Fachtagung zur Gleichstellungspolitik Erwerbs- und Sorgearbeit gleichberechtigt verteilen

Juliane Seifert am Redepult im Bundesgleichstellungsministerium vor einer blauen Wand
Juliane Seifert bei ihrem Grußwort zur Fachveranstaltung zum Thema gleichberechtigte Verteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit© BMFSFJ

Frauen verbringen mehr Zeit damit, die Kinder zu betreuen, Angehörige zu pflegen und sich um Hausarbeiten zu kümmern als Männer - oft zulasten ihrer Erwerbsbeteiligung und Einkommenschancen. Diese ungleiche Verteilung wird auch als Gender Care Gap bezeichnet. Denn für Frauen bringt der zeitliche Aufwand für diese Tätigkeiten - die zusammengefasst als unbezahlte Sorgearbeit bezeichnet werden - wirtschaftliche Nachteile. Sie arbeiten zum Beispiel häufiger in Teilzeit, haben dadurch niedrigere Einkommen und stehen dann auch bei der Rente oft schlechter da als Männer.

Damit die unbezahlte Sorgearbeit künftig gleichberechtigt verteilt wird, hat der Rat der Europäischen Union (EU) am 1. Dezember 2020 die Schlussfolgerungen "Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Verdienstgefälles: Bewertung und Aufteilung von bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Betreuungs-, Pflege- und Hausarbeit" beschlossen. Wie diese in Deutschland umgesetzt werden können, war jetzt Thema einer digitalen Fachveranstaltung: Am 28. Januar nahmen etwa 100 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden daran teil. Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesgleichstellungsministerium, richtete ein Grußwort an sie.

Juliane Seifert:

"Von unseren Ratsschlussfolgerungen geht ein deutliches und wichtiges Signal für die Stärkung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben in Europa aus. Ich bin froh, dass uns das gelungen ist, denn damit zeigen wir: Die gerechte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen haben und auch wirtschaftlich unabhängig sein können."

Gleiches Entgelt für gleiche und gleichwertige Arbeit

Die Ratsschlussfolgerungen enthalten Empfehlungen, wie in den EU-Mitgliedstaaten eine gleichberechtigte und partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern umgesetzt werden kann. Das Ziel ist, die Lohnlücke (Gender Pay Gap) zwischen Frauen und Männern zu schließen und mehr Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern zu erreichen. Dafür empfehlen die Ratsschlussfolgerungen zwei Lösungswege:

  1. Die Schaffung von Rahmenbedingungen, die eine gleichberechtigte Aufteilung von bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern fördern und
  2. die Schaffung einer externen Infrastruktur für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen und Haushaltsarbeiten, die eine Auslagerung der unbezahlten Sorgearbeit ermöglichen.

Die Empfehlungen müssen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

Auf der Fachveranstaltung standen zwei Ansätze im Mittelpunkt: Zum einen ging es darum, die Chancen und Risiken mobilen Arbeitens für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben aufzuzeigen. Zum anderen wurde diskutiert, wie haushaltsnahe Dienstleistungen, zum Beispiel Haushaltsarbeiten, so gestaltet werden können, dass sie Familien entlasten und zugleich gute Arbeitsbedingungen für die Anbietenden bieten.

Verteilung der unbezahlten Betreuungs- und Pflegearbeit in Europa

In einer Studie im Auftrag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft stellte das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) fest:

  • Fast alle Frauen in der EU (92 Prozent) betreuen regelmäßig und 81 Prozent täglich Angehörige. Dagegen leisten nur 68 Prozent der Männer unbezahlte Betreuungs- und Pflegearbeit an mehr als einem Tag in der Woche, und nur 48 Prozent tun dies täglich.
  • Erwerbstätige Frauen in der EU verbringen durchschnittlich 3,9 Stunden pro Tag mit der Betreuung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen und mit Hausarbeit; erwerbstätige Männer durchschnittlich nur 2,6 Stunden pro Tag.
  • Der Unterschied zwischen erwerbstätigen Frauen und Männern, die als Paar mit Kindern leben, ist noch größer: 5,3 Stunden bei Frauen und 2,4 Stunden bei Männern.