Neues Forschungsprojekt Gewaltfreies Miteinander in Pflegeeinrichtungen fördern

Eine Brille mit zerbrochenem Glas
Gewalt kommt auch unter Pflegebedürftigen in Pflegeeinrichtungen vor © iStock/SharonDay

Am 15. Juni wird der "Welttag gegen Diskriminierung und Misshandlung älterer Menschen" begangen. Beim Thema Gewalt in der Pflege liegt der Fokus fast immer auf dem Schutz von Pflegebedürftigen in informellen oder professionellen Pflegesituationen. Aggressives Verhalten zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen ist bisher kaum wahrgenommen worden. 

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) und das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) dieses Phänomen nun untersucht. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass aggressives Verhalten eher alltäglich ist. Das Gesamtbild scheint vor allem von verbaler Aggression geprägt zu sein sowie von zwischenmenschlichen Konflikten, die sich hochschaukeln. Außenbedingungen wie Lärm, ungewohnte Veränderungen der täglichen Routine oder im baulichen Umfeld können aggressive Verhaltensweisen auslösen oder verstärken.

Auslöser von Gewalt

Zu den häufigsten Auslösern zählt jedoch "herausforderndes Verhalten", das oftmals in Zusammenhang mit demenziellen Erkrankungen auftritt. Darunter werden Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel Unruhe, Lustlosigkeit, Depression, Aggression oder Gereiztheit verstanden. Da etwa 70 Prozent der stationär zu Pflegenden an kognitiven Einschränkungen leiden, ist eine Verknüpfung von aggressivem Verhalten und der Bewohnergruppe von Menschen mit Demenz naheliegend. Allerdings betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrem Bericht, dass sich das Phänomen nicht auf die Gruppe von Menschen mit Demenz in Pflegeeinrichtungen beschränken lässt. Denn diese sind ebenso Opfer von aggressivem Verhalten durch Menschen ohne Demenzerkrankung.

Schulungsmaterial für professionell Pflegende

Im Rahmen des Projektes wurden vom ZQP ein Schulungskonzept und Schulungsmaterialien für Beschäftigte in der hauptamtlichen Pflege entwickelt. Die Inhalte dienen dem Wissenserwerb und der Kompetenzvermittlung. Das gut recherchierte und aufgearbeitete Schulungsmaterial soll ein gewaltfreies Miteinander in der stationären Altenhilfe fördern. Ziel der Schulung ist es, Bewusstsein zu schaffen und Gewalt vorzubeugen. Denn Gewalt zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeeinrichtungen kommt häufiger vor als gedacht. Doch oftmals wird sie nicht bemerkt oder beachtet. 

Besonderen Herausforderungen der Corona-Pandemie begegnen

Besonders während der Corona-Pandemie müssen stationäre Pflegeeinrichtungen den zahlreichen Herausforderungen begegnen, die Gewalt in der Pflege im Allgemeinen und im Besonderen zwischen Bewohnerinnen und Bewohnern verstärken können. Veränderungen in der Tagesstruktur, andere Regeln im Zusammensein und das Fehlen gewohnter sozialer Interaktionen bergen die Gefahr, dass "herausfordernde Verhaltensweisen" zunehmen und somit Auslöser von aggressivem Verhalten sein können. Vorbeugende Maßnahmen, um gewaltfreies Verhalten unter Bewohnerinnen und Bewohnern in Einrichtungen der stationären Altenhilfe zu fördern, sind aktuell umso dringlicher.

Unabhängig davon sind generell spezielle Kenntnisse beim Umgang mit Menschen mit Demenz in Pflegeeinrichtungen und bei der Betreuung im häuslichen Umfeld erforderlich, damit "herausforderndes Verhalten" vermieden wird. Ein erhöhter Personalschlüssel wirkt sich positiv auf alle Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Einrichtungen aus.