Neues Gesetz soll Kinderschutz stärken

Ein Junge und ein Mädchen auf einer Wiese vor einem Zelt lachen in die Kamera.
Die Bundesregierung stärkt die Rechte und den Schutz von Kindern und Jugendlichen.

Die Bundesregierung setzt die Beschlüsse der beiden Kinderschutzgipfel konsequent um. Die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder hatten sich im Dezember 2007 und im Juni 2008 auf verschiedene Massnahmen zum Kinderschutz geeinigt. Ein Meilenstein ist der Entwurf eines Kinderschutzgesetzes, der am 21. Januar 2009 im Kabinett beschlossen wurde.

Schwerpunkte des geplanten Kinderschutzgesetzes

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung das Jugendamt künftig verbindlich in die Pflicht genommen wird, das Kind und in der Regel auch dessen persönliches Umfeld in Augenschein zu nehmen, um sich einen unmittelbaren Eindruck von Kind und Eltern zu verschaffen.

Damit der Datenschutz den Kinderschutz nicht behindert, soll für Berufsgeheimnisträger wie Ärzte und Ärztinnen bei der Abwägung zwischen Schweigepflicht und Kinderschutz eine bundeseinheitliche gesetzliche Befugnisnorm außerhalb des Strafrechts geschaffen werden. Auch die Befugnisse anderer Berufsgruppen, die Kinder und Jugendliche erziehen, betreuen oder ausbilden, Daten an das Jugendamt weiterzugeben, werden im Gesetzentwurf entsprechend geregelt.

Ferner soll im Kinder- und Jugendhilfegesetz geregelt werden, dass beim Wohnortwechsel dem neuen Jugendamt alle notwendigen Informationen übermittelt werden, die es zur Weitergewährung der Hilfe und zur Wahrnehmung seines Schutzauftrages benötigt.

Weitergabe wichtiger Informationen an das Jugendamt durch Berufsgeheimnisträger

Ist ein Kind gefährdet, so sind es meist Kinderärztinnen und Kinderärzte, die gewichtige Anhaltspunkte dafür wahrnehmen. Bislang befürchten Ärztinnen und Ärzte oft, sich wegen eines Bruchs ihrer Schweigepflicht strafbar zu machen, wenn sie dies dem Jugendamt melden. Daher stellt der Gesetzentwurf für Berufsgeheimnisträger, die im Rahmen ihrer Tätigkeit gewichtige Anhaltspunkte von Kindeswohlgefährdung wahrnehmen, mit Hilfe einer Befugnisnorm klar, wann und unter welchen Bedingungen sie Daten übermitteln dürfen. Entsprechende Regelungen gibt es im Gesetzentwurf auch für andere Berufsgruppen, die Kinder und Jugendliche erziehen, betreuen oder ausbilden.

Zwei Stufen der Kontaktaufnahme

Geplant ist ein zweistufiges Verfahren:

1.Auf der ersten Stufe soll das Gesetz zur Kontaktaufnahme mit den Eltern verpflichten. Der Arzt oder die Ärztin, der Berater oder die Beraterin, dem beziehungsweise der die Eltern vertrauen, kann und soll den Zugang zu Hilfeangeboten öffnen. Dies wollen wir für den Schutz der Kinder nutzen und die Vertrauenspersonen verpflichten, zunächst das Gespräch mit den Eltern zu suchen. Ausnahme: Würde durch die Kontaktaufnahme mit den Eltern der Schutz des Kindes in Frage gestellt, so geht der Schutz des Kindes selbstverständlich vor und auf die Kontaktaufnahme muss verzichtet werden. Soweit Berufsgeheimnisträger externe Fachberatung in Anspruch nehmen wollen, um ihren Verdacht auf eine Gefährdung des Kindeswohls zu klären, schafft der Gesetzentwurf dafür die rechtliche Grundlage.

2.Zweite Stufe: Können oder wollen die Eltern erforderliche Hilfen nicht annehmen oder erfordert die Situation ein unmittelbares Tätigwerden, so dürften zum Beispiel Arzt oder Ärztin beziehungsweise Lehrerin oder Lehrer das Jugendamt ohne Zustimmung der Eltern informieren. Darüber würden die Eltern - zumindest nachträglich - informiert.

Anschauen des Kindes als verbindlicher Standard und Hausbesuch als Regelfall

Die Mitteilung an das Jugendamt alleine garantiert aber noch keinen wirksamen Kinderschutz. Tragische Fälle von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung zeigten in der Vergangenheit, dass es besonders bei der Einschätzung der Gefährdung von kleinen Kindern Defizite gab: Die Mitarbeiter des Jugendamtes suchten das Kind nicht persönlich auf, sondern verließen sich auf Einschätzungen Dritter. Aus diesem Grund ist geplant, den Hausbesuch als verbindlichen Standard gesetzlich festzuschreiben. Ausnahmen wird es nach dem Gesetzentwurf nur noch geben, wenn der Hausbesuch den Schutz des Kindes in Frage stellt.

Kein "Jugendamts-Hopping"

Schließlich hat sich bei der Auswertung von Kinderschutzfällen gezeigt, dass dem Jugendamt wesentliche Informationen verloren gehen, wenn Eltern umziehen. Wollen sich Eltern bewusst dem Kontakt mit dem Jugendamt entziehen, können sie dies bislang allzu leicht im Wege des „Jugendamts-Hopping“. Deshalb regelt der Gesetzentwurf verbindlich, wann welche Daten auf welche Weise beim Wohnortwechsel einer Familie dem neuen Jugendamt übermittelt werden. Die qualifizierte Gefährdungseinschätzung für ein Kind oder einen Jugendlichen würde demnach künftig nicht mehr daran scheitern, dass die erforderlichen Informationen auf dem Weg von einem ins andere Jugendamt verloren gehen.

Erweitertes Führungszeugnis

Für kinder- und jugendnah Beschäftigte ist geplant, ein mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz "erweitertes Führungszeugnis" einzuführen, das Auskunft über einschlägige strafrechtliche Verurteilungen gibt. Zeitgleich mit der Verabschiedung des Kinderschutzgesetzes soll das Bundeszentralregistergesetz unter Federführung des Bundesjustizministeriums entsprechend geändert werden.