellung für die nächsten fünf Jahre getroffen. In enger Zusammenarbeit und mit Unterstützung des Unabhängigen Beauftragten können nun die Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag weiter umgesetzt werden.

Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs: "Ich bin froh, dass die Große Koalition keinen Schlussstrich gezogen hat, sondern sich mit neuem Schwung für den besseren Schutz der Mädchen und Jungen vor sexueller Gewalt und bessere Hilfen und Beratungsangebote einsetzt. Nach vielen Enttäuschungen, seit Ende des Runden Tisches "Sexueller Kindesmissbrauch", können Betroffene jetzt endlich wieder Vertrauen schöpfen. Mit der noch in diesem Jahr stattfindenden Einrichtung eines Betroffenenrats bei meinem Amt, werden Betroffene jetzt an wichtigen Vorhaben unmittelbar beteiligt. Auch über die von Bundesministerin Schwesig angebotene Unterstützung beim zügigen Start der unabhängigen Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch, freue ich mich. Damit wird eine weitere zentrale Forderung der Betroffenen vorangebracht."

Wie soll das Gesamtkonzept aussehen?
Das Konzept stützt sich auf fünf Säulen und wird in den nächsten Wochen mit dem Unabhängigen Beauftragten, den Bundesressorts, Ländern, Verbänden und den Betroffenen beraten.

Strafrecht und Strafverfolgung: Die durch den Justizminister vorgeschlagenen Änderungen im Sexualstrafrecht sind ein wichtiger Schritt. Die Verjährungsfristen werden deutlich verlängert. Der Gesetzesentwurf schließt Strafbarkeitslücken, vor allem in digitalen Medien, und stellt klar, dass Kinder vor der Ausbeutung durch Nacktaufnahmen besser geschützt werden müssen. Damit werden auch die Ermittlungsmöglichkeiten gegen Darstellungen von Kindesmissbrauch verbessert.

Schutz und Begleitung im Strafverfahren: Der Referentenentwurf zur 3. Opferrechtsreform aus dem Bundesministerium der Justiz regelt einen Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung. Damit können die Belastungen von Mädchen und Jungen im Strafverfahren erheblich verringert werden. Darüber hinaus soll es eine engere Kooperation von Ermittlungsbehörden und Jugendämtern geben. Dies soll in einer Ergänzung des Kinderschutzgesetzes gesetzlich festgeschrieben werden.

Recht auf Schutz vor sexueller Gewalt: Gute Prävention und Intervention gelingt nur durch die Stärkung der Rechte von Kindern. Dazu soll es für Kinder einen uneingeschränkten Beratungsanspruch der Kinder- und Jugendhilfe geben, auch ohne Kenntnis der Eltern - als klares Signal zugunsten der Kinderrechte. Die Einführung von Schutzkonzepten in Schulen und anderen Einrichtungen und in der Behindertenhilfe soll weiter konsequent umgesetzt werden. Dazu wird das Bundesfamilienministerium zwei große Initiativen weiterführen und vertiefen; durch eine engere Verschränkung der Bundesinitiative "Trau Dich!" und der Kampagne des Unabhängigen Beauftragten "Kein Raum für Missbrauch" aber auch durch weitere Länderkooperationen.

Beratung, Hilfen und Therapien für Betroffene: Um die Beratungskompetenzen in der spezialisierten Fachberatung zukünftig besser zu nutzen, und damit die Beratungsstrukturen für Betroffene zu verbessern, wird es eine Koordinierungsstelle auf Bundesebene geben.
Daneben wird das Ergänzende Hilfesystem des Bundes gemeinsam mit den Ländern weiter ausgebaut - Betroffene werden dabei mit einbezogen. Unabhängig davon ist es wichtig, die Zugänge in das Regelsystem für Betroffene sexueller Gewalt zu verbessern. Zudem sind auch die Täter mehr in den Blick zu nehmen, damit es gar nicht erst zu sexueller Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen kommt.

Schutz in den digitalen Medien: Unter dem Dach des Zentrums für Kinderschutz im Internet (I-KiZ) soll ein Netzwerk einrichtet werden, um Grauzonen von Missbrauchsdarstellungen im Netz, wie etwa Posendarstellungen, mit denen Kinder sexuell ausgebeutet werden, national und international besser zu bekämpfen. Gemeinsam mit den Internet-Beschwerdestellen und Anbietern verabreden wir ein gemeinsames Vorgehen, damit unzulässige Inhalte auch in den Grauzonen schneller gelöscht werden können. Damit sich Kinder, Jugendliche und ihre Eltern besser der Risiken beim Umgang mit digitalen Medien bewusst sind, soll mit einer gesetzlichen Informationsverpflichtung sichergestellt werden, dass sie umfassend informiert und aufgeklärt werden.

Heute Abend wird Frau Bundesministerin Schwesig das Gesamtkonzept im Rahmen des ersten Jahresempfangs des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ausführlich vorstellen. In einer Unterschriftenaktion wollen Bundesministerin Schwesig und Missbrauchsbeauftragter Rörig gemeinsam ein Zeichen gegen sexuelle Gewalt an Mädchen und Jungen setzen.