Sammelband zur Zwangsverheiratung in Deutschland vorgestellt

Dr. Hermann Kues und Prof. Maria Böhmer im Saal der Bundespressekonferenz
Dr. Hermann Kues und Prof. Maria Böhmer stellten den Sammelband zur "Zwangsverheiratung in Deutschland" vor

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend, Dr. Hermann Kues, und die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Prof. Dr. Maria Böhmer, haben heute in Berlin den ersten wissenschaftlichen Sammelband zur "Zwangsverheiratung in Deutschland" präsentiert.

"Zwangsverheiratungen stellen eine schwere Menschenrechtsverletzung dar, die wir konsequent verhindern und bekämpfen müssen", erklärte Kues bei der Vorstellung des Sammelbandes. Es gelte, betroffene Frauen und Männer auf ihre Rechte aufmerksam zu machen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken, damit sie sich zur Wehr setzen können, so Kues weiter.

Den Sammelband zum Thema "Zwangsverheiratung in Deutschland" hat das Bundesfamilienministerium im Oktober 2006 in Auftrag gegeben, um die oft sehr kontrovers geführte Diskussion um Zwangsverheiratungen zu versachlichen. Der Band wurde vom Deutschen Institut für Menschenrechte konzeptionell erarbeitet und redaktionell betreut. Das Ministerium legt damit die erste Zusammenfassung des Expertenwissens aus Wissenschaft und Praxis zum Thema in Deutschland vor.

Der Sammelband empfiehlt u. a. folgende Handlungsansätze: 

  • "Empowerment" von Migrantinnen: Durch verbesserte Bildungs- und Berufschancen werden Migrantinnen gestärkt, um sich leichter gegen eine Zwangsverheiratung wehren zu können.
  • Präventions- und Unterstützungsangebote: Zuständig sind in erster Linie Länder und Kommunen.
  • Aufklärung: In den Migrantengemeinschaften muss in Zusammenarbeit mit den Selbstorganisationen deutlich gemacht werden, dass Zwangsverheiratungen nach dem Koran verboten sind.

Das Bundesfamilienministerium unterstützt den Kampf gegen Zwangsverheiratungen bereits mit folgenden Projekten:

  • Online-Beratung für Betroffene
    Weil es bislang an angemessenen Beratungs- und Unterstützungsangeboten für betroffene Migrantinnen und Migranten fehlt, fördert das Bundesfamilienministerium in einem Modellprojekt den Aufbau einer niedrigschwelligen und anonymen Online-Beratung, mit der die Betroffenen gut zu erreichen sind. Mit der Umsetzung hat das Ministerium die Kriseneinrichtung für junge Migrantinnen "Papatya" in Berlin beauftragt. Die Laufzeit des Projekts beträgt drei Jahre (Juni 2007 bis Mai 2010).
  • Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
    Unter Federführung des Bundesfamilienministeriums wird derzeit der 2. Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erarbeitet. Ein Schwerpunkt des Aktionsplans ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund. Der Aktionsplan wird voraussichtlich im Oktober vom Bundeskabinett beschlossen und dann vom Ministerium vorgestellt werden. 
  • Stärkung der Rolle von Migrantinnen
    Das Bundesfamilienministerium unterstützt verschiedene Modellprojekte zur Stärkung der Rolle von Migrantinnen: Im Projekt "Transkulturelles und interreligiöses Lernhaus der Frauen" finden sich in Köln, Berlin und Frankfurt/Main Frauen unterschiedlicher ethnischer sowie kultureller und religiöser Prägung zusammen. Die Teilnehmerinnen sollen später als Multiplikatorinnen und Kulturmittlerinnen tätig sein. Das Mentoringprojekt "Network.21" begleitet Oberstufenschülerinnen und Studierende mit Migrationshintergrund am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn, um die jungen Frauen durch die erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt zu stärken.
  • Überprüfung der Praxis
    Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesfamilienministeriums wird von Herbst 2007 an die Anwendung des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilferecht) in Fällen von Zwangsverheiratung untersuchen. Ziel ist es, Defizite in der Praxis zu benennen und Lösungsvorschläge zu machen.